Ausprobiert

Amazon-Smartphone im Test: Fire Phone mit 3D-Display enttäuscht im Alltag

Mit dem Fire Phone hat Amazon sein erstes Smartphone auf den Markt gebracht. Es will mit Gimmicks wie einem 3D-Display, der Scan-Funktion FireFly und Gestensteuerung punkten. In Deutschland gibt es das Fire Phone nur mit Telekom-SIM-Lock. Wir haben das Amazon-Smartphone getestet.
Von Rita Deutschbein

Ungewohnter Menüaufbau

Als jemand, der bereits einige Kindle-Fire-Tablets des Herstellers ausprobiert hat und seit etwa einem Jahr das Kindle Fire HDX sein Eigen nennt, hat die Autorin dieses Tests mit dem Fire Phone am Anfang ziemliche Probleme gehabt. Denn die Bedienung des Gerätes ist vollkommen neu und weder mit der bekannter Smartphones noch mit der der Fire-Tablets zu vergleichen. Navigiert wird aus einer Mischung aus Gesten- und Touch-Steuerung, die erst erlernt werden muss.

Fire Phone: App Drawer zeigt sowohl Apps auf dem Gerät als auch in der Cloud Fire Phone: App Drawer zeigt sowohl Apps auf dem Gerät als auch in der Cloud
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Im Mittelpunkt des Fire OS 3.6.2 steht das App-Karussell, das bereits vom Fire OS des Kindle Fire bekannt ist. Mit einem Wisch nach links oder rechts kann der Nutzer durchs Karussell scrollen, wobei Inhalte wie Apps, E-Books oder Filme nach Aktualität angezeigt werden - das Programm oder Medium, das als letztes verwendet wurde, steht ganz vorn. Drückt der Nutzer längere Zeit auf ein App-Symbol, öffnet sich eine Menü-Ansicht, über die die entsprechende Anwendung sowohl vorne im Karussell fixiert als auch aus der Liste geworfen werden kann. Alternativ und wesentlich schneller als über das Scrollen im Karussell lassen sich häufig genutzte Apps auch im QuickSwitch genannten Menü anzeigen, das der Nutzer mit Doppelklick auf den Home-Button öffnen kann. Auf einer festen Leiste im unteren Displaybereich sind die Zugriffe zum Browser, zum Telefon und zum E-Mail-Programm etc. fest verankert.

Unter der im Karussell angezeigten App werden weitere Informationen zum Programm gelistet. Dies sind bei der Video-App beispielsweise Filmvorschläge, bei der Wetter-Anwendung aktuelle Prognosen und bei der E-Mail-Anwendung gerade eingegangene Nachrichten. Eine Übersicht aller auf dem Fire Phone installierter Anwendungen findet sich im App Drawer, der mit einem Wisch vom unteren Displayrand nach oben aufgerufen wird. Sobald eine App aus dem App Drawer gestartet wird, erscheint sie auch auf dem Karussell.

Der Homescreen besteht aus nur einer Seite - weitere Screens wie beim gewöhnlichen Android lassen sich nicht anlegen. Allerdings gibt es links und rechts jeweils einen Pop-Up-Screen, auf dem Kurzlinks zu wichtigen Funktionen (linke Seite) bzw. Infos wie beispielsweise das Wetter (rechte Seite) angezeigt werden. Aufrufen lassen sich diese Pop-Up-Screens sowohl mit einem Wisch nach links oder rechts oder mit einer Handgeste. Dazu muss das Fire Phone aus dem Handgelenk in die entsprechende Richtung geschwenkt werden und der jeweilige Screen erscheint. Diese Handgeste funktioniert nach kurzem Ausprobieren sehr zuverlässig.

