Das bringt das Jahr 2020 beim Digitalradio DAB+
DAB+ soll im Jahr 2020 weiter ausgebaut werden
Foto: auna
Schon oft sprachen die Befürworter des terrestrischen Digitalradios DAB+ nach Ablauf eines Jahres vom "endgültigen Durchbruch", während die Kritiker einen Flop sahen. 2019 hat sich das Gewicht eindeutig in Richtung der DAB+-Unterstützer bewegt. Erstmals gab es überproportionale Zuwächse. Laut dem Digitalisierungsbericht der Medienanstalten stieg die Anzahl der deutschen Haushalte mit DAB+ von durchschnittlich 17 Prozent im Jahr 2018 auf 22,7 Prozent 2019. Das entspricht einer relativen Zunahme von 34 Prozent. Auch für andere untersuchte Marktsegmente (Zugang, Geräteabsatz) attestiert die gemeinsame Studie der Medienanstalten unter Beteiligung von ARD, Deutschlandradio und Media Broadcast dem digitalen Antennenradio mehrheitlich zweistellige Zuwachsraten.
In weit über 9 Millionen Haushalten steht mindestens ein DAB+ Gerät. Das sind über 2 Millionen mehr als 2018. Während die Abverkäufe von UKW-Radiogeräten leicht sinken, erreichen die Verkäufe für DAB+ Empfänger neue Bestmarken: Die Gesamtzahl der DAB+ Geräte liegt inzwischen bei 14,6 Millionen Das sind 2,8 Millionen mehr als 2018, was einer relativen Steigerung von 24 Prozent entspricht.
Umsetzung der Interoperabilität
DAB+ soll im Jahr 2020 weiter ausgebaut werden
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Wie sich der Geräteverkauf im Jahr 2020 entwickeln wird, lässt sich noch nicht genau prognostizieren, aber die Vorbereitungen zur Umsetzung der neuen sogenannten "Interoperabilitätsrichtlinie" dürften bereits greifen. Ab dem 21. Dezember 2020 müssen Radios in Neuwagen den Empfang und die Wiedergabe von digital-terrestrischem Radio, also DAB+, ermöglichen. Auch für stationäre Radiogeräte mit Sendernamenanzeige (UKW mit RDS) gilt künftig die Digitalradiopflicht.
Mit der Entscheidung von Bund und Ländern setzt die deutsche Legislative EU-Regelungen zur Interoperabilität beim Radio-Empfang in nationales Recht um. In Frankreich und Italien sind vergleichbare Bestimmungen bereits in Kraft.
Die Verfügbarkeit von DAB+ bedeutet aber nicht automatisch, dass mit den Geräten tatsächlich auch dieser Verbreitungsweg eingeschaltet wird. Erfahrungen der teltarif.de-Redaktion, aber auch der Digitalisierungsbericht zeigen, dass viele inzwischen zwar mindestens ein Digitalradio besitzen, darüber aber weiter UKW hören.
Neben einem Fehlen bisheriger Lieblingsprogramme, aus Unkenntnis oder aus alter Gewohnheit ist oft der noch wenig zufriedenstellende Empfang ein Grund dafür, dass mit Digitalradioempfängern noch vorrangig UKW gehört wird. Vor allem außerhalb der Ballungsräume gibt es noch zahlreiche Lücken speziell beim Indoorempfang. Die gute Nachricht: Diese Lücken sollen 2020 weiter geschlossen werden.
Netzausbau beim Bundesmux und der ARD
Sowohl beim bundesweiten Multiplex mit vier Programmen von Deutschlandradio und neun Privatsendern als auch bei den ARD-Anstalten sind weitere Sendeanlagen geplant. Beim Bundesmux liegt der Schwerpunkt dabei auf Rheinland-Pfalz und einem Ausbau in den östlichen Bundesländern. Vorgesehen sind unter anderem der Standort Haardtkopf im Hunsrück, ein Stadtsender in Chemnitz zur Verbesserung der Indoorversorgung, ein weiterer Sender in Ostsachsen auf dem Unger zwischen Neustadt und Sebnitz sowie der Standort Bad Belzig in Brandenburg.
