Meinung

Kommentar zum Mate S: Warum Huaweis neues Flaggschiff enttäuscht

Das Mate S ist das neue Flaggschiff von Huawei. Es wirbt mit Funktionen, die wir bereits kennen und ist erschreckend teuer. Force Touch, Knuckle Sense und ein Finger­abdruck­scanner mit weiteren Funktionen sind die Highlights. Ein Kommentar zum neuen Huawei-Smartphone.
Von der IFA in Berlin berichtet Rita Deutschbein

Das neue Huawei Mate S Das neue Huawei Mate S
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Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Gestern hat Huawei mit dem Mate S sein neues Flaggschiff in Berlin vorgestellt. Seit dem Ascend P1 bin ich zufriedener Nutzer eines Huawei-Smartphones und beobachte die Neuerungen des Unternehmens daher mit besonderem Interesse. Doch in diesem Jahr hat mich Huawei das erste Mal etwas enttäuscht. Das Mate S ist ohne Frage ein schönes Smartphone, doch wird es mich nicht dazu bringen, mein Ascend Mate 7 aus dem Vorjahr dagegen einzutauschen. Im Folgenden erkläre ich warum.

Mate S: Oh, ist das schön

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Kommen wir zunächst zu den Punkten, in denen das Mate S vollends überzeugen konnte: die Optik. Huawei hat das Design des Ascend Mate 7 aufgegriffen und setzt wieder auf ein Unibody-Gehäuse aus Metall. Dabei gibt es aber auch kleine Anpassungen beispielsweise was die Lautsprecher betrifft. Statt einem auf der Rückseite angebrachtem Lautsprecher besitzt das Mate S zwei Stereo-Lautsprecher, die rechts und links neben dem microUSB-Anschluss auf der unteren Gehäusekante angebracht sind. Ich selbst finde das Design wirklich gelungen und habe mich ein wenig in die Optik des Mate S verliebt - Daumen hoch. Lautsprecher wurden beim Mate S auf die untere Kante verlagert Lautsprecher wurden beim Mate S auf die untere Kante verlagert
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Der wohl wichtigste Unterschied ist aber die Größe des Gerätes. Die neue Mate-Generation wurde von 6 Zoll auf 5,5 Zoll verkleinert und fällt dadurch weitaus kompakter aus. Mich selbst hat die Größe des Ascend Mate 7 nie gestört, da ich das Smartphone sowieso in meiner Handtasche verstaue. Im Gegenteil: Über das vergangene Jahr habe ich das große Display sehr zu schätzen gelernt, da es viel Platz zum Arbeiten und Ansehen von Videos bietet. Doch muss ich zugeben, dass das kleinere Gehäuse besser in der Hand liegt als der Vorgänger.

Beide Mates bieten ein Full-HD-Display und somit eine Auflösung, die für meine Bedürfnisse vollkommen ausreichend ist. Da das Mate S aber kleiner ist, wirkt die Darstellung des Screens des Mate S im direkten Vergleich einen Tick schärfer.

Force Touch nur beim Premium-Modell des Mate S

Huawei Mate S

Das Design ist ein wichtiger Punkt, aber eben nicht alles bei einem Smartphone. Als Neuerungen wirbt Huawei beim Mate S mit einem verbesserten Fingerabdruckscanner und einem druckempfindlichen Display - der sogenannten Force-Touch-Technologie. Doch gerade diese Highlights sind es, die meinen Eindruck vom neuen Flaggschiff ein wenig versauern. Der Grund ist folgender: Die Force-Touch-Technik wird es in den "normalen" Modellen des Mate S nicht geben.

Huawei bringt hierzulande ein Modell mit 32 GB Speicher und eine Variante mit 64 GB auf den Markt. Bei beiden wurde auf Force Touch verzichtet. Lediglich eine eher nebenbei erwähnte 128-GB-Version soll das druckempfindliche Display besitzen. Wann, wo und zu welchem Preis dies aber erhältlich sein wird, wird nicht gesagt. Warum also mit einer Neuerung werben, die uns zunächst versagt bleibt? Zumal die Markteinführung der beiden Standard-Modelle bereits in diesem Monat bevorsteht. Haben Kunden also Interesse an dem Mate S, werden sie es kaufen, sobald es verfügbar ist und nicht auf eine möglicherweise in Deutschland erhältliche Version warten, über die genauere Angaben bislang fehlen. Im Vergleich: Huawei Ascend Mate 7 und Huawei Mate S Im Vergleich: Huawei Ascend Mate 7 und Huawei Mate S
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Klopfen statt Touchen

