Asus Zenfone 6 im Test: Der Trick mit dem Flip (mit Video)
Es scheint eines klar zu sein: Wenn man derzeit auf dem hart umkämpften Smartphone-Markt Erfolg haben möchte, dann braucht man etwas Besonderes. Die meisten Hersteller versuchen das über die Kamera. Auch Asus geht mit dem neuen Zenfone 6 (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Modell von 2014) diesen Weg. Die neue aufklappbare Kamera, die gleichzeitig als Haupt- und Selfie-Kamera dient, ist wirklich innovativ. Von ständigem Strommangel geplagten Smartphone-Nutzern spendiert Asus obendrein einen üppigen Akku. Garniert wird das Ganze mit einem Preis, der mit 559 Euro weit unter dem liegt, was andere Hersteller heutzutage für ihre Topmodelle ausrufen. Das scheint ein attraktives Angebot zu sein, zumindest auf dem Papier. Unser Test sagt, wie sich das Zenfone 6 in der Praxis schlägt.
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Der erste Eindruck
Der erste Eindruck ist ziemlich gewichtig. Mit fast 200 Gramm bringt das Mobiltelefon fast so viel Masse auf die Waage, wie zwei Tafeln Schokolade. Es liegt aber trotzdem noch ganz angenehm in der Hand, auch wenn es ein wenig unausbalanciert und dicklich wirkt. Es scheint am oberen Ende ein bisschen schwerer zu sein, was es in der Hand leicht kippeln lässt. Dabei macht es durchaus einen hochwertigen Eindruck: Mit seinem praktisch randlosen Display (Screen-to-Body Ratio: 92 Prozent) und den gerundeten Kanten steht es in Eleganz den aktuellen Topgeräten in nichts nach.
Eine Notch gibt es nicht, denn das Asus hat als Besonderheit eine drehbare Flip-Kamera, die gleichzeitig als Vorder- und Rückkamera dient. Mit ihrer Doppellinse und dem LED-Blitz dazwischen sieht sie wie ein freundliches Eulengesicht aus. Die Linsen sind nicht ganz plan eingefasst und die Abdeckung steht ein wenig vor.
Die Rückfront aus Gorillaglas zeigt sich wenig empfindlich gegen Fingerabdrücke, ist aber, wie so oft bei aktuellen Smartphones, sehr glatt und rutschig. Das Asus macht sich auf schiefen Ebenen gerne selbständig, da genügt schon sehr wenig Neigung. Der Fingerabdrucksensor ist ebenfalls auf der Rückseite untergebracht. Er liegt zentral unter der Kamera und ist mit dem Zeigefinger gut zu erreichen.
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Display
Im Gegensatz zu der derzeitigen Smartphone-Oberliga hat das Asus dem Zenfone 6 kein OLED, sondern „nur“ ein 6,4-Zoll-IPS-Display mit 1080 x 2340 Pixel Auflösung gegönnt, was einer durchaus guten Pixeldichte von 403 ppi entspricht. Mit 472 cd/m2 gehört es nicht zu den hellsten seiner Art, im täglichen Einsatz geht die Leuchtkraft aber in Ordnung: Das Display bleibt auch bei direkter Sonneneinstrahlung noch gut lesbar. Die Farben sind kräftig, im Labor zeigt es eine durchschnittliche Farbabweichung Delta E von 4,81. Auch das ist ein ordentlicher, aber kein überragender Wert.
Man muss diese Werte wohl auch im Zusammenhang mit dem Preis sehen. Ein OLED hätte die Fertigungskosten und damit den Endpreis in die Höhe getrieben, einen Effekt den Asus wohl vermeiden wollte.
Das Asus Zenfone 6 (2019) im Video:
Wem die Basiseinstellungen des Displays nicht gefallen, der kann beim Asus auch noch individuelle Settings vornehmen. So lässt sich etwa die Farbtemperatur und Farbton ändern. Für die Helligkeit gibt es einen Booster, der kurzzeitig die Leuchtkraft nach oben schraubt, um etwa auch in sehr grellem Licht das Display noch ablesen zu können. Der Dark Modus ist zwar modisch schick, dürfte aber bei einem IPS-Display keine spürbaren Stromeinsparungen bringen.
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Benutzeroberfläche, Performance, Akku
Sehr erfreulich: Asus, das lange Zeit als ein Hersteller bekannt war, der seine Handys mit Bloatware zumüllt, hat sich eines Besseren besonnen und liefert das Zenfone 6 mit einem fast sauberen Android Pie aus. So ganz wollten die Asiaten aber wohl nicht auf vorinstallierte Apps verzichten, so gibt es etwa „Facebook“, „Instagram“ und das Migrationstool „Asus Daten Transfer“ als Zugaben.
