Themenspecial Telefon und Internet im Festnetz Vectoring

Faktencheck & Co: Streit um VDSL zwischen Telekom und Wettbewerbern

Die Telekom und die Wettbewerbsverbände fechten harte Kämpfe um den VDSL-Vectoring-Regulierungsantrag aus. Nun legt die Telekom mit einem "Faktencheck" nach und wirft den Mitbewerbern einen zu langsamen Vectoring-Ausbau vor. Wir haben einige Positionen zusammengefasst und hinterfragt.
Von Thorsten Neuhetzki

Telekom kontert Wettbewerbern Telekom kontert Wettbewerbern
Foto: dpa
Die Deutsche Telekom sieht sich beim gestellten VDSL-Vectoring-Antrag im Recht. Die fordert eine Änderung in der Regulierung von der Bundesnetzagentur, wonach sie die Nahbereiche der Vermittlungsstellen exklusiv mit VDSL Vectoring erschließen darf. Das Nachsehen hätten die Wettbewerber, die in diesem Bereich selbst kein VDSL-Netz mehr aufbauen können und eine Vorleistung bei der Telekom einkaufen müssen. Jetzt hat sich die Telekom in ihrem Blog [Link entfernt] mit einem Faktencheck zu Wort gemeldet.

"Wie erwartet haben die Verbände der Wettbewerber auf unseren Antrag scharf reagiert", heßt es in dem Statement. Es sei von Remonopolisierung die Rede und davon, "dass wir beim Breitbandausbau Rosinen picken würden". Diesen Vorwurf macht die Telekom umgekehrt auch ihren Wettbewerbern im 107 Seiten umfassenden Regulierungsantrag wörtlich. Doch sie untermauert die Vorwürfe in ihrem Faktencheck auch. Und zwar mit bereits ausgebauten Kabelverzweigern. Demnach habe die Telekom seit dem Start der Vectoringliste im Juli 2014 20 000 Kabelverzweiger mit Vectoring erschlossen. Die Wettbewerber laut Telekom aber "lediglich 800". Das Fazit der Bonner: "Wir bauen also viel mehr aus, als es unserem Marktanteil entspricht."

Verschiedene Sichtweisen zu VDSL binnen kurzer Zeit

Telekom kontert Wettbewerbern Telekom kontert Wettbewerbern
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Im Faktencheck wiederholt die Telekom auch, dass sie mit dem Regulierungsantrag 5,9 Millionen Anschlüsse Vectoring-fähig machen wolle. Wörtlich heißt es: "Die Telekom würde dafür sorgen, dass sämtliche 5,9 Millionen Haushalte in diesen Bereichen superschnelle Internetanschlüsse bekommen. Die Menschen dort sind bisher davon ausgenommen. Grund ist, dass die Wettbewerber in diesen Bereichen bisher 135 000 VDSL-Anschlüsse betreiben und es zu Störungen beim Einsatz von Vectoring kommen könnte. Deshalb dürfen wir die neue Technik bisher nicht in den Nahbereichen einsetzen. Es kann aber nicht sein, dass rund 135 000 Anschlüsse der Wettbewerber die Versorgung von 5,9 Millionen Haushalten verhindern."

Auffällig: Im Mai vergangenen Jahres hatte ein Telekom-Manager in einem Hintergrundgespräch mit teltarif.de zum Thema Vectoring im Nahbereich noch ganz anders argumentiert. Damals schrieben wir in einem Artikel: "Dort, wo die Telekom ihre Kunden über einen sogenannten Indoor-DSLAM versorgt, ist derzeit keine Umrüstung [auf Vectoring] möglich. Diese Versorgung erfolgt dann, wenn der Kunde in der Nähe einer Vermittlungsstelle bzw. des Hauptverteilers wohnt. Hier, so wurde uns in einem Hintergrundgespräch erläutert, sei das Problem, dass es deutlich mehr Kupferdoppeladern gebe als bei einem Outdoor-DSLAM und die Vectoring-Methode, die Störsignale auf den Leitungen herausrechnet und so den Datendurchsatz erhöht, an ihre Grenzen stoße."

Binnen zehn Monaten argumentiert die Telekom gegenüber der Öffentlichkeit also streng genommen mit zwei verschiedenen Sichtweisen. Allerdings: Die im Hintergrund-Gespräch genannten Argumente scheinen weiter zu gelten. Denn die Telekom muss laut Regulierungsantrag, um Vectoring am Hvt realisieren zu können, einen "gesonderten Vectoring-MSAN am Hvt" einrichten. "Das macht in jedem Fall ein aufwändiges Umrangieren der einzelnen Kabel am Hvt erforderlich". Hinzu kommen die generellen Probleme bei Vectoring, dass sich VDSL-Signale unterschiedlicher Netzbetreiber sich stören würden und es hier jeweils Ausbau-Monopole geben muss, wie es beim Outdoor-DSLAM heute schon der Fall ist. Dass die Alternativ-Anbieter aus der Historie heraus Verhinderer des Breitband-Ausbaus im Hvt-Nahbereich sind, ist indes nicht richtig, da die Telekom selbst beim ersten Vectoring-Antrag den Hvt-Nahbereich ausgeklammert hat.

Wettbewerbsverbände fordern: Telekom darf bauen - aber nicht als einziger

Ein weiterer Streitpunkt der geplanten Telekom-Ausbaumaßnahme ist die Bedeutung für den Breitbandausbau in Deutschland. Wie die Telekom sagte, würden drei Millionen der 5,9 Millionen Haushalte in ländlichen Regionen und Kleinstädten liegen. Um diese wirtschaftlich erschließen zu können, brauche die Telekom einen Ausgleich zwischen wirtschaftlich erschließbaren Nahbereichen und solchen, in denen nur "sehr wenige Haushalte zu hohen Investitionen" angeschlossen werden können. Die Telekom wiederholte die schon gegenüber teltarif.de getätigte Aussage, derzeit könne nur ein einstelliger Prozentsatz der Haushalte im Nahbereich mit VDSL 50 vom Hvt aus versorgt werden. Zudem gäbe es auch für viele Haushalte (ein Drittel) nicht die Möglichkeit, über Kabel zu surfen. Dennoch argumentiert die Telekom in ihrer Stellungnahme nur wenige Zeilen später, sie sorge mit dem Vectoring-Ausbau für mehr Wettbewerb, weil die Kunden die Wahl zwischen Kabelnetzbetreibern und diversen anderen Anbietern (die die Vorleistung per Bitstream bei der Telekom einkaufen müssten).

Dass die Wettbewerber sich von den Plänen der Telekom wenig begeistert geben, hatten wir bereits mehrfach berichtet. Gegenüber Golem sagte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner, man habe genau so wie die Telekom ein Interesse daran, die 5,9 Millionen potenziellen Kunden zu versorgen. Man wolle auch nicht, dass die Telekom Vectoring nicht ausbauen darf. Aber man wolle, das auch die VATM-Mitgliedsunternehmen ausbauen dürfen. Das sieht auch der Breko so, dessen Sprecher Marc Kessler uns mitteilte, die Wettbewerber der Telekom seien jetzt schon in den Hvt-Nahbereichen von mindestens 73 Prozent dieser Nahbereichs-KVz mit VDSL-Anschlüssen am Hvt vertreten - "und haben natürlich auch ein hohes Interesse daran, diese Kabelverzweiger mit Vectoring zu erschließen". Laut Telekom stimmt das nicht. "In direkten Gesprächen sagen uns die Wettbewerber, dass sie nichts dagegen haben, dass wir den Infrastrukturausbau übernehmen."

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