Nachgehakt

Neue WhatsApp-Richtlinien ungültig? Das meint der Anwalt

WhatsApp möchte zukünftig Telefonnummern auch von gespeicherten Kontakten an Facebook weitergeben. Aber: Ist das überhaupt legal?
Von Johannes Kneussel

WhatsApp und Facebook: die Achste des Bösen? WhatsApp und Facebook: die Achse des Bösen?
Bild: Facebook
WhatsApp hat vor Kurzem neue Nutzungsbedingungen eingeführt, die vielen Nutzern sauer aufgestoßen sind. Denn obwohl Facebook beim Kauf des Messengers vor einigen Jahren betonte, die Dienste weiterhin zu trennen, war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass der neue Besitzer der über eine Milliarde Nutzer über kurz oder lang weitergeben und für Facebook nutzen möchte. Denn Daten sind im 21. Jahrhundert bekanntlich gleichbedeutend mit Geld.

Vor einigen Wochen war es dann so weit, die Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien wurden angepasst und personenbezogene Daten dürfen fortan an Facebook weitergegeben werden. Darunter auch die eigene Telefonnummer und Nutzungsdaten, aber eben auch Telefonnummern von im Adressbuch gespeicherten Kontakten, also Freunde, Bekannte usw.:

Adressbuch. Du stellst uns regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deinen sonstigen Kontakten in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung. Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen, damit wir unsere Dienste anbieten können. (WhatsApp-Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien)

Bereits bei der Veröffentlichung war vermutet worden, dass diese Bestimmung in Deutschland oder eventuell auch der ganzen EU überhaupt keine Gültigkeit haben könnte und nicht legal bzw. erlaubt ist - oder man auf der anderen Seite WhatsApp faktisch gar nicht mehr nutzen dürfte, bevor man nicht sämtliche der im Telefon gespeicherten Kontakte fragt, ob die Telefonnummer an Facebook weitergegeben werden darf - in der Praxis natürlich nicht machbar.

Wir waren neugierig und haben den Anwalt unseres Vertrauens Matthias Böse von der Kanzlei Husemann & Partner um eine rechtliche Einschätzung gebeten. Er sagt dazu:

"Zur datenschutzrechtlichen Einordnung: Nach deutschem Datenschutzrecht gilt der Grundsatz, dass personenbezogene Daten (dazu dürfte auch die Telefonnummer gehören) beim Betroffenen zu erheben sind. Ausnahmen sind im Gesetz nur in engen Grenzen gestattet, § 4 Abs. 2 BDSG. Ob im vorliegenden Fall
  • die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
  • keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden,
ist hier wohl mehr als fraglich. Insbesondere die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen dürften bei einer Übermittlung in die USA sehr wohl betroffen sein."

Laut Anwalt dürften personenbezogene Daten in Ausnahmefällen also durchaus Daten von Betroffenen über Dritte erhoben werden. Diese Ausnahmeregelung greift seiner Meinung nach in diesem Fall allerdings nicht. Denn ein Betroffener könnte sich durchaus in seinen Interessen beeinträchtigt fühlen, wenn seine Daten über die auf einem anderen Smartphone gespeicherten Kontakte per WhatsApp und Facebook in die USA gelangen könnten.

Bestimmung laut Bürgerlichem Gesetzbuch ohnehin ungültig

WhatsApp und Facebook: die Achste des Bösen? WhatsApp und Facebook: die Achse des Bösen?
Bild: Facebook
Im Prinzip dürfte es allerdings noch einfacher sein, denn im bürgerlichen Gesetzbuch heißt es zu Bedingungen in AGB:

"Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam [...] eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
  • diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
  • den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt[.]"

Böse schreibt dazu:

"Einen Verbraucher eine Tatsache (die vorliegende Autorisierung des Be­troffenen für die Übermittlung) bestätigen zu lassen, dürfte in AGB zudem gem. § 309 Nr. 12b BGB unwirksam sein. Diese Klausel entfaltet daher keine rechtliche Wirkung zu Gunsten von Whatsapp."

WhatsApp-Alternativen

WhatsApp kümmert sich wie viele andere US-amerikanische Firmen relativ wenig um deutsches und europäisches Recht. Auch in diesem Fall dürften die Richtlinien und Bestimmungen ohne Rücksicht auf die bestehende Rechtslage erstellt worden sein. Ob tatsächlich jemand gegen das Vorgehen von WhatsApps bzw. Facebooks Vorgehen klagen wird und welches Urteil dann konkret dabei herauskommt, können wir aktuell nicht ein­schätzen.

Möchte man jedoch auf Nummer sicher gehen, kann man auch einfach WhatsApp vom Gerät löschen und sich eine passende Alternative installieren. Empfehlenswert ist hier beispielsweise Threema, welches aktuell vergünstigt zu erhalten ist.

Mehr zum Thema WhatsApp