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Wer noch ein bisschen sucht, findet in den Einstellungen auch den „Powermaster“, der die Stromsparfunktionen bündelt oder den „Screen Recorder“, der über einen Button in der Informationsleiste gestartet werden kann und der die Abläufe auf dem Display als Film speichert. In der Informationsleiste findet sich auch der Button für das UKW-Radio, in Zeiten von Spotify oder TuneIn Radio ein durchaus nostalgisches Feature. Viel erwarten sollte man sich davon nicht. Weder Sound noch Empfangsqualität sind wirklich gut und RDS, etwa zur Darstellung der Sendernamen, beherrscht das Gerät auch nicht.
Auch die Zocker werden von Asus nicht vergessen. Mit „Game Genie“ können diverse Funktionen für das Daddeln deaktiviert werden. So lassen sich direkt im Game Benachrichtigungen unterdrücken oder die Navigationstasten abschalten und ein Recorder für In-Game-Makros ist auch dabei. Zudem gibt es Links zu Twitch und YouTube.
Was das Betriebssystem angeht, zeigt sich das Zenfone 6 als zukunftssicher: Asus hat versprochen, das Smartphone möglichst rasch auch mit Android Q ausstatten zu wollen, auch den Nachfolger Android R soll es noch bekommen, ebenso wie Sicherheitspatches in den kommenden zwei Jahren.
Witzige Sicherheitsfunktion
Das Android-Phone bringt eine große Auswahl an Sicherheitsfunktionen mit, auch einen Fingerprint-Sensor. Der ist gut erreichbar auf der Rückseite des Gerätes eingepasst und erledigt seine Aufgabe sehr souverän. Sehr praktisch: Zum Entsperren braucht das Display nicht eingeschaltet zu werden. Es genügt, den Finger auf den Sensor zu legen.
Etwas ganz Besonderes ist die Gesichtserkennungsfunktion. Um die Funktion zu nutzen, muss zunächst das Gerät aufgeweckt und über das Display gewischt werden. Dann fährt die Flip-Kamera in Position, schaut neugierig über den Rand und verschwindet wieder. Das sieht ziemlich witzig aus und ist zumindest die ersten Male im Freundeskreis ein echter Hingucker. Bei gutem Licht funktioniert die Identifikation schnell und reibungslos, auch mit Brille auf der Nase.
Allerdings: Bei schlechtem Licht, wie bei einer einzelnen Schreibtischlampe, funktioniert die Identifizierung bisweilen nicht. Das gilt insbesondere, wenn das Gerät nicht direkt frontal vor das Gesicht gehalten wird.
Performance
Was die Rechenleistung angeht, lässt das Asus nichts anbrennen. Der Snapdragon 855 zeigt keinerlei Anzeichen von Schwäche, die Bedienung läuft satt und rund. Dazu trägt auch die Adreno-640-GPU bei, die in Sachen Leistung bei mobilen Geräten in der obersten Liga mitspielt.
Das bestätigen auch unsere Benchmarks. Im Geekbench Multicore liegt das neue Asus mit 11 184 Punkten nur knapp hinter dem OnePlus 7 Pro und in unserem Browser-Benchmark hat es mit 242 Punkten sogar ganz die Nase vorne. Allerdings: Das Asus wird unter Last ziemlich warm und wer anspruchsvolle Spiele zockt, dem kann es schon passieren, dass das Gerät nach einiger Zeit die Leistung herunterregelt, um nicht zu überhitzen. Doch die Kraftreserven sind groß genug, um das zu verschmerzen.
Die Speicherausstattung entspricht der oberen Mittelklasse: Unser Testgerät konnte auf 6 GB Arbeitsspeicher und 128 GB Datenspeicher zurückgreifen. Gut: Das Gerät hat einen dezidierten Steckplatz für microSD-Karten. Der Speicher kann so um theoretisch bis zu 2 TB ausgebaut werden.
Akku
Auch der Akku zeigt sich ziemlich leistungsstark. Mit fast 12 Stunden Laufzeit liegt er bei unseren Tests im vorderen Spitzenfeld. Zum Vergleich: Das Samsung S10+ bringt es gerade mal auf 8:33 Stunden, das OnePlus 7 Pro liegt bei 9:45 Stunden. Der Akku des Asus kann mit Quick Charge geladen werden, schnurloses Laden ist aber nicht möglich. Aber auch das ist wohl dem Preis geschuldet.
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Konnektivität
Was die Connectivity angeht, so lässt das Asus kaum einen Wunsch offen. WiFi 5, Bluetooth 5.0 und ein universelles Paket von weltweit nutzbaren LTE-Frequenzen sorgen für die drahtlosen Verbindungen, für das Headset gibt es eine Klinkenbuchse und zum Laden und für die Datenverbindung eine USB-C-3.1-Buchse.
