Ausprobiert

Android Auto: Telefon, Navi, Messa­ging und Multimedia

Mit Android Auto lassen sich Smartphone-Inhalte auch auf das Display eines geeigneten Autos bringen. Wir haben die Auto-Integration für Android-Smartphones ausprobiert.
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Android-Smartphones bieten seit einiger Zeit eine optimierte Benutzeroberfläche zur Nutzung im Auto. Dabei lassen sich allerdings nicht alle auf dem Handy installierten Anwendungen nutzen, sondern nur diejenigen Anwendungen, die Google für geeignet hält. Android Auto, wie sich das mobile Software-Angebot nennt, kann direkt auf dem Smartphone genutzt werden. Bei vielen neueren Fahrzeugen oder nachgerüsteten Autoradios gibt es auch die Möglichkeit einer Integration in die bereits vorhandene Car-HiFi-Anlage.

Grundsätzlich steht Android Auto auf Smartphones mit dem Google-Betriebssystem zur Verfügung, auf denen mindestens Android 5.0 (Lollipop) installiert ist. Google selbst empfiehlt Handhelds, auf denen Android 6.0 (Marshmallow) oder eine höhere Firmware-Version installiert ist. Die Android-Auto-App kann kostenlos aus dem Google Play Store heruntergeladen werden.

Android-Auto-Startmenü Android-Auto-Startmenü
Foto: teltarif.de
Nach dem ersten Start der Anwendungen fordert Android Auto Berechtigungen an, die zur Benutzung der Features erforderlich sind. Auch der Benachrichtigungszugriff muss gewährt werden. Wird das Handy per Bluetooth mit der Freisprecheinrichtung im Auto gekoppelt, so lässt sich in den Einstellungen auch festlegen, dass die Android-Auto-App automatisch gestartet wird, sobald die Verbindung hergestellt wird.

Nutzung direkt über das Car-HiFi-System

Ist das im Auto vorhandene Car-HiFi-System für Android Auto geeignet, so kann das im Wagen vorhandene Display die Darstellung der Inhalte übernehmen, die ansonsten in der Android-Auto-App auf dem Handy zu sehen wären. Dazu muss zwischen Smartphone und Auto eine USB-Kabelverbindung hergestellt werden.

Übernimmt der Bordcomputer die Anzeige, dann ist auf dem Handy-Display nur noch der Hinweis zu sehen, dass gerade Android Auto genutzt wird. Weitere Funktionen stehen erst dann wieder zur Verfügung, wenn die Verbindung getrennt wird. Das ist insofern etwas unpraktisch, als dem Anwender so beispielsweise auch die Möglichkeit genommen wird, WLAN ein- oder auszuschalten oder andere Grundfunktionen zu nutzen.

Startmenü von Android Auto

Medienwiedergabe und Benachrichtigungen Medienwiedergabe und Benachrichtigungen
Foto: teltarif.de
Das Startmenü von Android Auto zeigt in der Regel den nächstliegenden Ort, die aktuelle Temperatur, Tageshöchst- und Tiefsttemperatur und die Wetterlage (sonnig, bewölkt, Regen etc.) an. Wir hatten im Test zwischenzeitlich das Problem, dass die Temperaturen in Fahrenheit statt Celsius angezeigt wurden. Das ließ sich über die Sprachsteuerung ("O.K. Google, zeige die Temperatur in Celsius an") lösen.

Etwas hartnäckiger war da schon das Problem, dass die Wetterlage auf Englisch angezeigt wurde (während der Rest von Android Auto weiterhin in deutscher Sprache genutzt werden konnte). Eine Möglichkeit zur Umstellung auf Deutsch haben wir nicht gefunden und auch der im Internet kursierende Tipp, den Cache-Speicher der App zu löschen, brachte keinen Erfolg. Irgendwann wechselte die Anzeige von selbst wieder auf Deutsch. Im laufenden Betrieb werden auch Benachrichtigungen, Anrufe, gerade laufende Musik- oder Radiostreams etc. auf dem Homescreen von Android Auto dargestellt.

