unwahrscheinlich

Gerpott: 5G-Vergabe nicht gefährdet

Neun Unternehmen haben gegen die Auflagen zur 5G-Versteigerung geklagt, Vodafone und Telefónica mit aufschiebender Wirkung.
Von mit Material von dpa

Die Chancen, dass die anstehenden Klagen gegen die 5G-Vergaberegeln, das Verfahren verzögern könnten, schätzt Prof. Gerpott für gering ein. Die Chancen, dass die anstehenden Klagen gegen die 5G-Vergaberegeln, das Verfahren verzögern könnten, schätzt Prof. Gerpott für gering ein.
Foto: Picture-Alliance / dpa
5G beherrscht weiter die Schlagzeilen. Die Erwartungen sind enorm. Von dem schnellen Übertragungsstandard erhofft sich die produzierende Industrie, wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch wo viel Erwartung drin steckt, geht es schnell vor Gericht. Neun Klagen sind anhängig, davon (mindestens) zwei mit aufschiebender Wirkung.

Keine Willkür erkennbar

Die Chancen, dass die anstehenden Klagen gegen die 5G-Vergaberegeln, das Verfahren verzögern könnten, schätzt Prof. Gerpott für gering ein. Die Chancen, dass die anstehenden Klagen gegen die 5G-Vergaberegeln, das Verfahren verzögern könnten, schätzt Prof. Gerpott für gering ein.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Bei der strittigen Versteigerung der 5G-Mobilfunkfrequenzen hätten die Klagen von Netzbetreibern aus Sicht eines Experten kaum Chancen auf Erfolg. „Die Bundesnetzagentur hat ihre Vergaberegeln gut austariert und gerichtsfest gestaltet - da ist keinerlei Willkür erkennbar“, sagte der Telekommunikationsexperte Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen der Deutschen Presse-Agentur. Ähnliche Klagen anderer Firmen bei einer Frequenzauktion im Jahre 2015 seien ebenfalls gescheitert.

Die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica, Freenet, 1&1 sowie andere Firmen hatten Klagen vor dem Kölner Verwaltungsgericht eingereicht. Aus ihrer Sicht wurden die Vergaberegeln unfair gestaltet. Professor Gerpott argumentiert hingegen, dass die Regulierungsbehörde ihren Ermessensspielraum vertretbar genutzt habe.

Vergaberegeln umstritten

Die Vergaberegeln schreiben gewisse Ausbaupflichten vor. Neueinsteigern ohne eigenes Netz - in diesem Falle die Firma 1&1 Drillisch (United Internet) - bekommen aber umfassende Ausnahmen. Dies wiederum ist den drei bisherigen Netzbetreibern ein Dorn im Auge. Zudem warnen sie vor einer Öffnung ihrer Netze gegenüber Wettbewerbern, weil dadurch eigene Investitionen entwertet würden.

Die Vergaberegeln sehen zwar keine Öffnungspflicht - ein sogenanntes Nationales Roaming - vor, aber ein sogenanntes Verhandlungsgebot: Die Firmen müssen miteinander sprechen. Wenn sich ein Platzhirsch der Kooperation mit einem Konkurrenten verweigert, könnte die Bundesnetzagentur als Schiedsrichter des Streits einschreiten. Dies geht den Netzbetreibern schon zu weit.

Industrie wartet auf 5G

Mit der 5. Generation des Mobilfunks (5G) soll Deutschlands Industrie wettbewerbsfähig bleiben. Der Mobilfunkstandard spielt eine zentrale Bedeutung für autonomes Fahren, die Telemedizin oder vernetzte Fabriken. Für Privatpersonen ist 5G vorerst weniger spannend, weil der Vorgänger-Standard 4G/LTE für die meisten mobilen Anwendungen ausreichen dürfte, sofern der eigene Mobilfunkvertrag und die örtliche Sendestation schon LTE ermöglicht. Das ist bei weitem noch nicht überall der Fall.

Keine Verzögerung erwartet

Auch eine Verzögerung der für Ende März geplanten Auktion wird es nach Einschätzung von Professor Gerpott nicht geben. Zwar haben Telefónica und Vodafone Anträge auf Eilrechtsschutz beim Kölner Verwaltungsgericht eingereicht - nun muss das Gericht rasch entscheiden, ob ihre Klagen eine aufschiebende Wirkung haben. Dadurch wiederum würde sich die Auktion wesentlich verzögern. Doch das Verwaltungsgericht werde sehr wahrscheinlich keine "Eilbedürftigkeit" erkennen, es werde also keine aufschiebende Wirkung geben, sagte Gerpott. Wie die übrigen Verfahren würden auch die Einsprüche von Telefónica und Vodafone vermutlich ganz regulär verhandelt. Letztlich seien alle Klagen wenig erfolgversprechend, meint der Professor für Unternehmens- und Technologieplanung.

Was wäre wenn?

Sollten sich die Netzbetreiber doch durchsetzen und die Vergaberegeln kippen, würde die Auktion rückwirkend für unwirksam erklärt. Das halte er angesichts der ausgewogenen Vergaberegeln aber für wenig wahrscheinlich, sagte der Telekommunikationsexperte.

Die geplante Auktion wäre die vierte große Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen. Im Jahre 2000 zahlten Telekommunikationskonzerne umgerechnet gut 50 Milliarden Euro für UMTS(3G)-Frequenzblöcke. Rückwirkend gilt dieser Betrag als viel zu hoch. Grund war der damalige Hype um das Zukunftsthema mobiles Internet, welches die Telekommunikationsbranche als Goldgrube und damit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu positiv bewertete. 2010 zahlten die Firmen für Mobilfunkfrequenzen 5,1 Milliarden Euro, 2015 waren es 4,4 Milliarden Euro für Frequenzen. Und diesmal? Wegen relativ strenger Ausbaupflichten und damit verbundener hoher Investitionszwänge werde es weniger werden als zuvor, sagte Gerpott - er rechnet mit drei bis vier Milliarden Euro Einnahmen für den Staat.

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