5G Auktion

5G-Frequenzvergabe: Kritik an der Auktion wächst

Die Diskussion ist nicht neu: Hohe Auktionserlöse fehlen den Netzbetreibern am Ende für den bitter notwendigen Netzausbau. Die Kritik reicht von der wirtschaftsliberalen FDP bis zu den Gewerkschaften.
Von mit Material von dpa

Canisiusstrasse 21 in Mainz. Die Kritik an den hohen Lizenzkosten wächst Canisiusstrasse 21 in Mainz. Die Kritik an den hohen Lizenzkosten wächst
Foto: Henning Gajek / Teltarif.de
Das Oster­fest ist gerade vorüber und die Auktion der (unter anderem) für 5G geeig­neten Mobil­funk-Frequenzen will kein Ende nehmen: Seit Mitte März liefern sich drei etablierte und ein "neuer" Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bieter eine Bieter­schlacht in abge­schirmten Räumen der Bundes­netz­agentur in Mainz. Eins ist jetzt schon klar: In die Staats­kassen werden wieder Milli­arden fließen. Ist das ein Grund zur Freude?

Die für dieses Mal relativ uner­wartet hohen Staats­ein­nahmen aus der Verstei­ge­rung von für 5G gedachte Mobil­funk­fre­quenzen stoßen schon länger auf scharfe Kritik, die mit stei­genden Bieter­runden zunimmt.

In seltener Einig­keit monierten Vertreter der FDP, der Grünen und der Dienst­leis­tungs-Gewerk­schaft Ver.di, dass den Mobil­funk­firmen dadurch weniger Geld zur Verfü­gung stehe. Das könnte beim anste­henden Netz­ausbau ein Brems­klotz werden. "5G ist komplettes Neuland, der Ausbau wird aufwendig und teuer - umso unver­ständ­li­cher ist es, dass die Unter­nehmen dann noch viel zahlen müssen für die Frequenz­blöcke", sagte Ver.di-Fach­mann Chris­toph Heil. "Jeder Euro ist wichtig, der in der Branche bleibt." Ähnliche Kritik war hier auf teltarif.de schon öfters zu lesen.

Vor fünf Wochen ging es los

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Foto: Henning Gajek / Teltarif.de
Wir erin­nern uns: Vor etwa fünf Wochen star­tete die Frequenz-Auktion in Mainz. Die vier Teil­nehmer - die Deut­sche Telekom, Voda­fone, Telefónica und 1&1-Dril­lisch - bieten insge­samt schon knapp 5,4 Milli­arden Euro (nach Runde 218). Heute Nach­mittag um 13 Uhr soll es nach der Oster­pause mit dem Bieten weiter­gehen.

Die aktu­ellen Höchst­ge­bote von 5,357 Milli­arden Euro haben die Erwar­tungen verschie­dener "Experten" deut­lich über­troffen. Diese hatten Einnahmen von etwa drei bis fünf Milli­arden Euro erwartet. In den voran­ge­gangen großen Mobil­funk­auk­tionen wurden 5,08 Milli­arden Euro (2010) bezie­hungs­weise 4,39 Milli­arden Euro (2015) erlöst.

Vor 19 Jahren: 50 Milli­arden

Bei der ersten großen "UMTS"-Auktion im Jahr 2000 waren es noch gut 50 Milli­arden Euro (100 Milli­arden DM) gewesen. Von den sechs dama­ligen Lizenz­ge­win­nern mussten zwei (Mobilcom-Multi­media und "Group 3G" unter Telefónica-Sonera später "Quam") ziem­lich schnell "aufgeben". Danach hatte sich die rest­liche Branche hoch verschuldet und in der Folge viel zu wenig Geld für einen umfas­senden Ausbau übrig - die Funk­lö­cher von damals bestehen bis heute.

Die hohen Schulden aus der UMTS-Auktion waren lang­fristig auch der Auslöser einer bei vielen preis­sen­si­blen Kunden bis heute nicht durch­ge­hend akzep­tierten Fusion von E-Plus und o2.

Aukti­ons­de­sign soll umge­stellt werden

Im Rück­blick auf die damals umstrit­tene erste große Mobil­funk­auk­tion fordern Oppo­si­ti­ons­po­li­tiker und Gewerk­schafter schon länger eine Umstel­lung des Aukti­ons­de­signs - die bei der nächsten Verstei­ge­rung im Jahre 2022 oder 2023 zum Greifen kommen könnte.

"Der Staat sollte kein Geld oder nur wenig Geld nehmen für die Frequenz­blöcke, die Vergabe aber an schär­fere Auflagen verknüpfen für die Mobil­funk­kon­zerne", sagt Rein­hard Houben, wirt­schafts­po­li­ti­scher Spre­cher der FDP-Bundes­tags­frak­tion und Mitglied im Beirat der Bundes­netz­agentur. "Durch die hohen Kosten bei der dies­jäh­rigen Frequenz­ver­gabe sind die Konzerne nun in ihren Möglich­keiten begrenzt, umfas­send zu inves­tieren." Durch die Umstel­lung des Aukti­ons­de­signs würde sich dies ändern, findet Houben.

