Rechtssprechung

EuGH verbietet Zusatzkosten für 0180-Kundenservice (Update)

Der Europäische Gerichtshof hat den Kosten für 0180-Nummern eine Absage erteilt. Die Kosten würden Kunden von einer Kontaktaufnahme in Vertragsfragen abhalten.
Von Thorsten Neuhetzki

EuGH verbietet Mehrkosten für 0180-Nummern EuGH verbietet Mehrkosten für 0180-Nummern
Fotos: Rafa Irusta - fotolia.com/teltarif.de, Montage: teltarif.de
Die Kosten für 0180-Nummern dürften in Kürze deutlich fallen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute in einem Urteil beschlossen, dass Anrufe beim Kundendienst in Vertragsfragen keine Extrakosten mit sich bringen dürfen. Die Luxemburger Richter begründeten die Entscheidung damit, dass zu hohe Telefongebühren bei 0180-Service-Nummern Verbraucher davon abhalten könnten, sich im Zusammenhang mit ihrem bestehenden Vertrag an ein Unternehmen zu wenden. (Aktenzeichen: C-568/15)

Den Richtern zufolge dürften die Kosten nicht höher sein als bei Telefonaten "unter gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummern". Demnach müsste ein Anruf künftig so abgerechnet werden wie ein normales Telefongespräch. Das ist für jene Kunden, die eine Flatrate gebucht haben, von Vorteil. Gleichzeitig benachteiligt das Urteil aber möglicherweise Kunden ohne Flatrate, da diese wieder pro Minute bezahlen müssen.

Was wird aus den kostenlosen Warteschleifen?

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Die meisten 0180-Hotlines werden seit einigen Jahren unter 01806 realisiert und kosten pro Anruf 20 Cent aus dem Festnetz und 60 Cent aus dem Mobilfunknetz - auch wenn es eine lange Warteschleife gibt. Ob und wie dieses Urteil mit der Pflicht zu kostenlosen Warteschleifen vereinbar ist, gilt es abzuwarten. Günstiger wird es für alle Nutzer, wenn es um 01805-Nummern geht. Diese kosten aus dem Festnetz 14 Cent pro Minute und aus den Mobilfunknetzen 42 Cent pro Minute. Hier müssen die Anbieter gewährleisten, dass es keine Warteschleifen gibt.

Hintergrund des EuGH-Urteils ist ein Verfahren am Landgericht Stuttgart. Dort wurde der Online-Elektro-Händler Comtech von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs angeklagt. Der Händler hatte früher eine kostenpflichtige 01805-Service-Hotline geschaltet. Comtech wurde eine "unlautere geschäftliche Handlung" vorgeworfen. Das deutsche Gericht fragte beim EuGH nach, wie die entsprechende EU-Verbraucherrechte-Richtlinie auszulegen ist. Das Landgericht Stuttgart wird nun nach dem EuGH-Urteil das Verfahren wieder aufnehmen. Bis dahin wird sich für die Verbraucher voraussichtlich nichts ändern.

Branchenverband kritisiert das Urteil

Werden die Kosten für 01805-Nummern zwangsweise abgesenkt, bedeutet das für Kunden alternativer Netzbetreiber auch, dass eine Alternative zu Call by Call wegfallen dürfte. Die Kunden dieser Netzbetreiber haben die Möglichkeit, über 01803- oder 01805-Nummern einen Sprachcomputer anzurufen und viele ausländische Gesprächsziele zu erreichen. Das ist oftmals billiger als ein direkter Anruf zu den Kosten der lokalen Telefongesellschaft.

Auch der für Mehrwertdienste zuständige Branchenverband VATM kritisiert das Urteil in einer ersten Stellungnahme. Geschäftsführer Jürgen Grützner sagt: "Mit dem Urteil entstehen der nationalen Wirtschaft abermals erhebliche Aufwände. Im Zuge der kostenlosen Warteschleifen haben die Unternehmen darauf vertraut, dass die dort und im Zuge der Verbraucherrechterichtlinie gefundene Systematik der Nutzung von Service-Rufnummern im niedrig tarifierten Bereich für die nächsten Jahre Geltung haben wird. Sämtliche Bewerbungen und Angaben zu Kundenrufnummern wurden vor diesem Hintergrund mit hohen Kosten angepasst. Das Urteil bedeutet für die Unternehmen auch, dass sie ihre gesamte diesbezügliche Kundenkommunikation nun abermals umstellen müssten. Letztlich weil in der Verbraucherrechterichtlinie mit unbestimmten Rechtsbegriffen agiert wurde, die einer näheren Bestimmung durch die nationalen Regulierungsbehörden bedurft hätten."

Update 12:40 Uhr: Möglicherweise nur Kundenservice betroffen

Inzwischen liegt der Urteilstext des Gerichtes vor. Dieser lässt, anders als bislang vorliegende Informationen zum Urteil, auch die Interpretation zu, dass die Kosten für 0180-Nummern bestehen bleiben dürfen, diese aber nicht für Kundenservice-Zwecke eingesetzt werden dürfen. Auch Juristen schließen sich dieser Interpretation an, so dass sich zwar beim Kundenservice Änderungen ergeben, nicht aber bei den generellen 0180-Kosten. Lesen Sie dazu auch unsere weitere Meldung mit Stellungnahmen.

Die Bedeutung von 0180-Nummern hat in den vergangenen Jahren abgenommen. Zuletzt wurden noch 800 000 Minuten pro Tag zu diesen Nummern telefoniert.

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