Das Display des Mate S soll mit dem Fingerknöchel gemalte Befehle erkennen und entsprechende Funktionen starten - zum Teil gab es diese Funktion bereits beim Huawei P8 aus dem Frühjahr. Welcher Buchstabe welche Anwendung öffnet, kann in den Einstellungen festgelegt werden. Voreingestellt sind beispielsweise das c für die Kamera, m für den Musikplayer und das e für den Browser. Eine gute Idee, die Huawei allerdings unpraktikabel umgesetzt hat. Denn lässt sich ein Screen nach oben und unten bzw. nach links und rechts scrollen, bewegt der Fingerknöchel oftmals den Screen, das Display erkennt aber nicht, dass der Nutzer eigentlich schreiben möchte. Zudem muss der Fingerknöchel in einer bestimmten Position gehalten werden, damit das Display überhaupt das Schreiben der Buchstaben erkennt. Es dauerte eine Weile, bis ich den Dreh raus hatte und auch dann reagierte der Touchscreen nicht immer wie er sollte.

Weitaus besser funktioniert das Klopfen auf das Display. Zweimal angeklopft wird automatisch ein Screenshot der gerade geöffneten Seite aufgenommen. Auch kann durch das Klopfen ein Videomitschnitt während des Abspielens von Filmen gestartet und beendet werden. Schön ist auch, dass die Helligkeit des Screens sehr weit nach oben geregelt werden kann.

Das steckt drin im Mate S

Was die Technik angeht, so braucht sich da Mate S nicht verstecken. Ein Kirin 935 mit vier 1,5-GHz-Kernen und vier 2,2-GHz-Kernen treibt das Smartphone an. Zudem gibt es 3 GB Arbeitsspeicher. Genau diese Kombi sorgt für eine auf den ersten Eindruck flotte Leistung und kommt auch im Honor 7 zum Einsatz, das in der vergangenen Woche in London seinen Europa-Start gefeiert hat. Auch LTE haben die Geräte gemein, wobei das Mate S mit maximal 150 MBit/s aber langsamer unterwegs ist als der Vorgänger und das Honor-Modell.

Doch bietet das Huawei Mate S lediglich WLAN b/g/n - der ac-Standard fehlt. Warum? Gerade bei einem gerade vorstellten Flaggschiff kann ich diese Tatsache nicht nachvollziehen. Auch die Hauptkamera hat Huawei zumindest technisch kaum verbessert: Es gibt immer noch 13 Megapixel und einen Dual-LED-Blitz. Immerhin werden nun aber weitere Modi angeboten, die das Fotografieren noch einfacher machen sollen. Auch löst die Frontkamera nun immerhin bis zu 8 Megapixel aus.

Doch nun zum Part, der mir die Suppe am meisten versalzt: der Akku. Gerade einmal 2700 mAh Kapazität bringt die fest integrierte Batterie des Mate S mit. Honor verspricht zwar Stromspar­eigenschaften, die die Laufzeit verlängern sollen, doch im Vergleich mit dem Akku des Ascend Mate 7 wirkt die Batterieleistung des Mate S auf dem Datenblatt geradezu winzig. Immerhin bietet das Mate 7 satte 4100 mAh. Warum hat Huawei hier also so abgespeckt? Klar das Display ist kleiner, doch wäre ein größere Akku doch sicherlich kein Problem gewesen, oder? Schließlich hat Honor dies beim aktuellen Modell auch hinbekommen.