Die WLAN-Verbindung zeigt sich im Alltag stabil und schnell, auch die Mobilfunkverbindungen gaben während des Tests keinen Grund zur Beanstandung. Die Ortungssensoren unterstützen die Systeme GPS, A-GPS, GLONASS, Galileo und das noch im Aufbau befindliche japanische QZSS. Sie haben auch innerhalb von Gebäuden keine Probleme, das Gerät schnell und präzise zu lokalisieren.
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Klang
Um Musik zu genießen, taugt das Asus eher nicht. Der Klang über die mitgelieferten Ohrhörer ist verwaschen und ohne viele Höhen. Das wird auch nicht viel besser, wenn man die Stöpsel durch einen Hi-Fi-Kopfhörer ersetzt. Spielt man die Musik über die internen Lautsprecher ab, treten schnell Verzerrungen auf, der Sound klingt quäkig.
Auch beim Telefonieren kommt keine große Freude auf. Wohl um die Nebengeräusche zu unterdrücken, schaltet die Elektronik den Gesprächspartner immer wieder mal stumm, sodass der Eindruck entsteht, die Verbindung wäre abgebrochen. Das ist sehr unangenehm. Wird gesprochen, dann klingt das Ganze oft abgehackt und dadurch bisweilen leider auch schlecht verständlich. Die Stimmen klingen zudem rau und verrauscht. Die Gegenseite moniert dumpfe Stimmen, Rückkopplungseffekte und ebenfalls eine insgesamt mäßige Verständlichkeit. Der Freisprecher liefert hier bessere Ergebnisse mit gut verständlichen und warmen Stimmen.
Eigentlich sollte ein Gerät in dieser Preisklasse deutlich höherwertige Ergebnisse bei der Sprachqualität liefern. teltarif.de wird bei Asus nachfragen, ob das Problem intern bekannt ist, und ob möglicherweise an einer Lösung gearbeitet wird. Über die Antwort werden wir Sie unterrichten.
Kamera & Fazit
Das Asus Zenfone 6 hat eine Dual-Kamera, die dank Fliptechnik sowohl als Front, wie auch als Back-Kamera genutzt werden. Beide Kameras sind auf einem Drehmechanismus gebaut, der sie um 180 Grad umklappen kann. Die Hauptkamera löst dabei mit 48 Megapixel auf, die zweite Kamera, die mit einem Ultraweitwinkel-Objektiv bestückt ist, arbeitet mit einem Sensor mit 13 Megapixel. Es gibt leider keinen optischen Bildstabilisator und die 13-Megapixel-Cam ist eine Fix-Fokus-Kamera.
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Die Klapp-Kamera ist nicht nur für Selfies zu gebrauchen, sie kann auch automatische Panorama-Bilder aufnehmen. Dazu braucht man das Smartphone nur ruhig zu halten, der Motor schwenkt die Kamera und erzeugt so ein nahtloses Stitching.
Am Ende schwenkt die Kamera, falls man sie nicht stoppt, in die Selfie-Position, wer sich nicht wegduckt, grinst sich auf dem letzten Stück des Panoramas selbst an. Linkshänder können dort auch wahlweise eine verschwommene Aufnahme ihrer Hand bewundern. Die motorisierte Kamera kann zudem bei Videoaufnahmen auch einem Motiv, wie etwa einem Hund folgen, das sich aus dem Bild bewegt. Sie nachzuführen ist da aber meist die bessere Lösung.
Die Flip-Kamera kann in jeden beliebigen Winkel zwischen 0 und 180 Grad geschwenkt werden. Dazu wird der virtuelle Schalter in der Kamera-App, der üblicherweise für den Wechsel zur Frontkamera dient, einfach länger gehalten und dann nach oben geschoben. Denselben Trick wendet Asus beim Selbstauslöser an. Halten und nach oben Ziehen des Auslöseknopfes verzögert die Aufnahme um bis zu 10 Sekunden.
Die Qualität der Bilder kann wirklich überzeugen. Zumindest, wenn die Lichtverhältnisse halbwegs in Ordnung sind. Die Fotos sind praktisch rauschfrei und zeigen viele Details. Auch über die Farbwiedergabe lässt sich nichts Negatives sagen. Die Aufnahmen zeigen satte Farben, die aber trotzdem natürlich wirken.
Die HDR+-Funktion kann aus den Bildern noch ein paar zusätzliche Details herauskitzeln, vor allen in dunklen Bildregionen, auch wenn die bisweilen etwas künstlich wirkenden Ergebnisse Geschmackssache sind.
