5 Fälle: Wenn die Telekom das Internet kündigen muss
Erst nach einigem Zögern hatte die Deutsche Telekom die 1000-Seelen-Gemeinde Rothenberg im hessischen Odenwaldkreis mit DSL im Ortskern erschlossen. Die geforderten 270 000 Euro Anschlusskosten konnte die Gemeinde nicht aufbringen und setzte auf einen privaten kommerziellen WLAN-Anbieter, der über eine Richtfunkstrecke das Internet in den Ort bringen wollte, dann aber auf ein SDSL-Angebot der Telekom, welches schon immer bundesweit flächendeckend verfügbar ist, wechselte.
Kaum hatte dieser die ersten Kunden angebunden, entschied die Telekom, doch auf eigene Kosten eine Glasfaser von Eberbach nach Rothenberg zu legen. Je nach Abstand zur Ortsvermittlung (Hvt) oder dem nächsten Verteilerkasten (Kvz) war schnelles Internet zunächst mit 16 MBit/s (ADSL) und bald auch mit "bis zu 50 MBit/s" (VDSL) möglich. Viele Kunden buchten es gerne und waren zufrieden.
Kryptische Kündigungen
Gezwungenermaßen weg von der Telekom: Diverse Erfahrungsberichte
Bild: Telekom
Doch eines Tages erhielten einige Telekom-VDSL-Kunden kryptisch formulierte Kündigungsschreiben der Deutschen Telekom. Man könne leider kein schnelles Internet mehr anbieten, wolle die geschätzten Kunden aber nicht verlieren. Maximal 16 000 kBit/s seien weiterhin möglich. Dabei könne man den Kunden entgegenkommen. Im ersten Jahr nach Änderung werde der "neue" Anschluss nur noch 19,95 Euro im Monat, im Folgejahr dann wieder die gewohnten 34,95 Euro kosten.
Nur wer im Thema steckt und sich mit der regionalen Situation vor Ort auskennt, kann diese Kündigung verstehen. Als seinerzeit das Thema Internetausbau im Odenwaldkreis (rund um Erbach in Südhessen) auf der Agenda stand, entschied sich der Kreistag, zusammen mit dem hessischen Stromversorger HEAG/ENTEGA, den gesamten Landkreis mit Leerrohren und Glasfaserleitungen bis zum Verteilerkasten (Kvz) mit schnellem Internet auszubauen.
Dabei konnte ENTEGA mit finanzieller Förderung des Odenwaldkreises auch in jene Ortsteile und Weiler vordringen, wo sich für die Telekom ein eigenfinanzierter Ausbau niemals gerechnet hätte. Bis dahin gab es dort - abgesehen vom Auslaufmodell ISDN - von der Telekom bislang nichts außer analoger Telefonie. Selbst verschiedene Handynetze schweigen in einigen abgelegenen Seitentälern des Landkreises abwechselnd bis heute. Nur der digitale Behördenfunk (TETRA-BOS) wurde inzwischen fast flächendeckend ausgebaut. Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehren funken längst digital.
Leerrohre "verschossen"
Die private Konkurrenz der Telekom machte sich im Odenwaldkreis ans Werk. Eine Baufirma schoss im Auftrag neue Leerrohre für Glasfaserleitungen durch den Untergrund. Auch da, wo kurz zuvor die Telekom bereits auf gleiche Weise eigene Leitungen erfolgreich verlegt hatte. Die Konkurrenz "traf" dabei unter anderem den Keller einer Metzgerei, welche wegen "überraschendem Hochwasser" ihren Laden zeitweise schließen musste. Ein historischer Quellen-Brunnen sei zeitweise unterbrochen gewesen, an anderer Stelle wurden Keramik-Abwasser-Rohre von Privathäusern "erwischt", hört man aus eingeweihten Kreisen. Dinge, die jeder Baufirma passieren können, aber dennoch ärgerlich sind.
Einige Zeit lang existierten Telekom- und ENTEGA-Anschlüsse friedlich parallel. Viele angesprochene Kunden blieben bei der Telekom, vermutlich weil sie deren Angebote schon nutzten oder kannten.
Konkurrenz will Vectoring im Nahbereich
Nun beantragte ENTEGA den Ausbau mit VDSL Vectoring auch im Nahbereich des örtlichen Hauptverteilers (Hvt) und gewann diese Ausschreibung gegenüber der Telekom. Solche Fälle sind in Deutschland eher selten und daher ungewohnt. Der Hintergrund: Bei der Vectoring-Technologie für schnelleres Internet über Kupferkabel muss ein Betreiber alle Leitungen eines Kabelbündels "kennen", um Störungen auf den benachbarten Kabeladern wieder herausrechnen zu können. Die logische Folge: Konkurrierende Betreiber müssen daher weichen.
Dort, wo die Telekom den Vectoring-Ausbau "gewinnt", muss sie zu regulierten Preisen ihren Wettbewerben sofort ein Großhandels-Internetprodukt anbieten. Liegt der Fall aber andersherum, kann der private Anbieter mit der Deutschen Telekom ebenfalls eine Belieferung aushandeln, muss es aber offenbar nicht. Da der Fall "Telekom kauft fremdes Vorprodukt" ein auch für die Telekom eher Neuland ist (hier ein bereits existierendes Beispiel), müssen die Abläufe (Prozesse) erst Stück für Stück frisch aufgesetzt werden, was erfahrungsgemäß dauern und zunächst fehleranfällig sein kann. Auf Nachfrage von teltarif.de sowohl bei der Deutschen Telekom als auch bei ENTEGA waren bisher nur ausweichende Antworten zu bekommen. Eine Belieferung sei durchaus angedacht, hieß es, müsste aber noch im Detail verhandelt werden. Konkrete Termine wurden nicht genannt.
So gaben selbst die Kundenberater in den Telekom-Shops enttäuschten Kunden den Rat: "Ob und wann das was wird, wissen wir nicht. Dann wechseln Sie halt zur ENTEGA, sie können bei uns sofort aus dem Vertrag". Denn Telekom hatte ja eine Kündigung ausgesprochen.
Nun kommen wir zu den ersten vier Fällen, in denen sich die Kunden auf einen Wechsel zur ENTEGA einließen - dabei gab es in drei Fällen unvorhergesehene Probleme und Versorgungs-Unterbrechungen.