Datenskandal im Wohnzimmer: Was dürfen Alexa und Co.?
Hört Alexa bald ständig mit?
Bild: Amazon
Als Amazon Echo 2016 in Deutschland auf den Markt kam, gingen die Meinungen über den Smart Speaker durchaus weit auseinander. Während vor allem Technik-Nerds und Early Adopter das Gerät als regelrechte Revolution feierten und in höchsten Tönen lobten, zeigte sich auf der anderen Seite deutliche Kritik. Es gab viel Unverständnis darüber, warum jemand überhaupt dafür bezahlen würde, sich eine "Wanze" in die eigenen vier Wände zu holen.
Wirklich Gehör fanden diese Stimmen allerdings nicht, vielmehr wurde ihnen das Prädikat "Verschwörungstheoretiker" oder "Aluhutträger" verpasst. Mittlerweile hat sich rund um die intelligenten Lautsprecher eine regelrechte Industrie gebildet. Kein TV- oder Audiohersteller kann es sich noch ernsthaft erlauben, seine Geräte ohne Smart Home-Funktionen auszuliefern. Doch für Amazon ist an dieser Stelle noch längst nicht Schluss. Langfristig soll Alexa in allen Geräten stecken. Egal ob Mikrowelle, Kühlschrank, Uhr oder Auto.
Was passiert mit den Daten?
Hört Alexa bald ständig mit?
Bild: Amazon
Für Datenschützer ist das ein absoluter Super-GAU. Vor allem, weil niemand nachvollziehen kann, was mit den Daten auf den Servern von Amazon und Google passiert. Selbstredend sollte jeder Käufer eines solchen Gerätes nicht so naiv sein zu glauben, dass der US-Internetgigant sein Geld mit dem Verkauf der Hardware verdient.
Das ist auch gar nicht möglich, immerhin geht zum Beispiel der Echo Dot im Rahmen von Aktionen immer mal wieder für rund 25 Euro über die virtuelle Ladentheke und dürfte für Amazon somit teils nicht einmal die Produktionskosten wieder einspielen oder sogar zum Verlustgeschäft werden. Gewinne sind aber auch gar nicht das primäre Ziel. Amazon will mit seinen Smart Speakern die Lebensräume seiner (potenziellen) Kunden dominieren und einfach alles über sie und ihre Lebensgewohnheiten erfahren, um Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen. Doch was wäre eigentlich, wenn dieser Datenschatz an andere Unternehmen oder Behörden weitergegeben wird? Wirklich kontrollieren kann niemand, was mit den Alexa-Daten in den USA passiert, deutsche Behörden sowieso schon gar nicht. DSGVO hin oder her.
Aktivierungswort fällt weg
Der Wegfall von Aktivierungswörtern wie "Alexa" oder "Ok Google" scheint auf den ersten Blick komfortabler zu sein. Schließlich kann man seinen Lieblingsradiosender direkt starten oder nach Uhrzeit und Wetter fragen, ohne Alexa vorab ansprechen zu müssen. Der Preis dafür ist allerdings hoch, denn Alexa hört dann dauerhaft mit. Und zwar eben auch alle Gespräche, die nicht für Amazon bestimmt sind. Böse Zungen würden jetzt vielleicht behaupten, dass es Amazon aber genau darum geht, wirklich alles über seine Kunden zu erfahren.
Dazu gehört natürlich ganz besonders auch das, was sie dem US-Konzern nicht mitteilen wollen. Und an eben diesen Informationen haben verständlicherweise auch ganz besonders Strafverfolgungsbehörden ein gewichtiges Interesse. Alexa könnte somit künftig sogar als Beweismittel in Gerichtsverfahren dienen. Alexa im Zeugenstand? Eine wirklich gruselige Vorstellung. Diese Richtung einzuschlagen wäre letztendlich ein gravierender Fehler und löst völlig neue Debatten über eine Technologie aus, die an sich für alle Menschen im Alltag deutliche Vorteile bringen soll.
Adieu Datenschutz
Die aktuelle Diskussion wirkt geradezu paradox. Einerseits betreibt die Politik auf europäischer Ebene mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einen gigantischen Aufwand, um gerade auch die Daten europäischer Bürger vor dem Zugriff von US-Internetkonzernen wie Facebook und Google zu schützen. Auf der anderen Seite möchte man aber selbst auf die Daten zugreifen, welche in womöglich fragwürdiger Weise von eben diesen Konzernen verarbeitet werden.
Eine "rund um die Uhr zuhörende Alexa" wäre in der Tat ein absoluter Super-GAU für den Datenschutz. Übrigens nicht nur für Bürger in Deutschland oder der EU, sondern letztendlich für alle Kunden auf der Welt, die eben diese Smart Speaker nutzen. Es ist dringend notwendig, dass den Internetkonzernen ganz klar auf die Finger geschaut wird, wofür die gewonnen Daten verwendet werden. Denn nur wenn es hier klare und eindeutige Regeln gibt, dürften sich auch die Begehrlichkeiten von staatlichen Behörden auf Amazons unendlich großen Datenschatz nachhaltig begrenzen lassen.
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen bei ihrer morgen beginnenden Konferenz in Kiel über einen Daten-Zugriff, etwa zu Strafverfolgung, auf smarte Assistenten beraten.