12 Megapixel Auflösung bringt die besten Ergebnisse
Das Smartphone nutzt die 48 Megapixel des Sensors normalerweise, um daraus ein 12-Megapixel-Bild zu generieren. Dabei werden die Informationen von je vier Pixeln in einem neuen Bildpunkt zusammengefasst. Dadurch können Belichtungsprobleme behoben und Bildrauschen vermieden werden. Es besteht aber natürlich auch die Möglichkeit, die 48 Megapixel direkt auszulesen und dann ein Bild mit hoher Auflösung zu erhalten. Das ist verlockend, aber nicht unbedingt ratsam. Die Ergebnisse sind nur bei gutem Licht wirklich brauchbar.
Das gilt auch für das Zoom, das in diesem Fall nur digitales Zoom ist. Für die Aufnahmen schneidet die Kamera einen Teil aus der Bildmitte aus und bläst das Bild auf Vollformat auf. Die dabei erzielte Auflösung geht zwar in Ordnung, die effektive Belichtungs – und Rauschkorrektur fällt dann aber flach.
Bei schlechten Lichtverhältnissen liefert das Asus durchwachsene Qualität ab. In unserem Testfoto ist die Struktur der Tapete zwar noch gut zu erkennen, das innere der Rose mutiert aber zu einem matschigen roten Fleck. Die Farben sind ziemlich gut wiedergeben, die Flächen zeigen aber ein sichtbares Rauschen.
Große Verbesserungen bringt der Nachtmodus. Er hellt die Schatten auf, die Blütenblätter der Rose bekommen wieder eine Kontur. Das Farbrauschen verbessert sich ebenfalls, bleibt aber sichtbar. Wer dem Weißabgleich ein wenig auf die Sprünge hilft, erhält aber Aufnahmen, die sich wirklich sehen lassen können.
Auch als Porträt- und Selfie-Kamera leistet die Flip-Cam gute Dienste. Ein spezieller Porträtmodus stellt eine ganze Reihe von graduell einsetzbaren Verschönerungstools zur Verfügung, von Hautretuschierung bis hin zu einer Gesichtsverschmälerung. Vor allem bietet der Modus aber auch einen sehr natürlich wirkenden Bokeh-Effekt, der das Porträt aus dem Hintergrund herauslöst. Der lässt sich natürlich auch für andere Motive einsetzen.
Als Selfie-Cam steht auch das Ultra-Weitwinkelobjektiv zur Verfügung, etwa um den erweiterten Freundeskreis mit auf das Bild zu bekommen. Bei gutem Licht gelingen dabei exzellente Aufnahmen. Bei schlechtem Licht empfiehlt es sich, das Fotolicht zuzuschalten. Auf unserer Testaufnahme reflektieren die Haare unserer Testpuppe dabei aber leider sehr stark.
Die Testfotos haben wir für Sie im Original angehängt, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.
- Testchart 1: Gute Lichtverhältnisse mit Blitz
- Testchart 2: schlechte Lichtverhältnisse ohne Blitz
- Testchart 3: Nachtmodus
- Testfoto: Panorama
- Selfie 1: Gute Lichtverhältnisse ohne Blitz
- Selfie 2: Schlechte Lichtverhältnisse mit Blitz
Die Qualität kann in allen Auflösungen überzeugen. Die Videos zeigen viele Details, die Farben wirken natürlich und es gibt einen großen Dynamik-Bereich. Nett: Für Menschen, die gerne experimentieren, gibt es auch eine Slow-Motion und eine Zeitraffer-Funktion.
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Fazit
Das Asus Zenfone 6 überzeugt vor allem durch seinen günstigen Preis. Für 559 Euro bekommt man ein schnelles und ausdauerndes Smartphone mit dem neuesten Snapdragon-855-Chip, das zudem auch noch eine einzigartige Kamera mitbringt. Dazu gibt es eine Buchse für ein Headset und einer amüsanten Gesichtserkennung, mit dem man wirklich Aufmerksamkeit erhaschen kann. Allerdings: Für den Preis muss man auch Abstriche machen. Beim Display muss man auf die allerneueste Technik verzichten, ohne dabei aber auf viel Qualität verzichten zu müssen. Anders bei der Audio-Abteilung des Asus, denn die kann wirklich nicht überzeugen. Beim Telefonieren hat das Asus bisweilen sogar so große Probleme, dass die Verständlichkeit leidet. Das ist wirklich schade.
Asus Zenfone 6 (2019)
- Günstiger Preis
- Schneller Prozessor
- Großer Akku
- Gute Kamera
- Audio- und Sprach-Wiedergabe
- Sehr schwer
- Kein OLED
- sehr rutschige Rückseite