Metallrahmen des Amazon Fire Phone ist gummiert Metallrahmen des Amazon Fire Phone ist gummiert
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Für uns jedoch ein No-Go war die Umsetzung des "Zurück"-Befehls, der ein zentrales Element für die Bedienung des Smartphones ist. Statt eines haptischen oder sensorischen Buttons hat Amazon diese Funktion ebenfalls mit einer Wisch-Geste geregelt. Der Nutzer muss den Finger schnell vom unteren, mittigen Displayrand nach oben ziehen, damit das System zurückblättert. Zum einen ist für eine bequeme Ausführung aber der Home-Button im Weg, zum anderen funktioniert diese Geste so unzuverlässig, dass wir im Test häufig die Home-Taste benutzten, um wieder ins Menü zu gelangen und von dort alle weiteren Schritte zur eigentlichen Anwendung erneut gingen. Dies ist nicht nur mühselig, sondern frustriert auch ungemein.

Im Browser scrollt es von allein

Wie bereits erwähnt surfen Besitzer des Fire Phone über Amazons Silk Browser. In diesen hat Amazon eine weitere Gestensteuerungs-Option integriert, die sich auf Wunsch in den Einstellungen abstellen lässt. Beim Lesen einer Webseite reicht es, das Smartphone leicht nach hinten zu neigen, um den Text von selbst fließen zu lassen. Das manuelle Scrollen entfällt somit. Die Funktion ist zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, entpuppte sich aber nach etwas Übung als durchaus praktisch. Der Neigungswinkel des Gerätes bestimmt die Schnelligkeit des Scrollens, sodass Nutzer den Lauf des Textes auf ihre individuelle Lesegeschwindigkeit anpassen können.

Für die Verbindung mit dem Internet haben Besitzer des Fire Phone verschiedene Optionen: Zum einen steht WLAN nach Standard a/b/g/n/ac zur Verfügung, zum anderen werden mobil sowohl GPRS/EDGE, UMTS/HSPA als auch LTE unterstützt. Verwendet werden kann im Telefon allerdings nur eine Nano-SIM-Karte der Telekom. Durch den SIM-Lock können keine Karten anderer Netzbetreiber benutzt werden.

Die Verbindung mit dem Internet war in unserem Test stabil - sowohl über WLAN als auch im Mobilfunk. Netzwerke wurden zuverlässig erkannt. Beim Umschalten zwischen UMTS und LTE gab es ab und zu kleine Verzögerungen, was aber nicht weiter störte.

Telefonie-Qualität kann überzeugen

Qualitativ ebenso gut zeigte sich die Telefonie-Funktion. Abgesehen von vereinzelt auftretenden Knarzern während eines Telefon-Gesprächs - was zum Teil aber auch am mangelndem Netzempfang beim Testszenario lag - war die Sprachübertragung in Ordnung. Selbst laute Umgebungsgeräusche beeinträchtigten die Sprachqualität nicht.

Die Kopfhörer, die Amazon dem Fire Phone beilegt Die Kopfhörer, die Amazon dem Fire Phone beilegt
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Mit den Lautsprechern des Fire Phone ist es möglich, auch im Freisprech-Modus zu telefonieren. Die Stereo-Lautsprecher gehen nicht nach hinten weg, sondern strahlen vielmehr nach oben und unten ab. Dank Dolby Digital Plus ist der Klang sehr gut – die Bässe sind hörbar und Sprachübertragungen wirken nicht blechern. Alternativ können Nutzer auf die Kopfhörer mit Freisprecheinrichtung zurückgreifen, die Amazon dem Lieferumfang beigefügt hat. Die Ohrhörer sind aus schwarzem Kunststoff gefertigt und haben keine Aufsätze, mit denen Nutzer die Passform variieren können. Dafür gibt es einen anderen, durchaus gut durchdachten Kniff: Zwei Magnete an den Seiten der Ohrhörer halten die beiden Stecker zusammen. So soll ein Verknoten des Flachkabels verhindert werden, was in der Praxis auch funktioniert. Der Klang ist für einen gratis beigefügten Kopfhörer in Ordnung, wird Musik-Fans mit hohen Ansprüchen aber sicherlich nicht genügen.

Amazons Scanner namens FireFly zeigen wir auf der nächsten Seite. Auch geben wir dort einen Einblick, was das Fire Phone leistungstechnisch zu bieten hat und fassen unser Test-Fazit zusammen.

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