Handy-Abofallen: Falsche Rechnung bei 41.000 Kunden
Die Stiftung Warentest (Finanztest) hat tausende Fälle von Abofallen aufgedeckt.
Bild: Stiftung Warentest
Trotz zahlreicher Versuche hat es der Gesetzgeber bis jetzt nicht geschafft, unerwünschte Abofallen
auf dem Handy komplett einzudämmen. Die Stiftung Warentest legt heute alarmierende Zahlen
vor, sie berichtet von 41.000 betroffenen Mobilfunk-Kunden, insbesondere bei mobilcom-debitel, Vodafone und klarmobil.
Erst als sich das Finanztest-Magazin einschaltete, bekamen Vodafone-Kunden das Geld erstattet. Die betroffenen Kunden von klarmobil und mobilcom-debitel sollen Gutschriften erhalten.
Wer steckte hinter dem Abrechnungsbetrug?
Die Stiftung Warentest (Finanztest) hat tausende Fälle von Abofallen aufgedeckt.
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In Ihrem Artikel
berichtet die Stiftung Warentest über Drittanbieterleistungen wie Videos oder andere auf der Rechnung der Kunden nicht genannte
"Dienste", die diese gar nicht bestellt hatten. Zahlen sollten sie offenbar dennoch – bis sich die Stiftung Warentest
einschaltete.
Abgerechnet wurden die falschen Posten laut Rechnungstext von der Firma Infin. Aus den Rechnungen ging allerdings nicht hervor, was die Kunden genau bestellt haben sollen. Als sich die Betroffenen bei Infin beschwerten und darauf hinwiesen, dass sie mit ihrem Handy nichts gekauft oder abonniert hätten, bekamen sie von dort die schriftliche Antwort, Infin stehe "fälschlicherweise" auf der Rechnung. Die Firma habe die Dienste weder "zur Verfügung gestellt" noch "berechnet".
Die Kunden sollten aber trotzdem zahlen, und zwar an einen anderen Anbieter, der gar nicht auf ihrer Rechnung stand. An dieser Stelle schalteten sich die Verbraucherschützer ein.
Bundesnetzagentur wusste schon länger Bescheid
Die Bundesnetzagentur wusste laut dem Bericht schon seit dem 10. Juni von der Sache. Sie hatte allerdings nicht selbst geprüft, ob Kunden überhaupt Drittanbieterleistungen bestellt hatten - die Behörde verließ sich einfach nur auf eine Auskunft von Vodafone. "Anfragen und Beschwerden liefen fälschlicherweise beim ausgewiesenen Drittanbieter auf, da die Betroffenen aus dem Rechnungstext nicht erkennen konnten, dass hier nicht der korrekte Drittanbieter ausgewiesen worden war", erklärte die Behörde dann gegenüber den Verbraucherschützern.
Bei ihren Recherchen stieß die Redaktion auf ein dubioses Geflecht von Firmen. Nach Angaben von mobilcom-debitel soll es sich bei dem angeblich "korrekten Anbieter" um die Firma Texted gehandelt haben. Der Abrechnungsdienstleister dieses Drittanbieters sei die Firma Mocopay. Sie gehöre zur Schweizer Unternehmensgruppe NTH, die in vielen Ländern für Mobilfunkfirmen Leistungen von Drittanbietern abrechnen würde. Texted mit Sitz in London sei auch mit NTH verbandelt. Laut britischem Unternehmensregister sei ihr Hauptanteilseigner ein NTH-Manager.
Die Stiftung Warentest kommt zu dem Schluss, dass für den Mobilfunkkunden Drittanbieter und Abrechnungsdienstleister oft kaum zu unterscheiden seien, weil mal der eine, mal der andere auf der Rechnung ausgewiesen ist.
Auch Drittanbietersperre half nicht in allen Fällen
Der Stiftung Warentest liegen sogar Fälle von Kunden vor, in denen selbst eine Drittanbietersperre nicht vor unberechtigten Abbuchungen geschützt habe. Als Beispielfirmen werden in dem Bericht Drittanbieter und Abrechnungsdienstleister wie Richberg Media, Pink Mobile, Brandii Media und eben Mocopay oder Texted genannt.
Texted taucht beispielsweise auf der internen Vodafone-Sperrliste unseriöser Drittanbieter auf. Auf der Rechnung eines Kunden ausgewiesenen war allerdings die Firma Infin. Als er sich beschwerte, erhielt er eine Antwort von der Domain silverlines.info, unterzeichnet war die E-Mail mit "Sandra Becker" - ohne Angabe eines Firmennamens oder einer Postanschrift. Letztendlich handelte es sich aber doch um Mocopay beziehungsweise Texted.
Viele Kunden hätten berichtet, dass sie aufgrund des niedrigen Euro-Betrages zunächst ihr Geld nicht zurückgefordert hätten - und genau darauf beruht das Geschäftsmodell der Betrüger. Als Finanztest sich einschaltete, waren einigen Kunden aber schon 59,88 Euro abgebucht worden. Die Gesamtzahl von 41.000 betroffenen Kunden nur bei Vodafone stammt von der Bundesnetzagentur. Leider wissen nicht viele Kunden, dass für Beschwerden gar nicht der Drittanbieter, sondern der Mobilfunkprovider zuständig ist.
Die Verbraucherschützer konstatieren abschließend, dass die BNetzA offenbar "blind für das gesamte Ausmaß des Kundenbetrugs durch dubiose Drittanbieter" ist, obwohl sie seit gut zwei Jahren in einem "Festlegungsverfahren" nach einem besseren Schutz vor unseriösen Drittanbietern sucht.
Auf ihrer Webseite hat die Stiftung Warentest einen Musterbrief zum Einlegen eines Widerspruchs veröffentlicht. In einem separaten Artikel erläutern wir, wie Sie sich richtig gegen eine falsche Drittanbieter-Forderung wehren.