Navigation mit Google Maps

Eine der Kernfunktionen von Android Auto ist die Integration von Google Maps für die Navigation. Das klappte im Test gut. Die Features sind ähnlich wie von der Maps-App auf einem Android-Smartphone auch ohne die für die Nutzung im Fahrzeug optimierte Darstellung gewohnt. Auch die aktuelle Verkehrslage wird bei der Routenberechnung berücksichtigt.

Navigation mit Google Maps Navigation mit Google Maps
Foto: teltarif.de
Die Integration von Google Maps inklusive der Navigation ist allerdings auch ein Nachteil von Android Auto, denn die Nutzer sind auf genau diese Anwendung festgelegt. Google lässt für die Android-Benutzeroberfläche, die für den Einsatz im Kraftfahrzeug optimiert ist, keine anderen Navi-Apps zu. Wer lieber TomTom, Navigon oder eine andere Anwendung einsetzen würde, hat dazu über Android Auto keine Chance.

Defizite im Telefon-Menü

Das Auto-Menü bietet darüber hinaus Zugriff auf die Telefonschnittstelle des Smartphones. Darüber lassen sich Anrufe führen und empfangen. Die jeweils letzten Verbindungen sind auf einen Blick zu sehen, sobald das Telefon-Menü geöffnet wird. Dazu sind "auf einen Klick" die Mailbox und die entgangenen Anrufe ersichtlich und nicht zuletzt hat der Nutzer Zugriff auf das Tastenfeld, um manuell eine Rufnummer zu wählen.

Dem Telefon-Menü fehlt allerdings der Zugriff auf das gesamte auf dem Handy gespeicherte Adressbuch. Per Sprachsteuerung lassen sich Gespräche zu allen gespeicherten Rufnummern führen. Kompliziert wird es aber, wenn zu einem Kontakt gleich mehrere Telefonnummern gespeichert wurden. Wer merkt sich schon, welche Nummer mit welchem Begriff verknüpft wurde, sodass man den richtigen Anschluss auswählt.

Google sollte die Telefonfunktion nachbessern und zumindest nach Auswahl des Gesprächspartners auf dem Display die zur Verfügung stehenden Rufnummern anzeigen. Der Anwender könnte durch einen Klick auf den Touchscreen oder einen erneuten Sprachbefehl den Anschluss auswählen, der schlussendlich angerufen werden soll.

Messaging über WhatsApp und Telegram

Die Telefonschnittstelle bei Android Auto Die Telefonschnittstelle bei Android Auto
Foto: teltarif.de
Ein ähnliches Problem gibt es auch bei der mit Android Auto ebenfalls möglichen sprachgesteuerten Messenger-Nutzung. "Sende eine WhatsApp-Nachricht an XY" funktioniert, sofort, wenn zu XY nur eine Handynummer gespeichert ist. Wurden im Telefonbuch aber mehrere bei WhatsApp registrierte Rufnummern hinterlegt, so liest einem der Google Assistant diese vor und der Nutzer müsste die Nummern, an die die Mitteilung gesendet werden soll, wiederholen.

Wohl kaum jemand kennt diese mit Länderprefix und Vorwahl zwölfstellige Zahlenkombination auswendig. Im Endeffekt scheitert der Versand der Chat-Botschaft. Auch hier wäre eine grafische Darstellung auf dem Display mit Auswahlmöglichkeit über den Touchscreen die elegantere Lösung. Workaround: Für XY gleich mehrere Datensätze anlegen, die sich eindeutig unterscheiden lassen - etwa XY Handy, XY Zweitnummer usw.

Abseits dessen funktioniert der Chat beispielsweise mit WhatsApp und Telegram über Android Auto problemlos - und ohne die Hand vom Lenkrad zu nehmen. Nachrichten lassen sich vorlesen und direkt per Sprachbefehl beantworten. Dabei zeigte sich in Langzeittest, dass der Google Assistant selbst schwierige Begriffe fast immer korrekt erkennt. Zur Sicherheit wird die Nachricht vor dem Absenden noch einmal vorgelesen, sodass der Nutzer zwischen "Senden" und "Ändern" wählen kann.

