geschlossene Gesellschaft

Nur für Erwachsene: Twitter und Co. werden überschätzt

Microblogs haben winzigen Nutzerkreis - 15jähriger Praktikant schockt Analysten
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

Zwar sind sie vielen Internetnutzern bekannt - doch nur wenige nutzen Mikroblogs wie Twitter oder Jaiku: Lediglich 5,5 Prozent der Onliner schreiben mindestens einmal pro Monat eine Kurznachricht für ihren Mikroblog. Das geht aus einer Studie des Marktforschungsunternehmens Fittkau & Maaß in Hamburg hervor.

Demnach finden Wikis und Social-Network-Seiten wie Facebook deutlich mehr Beachtung als Twitter & Co.: Sie werden von 66,8 beziehungsweise von 41,9 Prozent mindestens einmal pro Monat genutzt. Auch Video-Communitys wie Youtube oder herkömmliche Blogs werden häufiger besucht (26,2 und 24,3 Prozent).

Die Marktforscher wollten auch wissen, wer Microblogs nutzt. Dabei zeigte sich, dass unter den berufstätigen Microbloggern überproportional viele in den Branchen EDV, Medien und Multimedia/Internet tätig sind. Zudem sind fast zwei Drittel der Microblogger jünger als 40 Jahre.

"Teenager nutzen Twitter nicht"

Interessant in diesem Zusammenhang ist die heutige Nachricht, dass der Analystenbericht eines 15-jährigen Morgan-Stanley-Praktikanten hohe Wellen schlägt: Wie die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) heute berichtet, hat die US-Bank den Londoner Schüler Matthew Robson die Mediengewohnheiten seiner Freunde beschreiben lassen. Die Ergebnisse sind für die Geschäftswelt ebenso brisant wie frustrierend: Während die erwachsenen Experten Microblogging-Dienste wie Twitter noch bestaunten, legte der 15-Jährige dar, dass die Konsumenten von morgen zwar immer mehr Medien nutzen, aber keineswegs bereit sind, dafür zu bezahlen. Das gilt auch für eigentlich kostenfreie Dienste, die mit dem Handy genutzt werden können - vielen Teenagern sind SMS oder der mobile Internetzugang schlicht zu teuer. "Teenager nutzen Twitter nicht", lautet das Fazit. Außerdem hätten die jungen Leute "erkannt, dass sich niemand ihr Profil ansieht, also sind die Tweets zwecklos".

Nach Ansicht von Edward Hill-Wood, dem Leiter des Europateams der Medienanalysten von Morgan Stanley, seien das "einige der klarsten und aufrüttelndsten Erkenntnisse, die wir je gesehen haben. Also haben wir sie veröffentlicht." Die Resonanz auf diesen Bericht sei enorm. "Den ganzen Tag über haben sich Fondsmanager und Konzernchefs bei uns gemeldet", sagt Hill-Wood. Das Echo auf Robsons Bericht sei fünf- bis sechsmal so hoch gewesen wie auf einen normalen Analystenbericht.

Weitere Ergebnisse sind, dass Jugendliche sich nicht mehr nach dem normalen Fernsehprogramm richten wollten und sich nicht damit abgeben würden, Radio zu hören. Musik gebe es auch ohne Werbung auf Webseiten wie Last.fm, schreibt Robson. Auch im Internet finden Teenager Werbung "extrem nervend und sinnlos". Ihr Geld würden sie lieber für Kinobesuche, Konzerte und Spielkonsolen ausgeben, die auch wegen ihrer Chatfunktion beliebt sind. Für die angeschlagenen Printmedien hält der Bericht ebenfalls wenig Tröstliches bereit. Robson kenne keinen Teenager, der regelmäßig Zeitung liest. Die meisten "machen sich einfach nicht die Mühe, seitenweise Texte zu lesen", wenn es im Internet Zusammenfassungen dafür gebe.

Weitere Artikel zu "Micro-Blogging"