Der Frei­de­mo­krat fordert zudem eine Umstel­lung der Ausbau­pflichten - bisher orien­tieren sie sich an Haus­halten und nicht an der Fläche: Bis Ende 2022 sollen mindes­tens 98 Prozent der Haus­halte mit schnellem mobilen Internet versorgt werden. Bezogen auf die Fläche läge die Versor­gung Schät­zungen zufolge nur bei 80 bis 90 Prozent - eine offi­zi­elle Zahl hierfür gibt es nicht. "Sich an Haus­halten zu orien­tieren, war ein Denk­fehler. Dadurch landet man immer wieder in Funk­lö­chern in Deutsch­land", moniert Houben. Ab der nächsten Auktion sollten sich die Ausbau­pflichten an der Fläche orien­tieren.

Diskus­sion nicht neu

Ähnliche Diskus­sionen hatte es auch im Vorfeld der aktu­ellen Auktion gegeben, viele Unter­nehmen hatten Klage einge­reicht. Deren Argu­mente für ein "fran­zö­si­sches Modell" waren aber unter Hinweis auf die "Frequenz­knapp­heit" nicht zuletzt durch den Präsi­denten der Bundes­netz­agentur Homann, beiseite gewischt worden.

Oliver Krischer, Vize-Frak­ti­ons­chef der Grünen im Bundestag, sieht die hohen Erlöse eben­falls skep­tisch: "Je tiefer die Netz­be­treiber in die Tasche greifen müssen, desto höher werden die 5G-Tarife sein und umso schlep­pender wird der Mobil­funk­ausbau bei 5G und LTE verlaufen." Er wies darauf hin, dass in der Schweiz die Mobil­funk­firmen umge­rechnet rund 330 Millionen Euro für die Frequenzen ausge­geben haben - diesen Wert als Maßstab hätte bei der deut­schen Frequenz­auk­tion bei etwa drei Milli­arden Euro Schluss sein müssen, sagt der Grüne. "Das wäre ein realis­ti­scher Preis ohne große Neben­wir­kungen für den Netz­ausbau."

Krischer fordert zudem, mit den Einnahmen den LTE- und 5G-Mobil­funk­ausbau auf dem Land zu fördern und nicht, wie der Bundes­re­gie­rung es bisher plant, das Breit­band-Fest­netz. "Hier schim­meln aber schon viele Milli­arden in einem Förder­pro­gramm vor sich hin, weil das Geld nicht abge­rufen wird." Daher wären die Förder­mil­li­arden im Mobil­funk­netz-Ausbau wirkungs­voller, sagt er.

Ver.di-Mann Heil moniert, dass die Firmen durch hohe Frequenz­kosten gezwungen sein könnten, höhere Kredite als bisher geplant aufzu­nehmen oder externe Inves­toren an Bord zu holen. Dadurch würde der Rendi­te­druck steigen - die Branche könnte also stärker als bisher darauf dringen, möglichst schnell mit 5G Geld zu verdienen. Dies wiederum könnte zu Job-Abbau führen, um Perso­nal­kosten einzu­sparen.

Im Prinzip also nichts Neues, diese Effekte hatte schon die 2000er-Auktion ins Rollen gebracht.

Schlep­pender Netz­ausbau - erneute Fusionen?

Bran­chen­kenner kriti­sieren den schlep­penden Netz­ausbau schon länger, wobei die Deut­sche Telekom wohl derzeit noch den gefühlten "stärksten" Netz­ausbau durch­zu­führen scheint, auch Telefónica (o2) sei trotz begrenzter Möglich­keiten noch gut dabei, während Voda­fone (D2) einen gefühlten weitaus größeren Nach­hol­be­darf habe.

Die beiden ältesten Netz­be­treiber (Telekom und Voda­fone) müssen unter dem Markt­druck und im Hinblick auf eine zu erwar­tende Abschal­tung von UMTS jetzt die "Premium-Technik" LTE (4G) auch für preis­sen­sible Kunden frei­geben, womit Einnahmen fehlen, entweder um die viel zu hohen Lizenz­kosten oder den bitter notwen­digen Netz­ausbau zu finan­zieren. Bran­chen­kenner vermuten schon länger, dass es bei den deut­schen Mobil­funk­netzen zu weiteren Konso­li­die­rungen (sprich Netz­zu­sam­men­le­gungen oder wenigs­tens inten­si­vere Zusam­men­ar­beit der bisher konkur­rie­renden Netz­be­treiber vor Ort) kommen könnte.

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