Erheblich die Netze ausbauen werden fast alle ARD-Anstalten. Der hr plant den zusätzlichen Sender Würzberg im Odenwald. Beim SWR liegt auch 2020 der Schwerpunkt des DAB+-Sendernetzausbaus in Rheinland-Pfalz: Geplant sind die Standorte Ahrweiler, Bad Kreuznach (Bad Münster am Stein), Bleialf, Kirn, Oberes Ahrtal, Oberheimbach und Zweibrücken. In Baden-Württemberg ist der Standort Wertheim geplant. Auch der BR will wieder zahlreiche neue Sender für seine DAB+-Netze aufschalten. Über die Ausbaupläne beim WDR, NDR und dem rbb haben wir bereits berichtet.
Gerichtsentscheidung beim zweiten Bundesmux möglich
Weiter auf Eis liegt der zweite bundesweite Multiplex, der schon längst bis zu 16 weitere nationale Privatradios auf die Antenne bringen sollte. Voraussichtlich 2020 kommt es zu einem endgültigen rechtskräftigen Urteil im Rechtsstreit um den zweiten nationalen DAB+-Multiplex. Aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Gremienvorsitzendenkonferenz der Landesmedienanstalten (GVK) hat die SLM fristgemäß beim Bundesverwaltungsgericht Sprungrevision eingelegt.
Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte zuvor den Zuweisungsbescheid der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und Neue Medien (SLM) an das Konsortium Antenne Deutschland zur Veranstaltung des zweiten nationalen DAB+-Multiplex im Plattformbetrieb aufgehoben. Gleichzeitig ordnete das Gericht an, das Zuweisungsverfahren verfahrensfehlerfrei zum Abschluss zu bringen. Laut der nun vorliegenden Urteilsbegründung monierte das Gericht mehrere angebliche Verfahrensfehler.
Das Gericht folgte damit umfänglich der Rechtsauffassung der Klägerin Digital Audio Broadcasting Plattform GMBH (DABP) rund um den Investor und Ex-Rennfahrer Steffen Göpel, die im Ausschreibungsverfahren der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) gegen die Antenne Deutschland nicht den Zuschlag erhalten hatte und dagegen geklagt hatte.
Gleichzeitig ließ das Verwaltungsgericht Leipzig die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zu. Hebt dieses die Entscheidung des VG Leipzig auf, kann Antenne Deutschland auf Sendung gehen. Bestätigt es das Urteil, muss die SLM das Verfahren entweder ganz neu aufrollen oder zu einem unstrittigen Zeitpunkt zurücksetzen. Ein Sendestart im Jahr 2020 gilt unter Fachleuten jedoch unabhängig vom Ausgang des Verfahrens als ausgeschlossen, es sei denn, es kommt noch zu einer unerwarteten Einigung der Streithähne.
Neue Multiplexe
Neue Töne im Äther wird es 2020 dennoch geben: Im Januar soll im Rahmen eines Modellversuchs bis Ende 2022 ein privater Multiplex im Großraum Lübeck starten, im März ist ein weiterer in Kiel geplant, später dann noch auf der Ferieninsel Sylt.
In Hamburg erwarten Hörer vielleicht schon 2020 einen zweiten privaten Multiplex. Auch in Chemnitz wird es erstmals private Regional- und Lokalsender im terrestrischen Digitalradio geben dank des dritten Lokalmuxes in Sachsen nach Leipzig und Freiberg.
Offen ist noch, ob ein privater Multiplex auch im Saarland zustande kommt. Bisher gestalten sich die Verhandlungen von Privatradios mit dem designierten Muxbetreiber Divicon Media äußerst zäh.
Mit Spannung wird außerdem erwartet, wer in Thüringen in einem landesweiten Mux senden darf, der 2020 zunächst im Raum Erfurt/Weimar starten soll. Sieben Bewerber brachte die Ausschreibung der Thüringischen Landesmedienanstalt (TLM) hervor. Außerdem plant Rheinland-Pfalz die Ausschreibung regionaler DAB+-Kapazitäten. An einem bereits laufenden lokalen Betriebsversuch im Raum Bad Kreuznach sollen sich ferner erstmals weitere Veranstalter neben dem Kirchenradio Studio Nahe beteiligen dürfen.
In Baden-Württemberg ist ein solcher lokaler Multiplex mit Small Scale-Technik als Versuch im Raum Tübingen geplant.
Vorreiter ist jedoch weiter Bayern: 2020 sollen alle UKW-Lokalradios auch digital-terestrisch auf DAB+ ausgestrahlt werden. Damit wäre der Freistaat das erste Bundesland, welches das komplette UKW-Spektrum auch im Digitalradio abdeckt.