Huawei Ascend Mate 7 Honor 7 Huawei Mate S
Bildschirmdiagonale 6,00 Zoll 5,20 Zoll 5,50 Zoll
Display-Auflösung 1080 x 1920 Pixel 1080 x 1920 Pixel 1080 x 1920 Pixel
Prozessor-Typ HiSilicon Kirin 925 A15 Kirin 935 Cortex A53e Kirin 935
Prozessorkerne (gesamt) 8 8 8
Prozessor-Takt 1,80 GHz 2,20 GHz 2,20 GHz
Arbeitsspeicher (RAM) 2,0 GB 3,0 GB 3,0 GB
Gesamte Speichergröße 16,00 GB 16,00 GB 32,00 GB
Mobilfunk LTE, HSPA+, EDGE, GSM LTE, HSPA+, EDGE, GSM LTE, HSPA+, HSUPA, HSDPA, EDGE, GPRS, GSM
Mobilfunk max. Downstream (LTE) 300,00 MBit/s 300,00 MBit/s 150,00 MBit/s
WLAN-Standard Wi-Fi 4 (802.11 a/b/g/n) Wi-Fi 5 (802.11 a/b/g/n/ac) 802.11 b/g/n
Milliamperestunden 4100 mAh 3100 mAh 2700 mAh
Akku-Wechsel möglich nein nein nein
NFC ja nein ja
Megapixel 13,0 Megapixel 20,0 Megapixel 13,0 Megapixel
Länge 157,0 mm 143,2 mm 149,8 mm
Breite 81,0 mm 71,9 mm 75,3 mm
Dicke 7,9 mm 8,5 mm 7,2 mm
Gewicht 185,0 g 157,0 g 156,0 g
BS-Version bei Verkaufsstart 4.4 (Kitkat) 5.0 (Lollipop) 5.1 (Lollipop)
Dual-SIM nein ja nein
Auch erhältlich als: Honor 7 Premium
Huawei Mate S (64 GB)
Huawei Mate S (128 GB)
Stand: 18.04.2024

Fingerabdruckscanner mit neuen Funktionen

Kommen wir zum Fingerabdruckscanner des Mate S, der ohne Frage einige interessante Features bietet. Wie beim Vorgänger Ascend Mate 7 ließt er eingescannte Fingerabdrücke im 360-Grad-Winkel. Es ist also kein Problem, wenn der Finger schräg auf dem Sensor liegt - gelesen werden kann der Abdruck dennoch.

Allerdings kann der Fingerabdruckscanner nun mehr als nur das Smartphone entsperren. Mit ihm lässt sich beispielsweise durch die Bildergalerie scrollen, es können Anrufe angenommen und der Alarm - beispielsweise vom Wecker - gestoppt werden. Auch lässt sich durch Auflegen des Fingers auf dem Sensorfeld ein Video oder Foto aufnehmen. Wischt der Nutzer den Finger von oben nach unten über den Scanner, öffnet sich hingegen die Benachrichtigungsleiste. Eines der Highlights: Der Fingerabdruckscanner mit weiteren Funktionen Eines der Highlights: Der Fingerabdruckscanner mit weiteren Funktionen
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Kommen diese Funktionen bekannt vor? Einigen vielleicht schon, denn auch das Honor 7 besitzt die Fingerprint-2.0-Technologie, die Huawei nun anpreist. Honor ist eine von Huawei abgekoppelte Marke, daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die Smartphones beider Unternehmen ähneln. Doch während das Honor 7 zum Preis von 349 Euro - aktionsweise zum Start sogar für 299 Euro - angeboten wird, verlangt Huawei für das Mate S Preise ab 649 Euro.

Tja, der Preis. Was ist los mit dir Huawei? Normalerweise sind die Geräte doch als günstigere Alternative zu anderen Flaggschiffen bekannt. Doch mit einem Preis von 649 Euro für die 32-GB-Version und 699 Euro für die Variante mit 64 GB ist das Mate S alles andere als günstig. Meiner Meinung nach verspielt Huawei mit dieser neuen Preispolitik einen echten Vorteil gegenüber Herstellern wie Apple und Samsung. Gerade im Vergleich des Honor 7 und des Huawei Mate S stellt sich die Frage, warum soll ich 649 Euro für ein Smartphone ausgeben, das ich in ähnlicher Version bereits für 349 Euro bekomme? Zumal das Honor-Modell auch in Europa mit der Dual-SIM-Funktion punkten kann, die Huawei deutschen Nutzern leider immer noch verwehrt. Dual-Slot für SIM- und microSD-Karte, aber kein Dual-SIM Dual-Slot für SIM- und microSD-Karte, aber kein Dual-SIM
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Am Ende ist dies jedoch nur ein erster Eindruck vom neuen Flaggschiff Huawei Mate S. Erst ein genauer Test wird zeigen, wie sich das Smartphone im Alltag schlägt und ob es vielleicht versteckte Funktionen bietet, die meine Meinung noch ändern. Erst dann können wir auch genaue Angaben zur Akkulaufzeit, Leistung und Bildqualität der Kamera machen. Bis dahin finden Sie im Test des Ascend Mate 7 nähere Infos zum Vorgänger-Modell und bekommen im Hands-On des Honor 7 einen ersten Eindruck von einem alternativen Gerät mit nahezu gleicher Ausstattung wie das Mate S.

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