In Harrisburg, Pennsylvania, löste ein defekter Akku einen Hausbrand aus.
Bild: dpa
Für Samsung war es im vergangenen Jahr ein
globales Milliardendesaster, für die Eltern zweier im US-Bundesstaat
Pennsylvania verbrannter Mädchen vor einigen Tagen eine individuelle
Katastrophe: Überhitzte oder gar explodierende Akkus von Handys, E-Bikes
oder Hoverboards sorgen immer wieder für tragische Unfälle und
erhebliche Schäden. Rund fünf Milliarden Akkus wurden Zahlen des
Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS) zufolge
allein 2015 weltweit verkauft. Eine steigende Zahl elektrischer
Geräte enthält wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien -
entsprechend häufen sich in Deutschland und weltweit Unglücke im
Zusammenhang mit überhitzten Akkus.
"Diese Zahl nimmt in den letzten Jahren exponentiell zu", sagt
IFS-Geschäftsführer Hans-Hermann Drews. Das Institut bezieht sich
dabei auf Brandschäden, die vom IFS in den vergangenen Jahren für
Deutschland ausgewertet wurden. Absolute Zahlen dazu gebe es nicht.
"Wir reden über viele Milliarden Geräte weltweit, die mit Akkus
betrieben werden", sagt Ralf Diekmann, Sprecher für Produktsicherheit
beim TÜV Rheinland. "Bezogen auf die wachsende Menge passiert
natürlich auch mehr."
Kein grundsätzliches Problem
In Harrisburg, Pennsylvania, löste ein defekter Akku einen Hausbrand aus.
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Im US-Bundesstaat Pennsylvania starben in der vergangenen Woche zwei
drei und zehn Jahre alte Mädchen bei einem Brand. Ein Hoverboard war
den Ermittlungen zufolge beim Aufladen des Akkus heiß geworden und
hatte das Feuer in dem Haus ausgelöst. Mitte März explodierten die
batteriebetriebenen Kopfhörer einer Australierin auf dem Heimflug aus
China und gingen in Flammen auf. Fotos zeigten versengte Haare und
Rauchspuren am Hals und im Gesicht der Frau. Und der südkoreanische
Elektronikkonzern Samsung hatte Millionen Smartphones zurückgerufen,
nachdem mehrfach Geräte in Brand geraten waren. Als Ursache wurden Fehler
bei Design und Herstellung der Akkus ausgemacht.
Ein grundsätzliches Problem mit der sehr ausgereiften Technologie von
Lithium-Ionen-Batterien gebe es aber nicht, erklärt Werner Tillmetz
vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung
Baden-Württemberg (ZSW). "Es gibt in diesem Bereich einfach eine
gigantische Zunahme und enorme Wachstumsraten." Da sei es kein
Wunder, dass auch die Probleme zunähmen. "Wenn man sich als
Wissenschaftler sagt, ich habe eine Rate von einem Ausfall pro einer
Million, dann kann die wahrgenommene Zahl eine Riesenmenge sein -
obwohl es eigentlich nur ein Millionstel ist."
An der Grenze
Allerdings seien gerade die Handy-Akkus inzwischen an der Grenze
ihrer Leistungsfähigkeit angelangt; mehr Spielraum nach oben gebe es
kaum. "Der Nutzer hat immer extremere Anforderungen, will immer
online sein, das ist brutal, das geht mit keiner Batterie der Welt",
betont Tillmetz. "Eventuell sind in verschiedenen Produkten Batterien
an ihrer thermischen Grenze", meint auch Diekmann. Gerade in den
Handys werde eine weitere Miniaturisierung immer schwieriger.
Außerdem, so Tillmetz, könne die extreme Nachfrage und der hohe
Wettbewerb auch zu Produktionsfehlern führen. "Handy-Akkus werden mit
irrsinniger Geschwindigkeit von zehn Stück pro Minute produziert -
bei diesen filigranen Bauteilen dann keine Fehler zu machen, ist eine
riesige Herausforderung für den Hersteller." Diese sitzen fast alle
in Asien, die größten in Südkorea und Japan.
Nicht nur wegen der schieren Zahl der Akku-betriebenen Geräte wachse
die Gefahr von Zwischenfällen. Hauptgrund für Unglücke seien Fehler
bei der Anwendung und falsche Behandlung, erklärt TÜV-Experte
Diekmann weiter. "Feuchtigkeit, Überlastung, extreme Temperaturen
vertragen Akkus nicht", sagt er. Handys würden auf die Fensterbank in
die Sonne gelegt, E-Bikes bei Minustemperaturen vor der Haustür
stehengelassen. Im Februar brannte beispielsweise ein ganzes
Fahrradgeschäft in Hannover wegen eines defekten E-Bike-Akkus aus.
Akkus haben eine Wohlfühtemperatur
"Akkus brauchen eine Art Wohlfühltemperatur zwischen etwa zehn Grad
und nicht ganz 30 Grad", sagt Diekmann. Auch würden oft Ladegeräte
verwendet, die für das jeweilige Gerät nicht vorgesehen oder
zugelassen seien.
Ein weiteres Problem: schlechte Qualität durch Billiganbieter. "Im
Massenmarkt tauchen auch Hersteller auf, die bei einem Hype - etwa
den Hoverboards - mitmischen wollen, ohne das Know-how zu haben."
Diekmanns Rat: nach geprüften Produkten mit deutscher
Gebrauchsanweisung und Herstelleradresse schauen. Und: "Möglichst
nicht auf dem Wochenmarkt oder online von unbekannten Herstellern
kaufen."
Lithium-Ionen-Batterien seien eine sehr sichere Sache und die
Sicherheitstests in Deutschland auf extrem hohen Niveau, ergänzt
Batterie-Experte Alexander Schmidt vom Projekt Competence E am
Karlsruher Institut für Technologie (KIT). "Auch wenn es immer ein
Restrisiko gibt."
Alternativen nicht in Sicht
Eine alternative Technologie ist nach Meinung Schmidts und anderer
Experten nicht in Sicht. Die Sicherheit dieser Akkus werde
stattdessen ständig verbessert, etwa um sie "thermisch stabiler,
sprich hitzebeständiger zu machen", erklärt Forscher Dominic Bresser
vom Helmholtz-Institut Ulm (HIU). "Sie werden auch in den nächsten
zehn Jahren die einzigen sein, die in der Lage sind, Smartphones,
E-Bikes oder Autos anzutreiben."
Seit geraumer Zeit wird beispielsweise an Brennstoffzellen geforscht -
doch der ersehnte Durchbruch findet seit Jahren nicht statt. Es gibt zwar immer
wieder Produktankündigungen, etwa 2015 auf dem Mobile World Congress in Barcelona,
aber offenbar ist es am Ende doch einfacher wieder auf die an sich dann doch gut funktionierende Lithium-Ionen-Technologie zurückzugreifen, als derzeit eben noch nicht so gut beherrschbare Alternativen voran zu treiben.
Wie ein Lithium-Ionen-Akku aufgebaut ist,
erklären wir in unserem Ratgeber. Außerdem verraten wir Ihnen, wie Sie den Akkus in Ihren Geräten zu einem längeren Leben verhelfen können.