Multimedia: Webradio und Musik-Streaming im Auto

Ein weiteres Feature bei Android Auto sind Webradio- und Musik-App. Dabei gelten allerdings ähnliche Einschränkungen wie für die Navigation, denn längst nicht alle auf dem Handy installierten Musik-Anwendungen sind über die Auto-Benutzeroberfläche verfügbar. Außen vor bleiben generell Apps, die über die APK-Datei und am Google Play Store vorbei installiert wurden.

Streaming-Apps im Auto-Menü Streaming-Apps im Auto-Menü
Foto: teltarif.de
Wir haben den Test mit dem amerikanischen Webradio- und Musikportal iHeartRadio gemacht. Die APK-Datei ist über eine Google-Suche leicht zu finden. Nach der Installation konnten wir die App direkt auf dem Smartphone nutzen, nicht aber mit Android Auto. Wir haben das Programm wieder gelöscht und aus dem Google Play Store erneut installiert (nur mit amerikanischem Google-Konto und mit amerikanischer IP-Adresse möglich, wenn die Anwendung nicht zuvor schon im deutschen Google-Konto vorhanden war - etwa durch eine frühere Installation, die in den USA durchgeführt wurde). Nun war iHeartRadio im Musik-Menü von Android Auto verfügbar und konnte demnach auch genutzt werden.

Neben Google Play Musik sind unter anderem auch Amazon Music, Spotify oder Deezer bei Android Auto verfügbar. Allerdings müssen sich Interessenten mit einem zum Teil abgespeckten Menü und Funktionsumfang zufriedengeben. So findet man die Fußballübertragungen bei Amazon Music zwar direkt am Smartphone, nicht aber bei Darstellung über Android Auto.

Radio.de fehlt bei Android Auto

Für Internetradio-Fans stehen TuneIn Radio und der Radioplayer.de zur Verfügung, nicht aber beispielsweise Radio.de. Zudem fehlt beim Radioplayer.de die Möglichkeit, auf das gesamte Senderverzeichnis zuzugreifen. Stattdessen können nur die vom Nutzer selbst zuvor festgelegten Favoriten, Programme aus der Nähe des jeweils aktuellen Aufenthaltsorts und empfohlene Stationen aufgerufen werden.

Als reiner Musik-Player steht VLC über Android Auto bereit. Für Podcasts sind unter anderem BeyondPod, Pocket Casts und Podcast Republic mit der Auto-Oberfläche kompatibel. Einige andere im Google Play Store verfügbare Anwendungen fehlen dagegen. Auch Apps wie die ARD Audiothek oder Smartphone-Programme einzelner Radiostationen sind bei Android Auto nicht zu finden.

Sicherheits-Feature könnte kontraproduktiv sein

Spotify-Wiedergabe im Auto Spotify-Wiedergabe im Auto
Foto: teltarif.de
Google versucht außerdem, dafür zu sorgen, dass der Nutzer nicht zu sehr von seiner eigentlichen Aufgabe, der sicheren Fahrt im Straßenverkehr, abgelenkt wird. Ein längeres Scrollen durch Spotify-Playlisten oder durch eine Senderliste bei TuneIn Radio ist nicht möglich. Stattdessen wird die Bedienung mit dem Hinweis "aus Sicherheitsgründen angehalten" unterbunden.

Unter dem Strich könnte diese Funktion aber sogar genau das Gegenteil von dem bewirken, was die eigentliche Absicht von Google ist. Zum einen könnte ja auch der Beifahrer die Bedienung von Android Auto übernehmen, zum anderen wird der Anwender, der Radio 123 hören möchte, sicher darauf achten, wann die Menüführung wieder freigegeben ist, sodass der gewünschte Sender aufgerufen werden kann - so ist der Fahrer aber unter Umständen noch länger als eigentlich nötig vom Straßenverkehr abgelenkt. Unverständlich ist zudem, dass die Sicherheitsfunktion auch im Stand greift - dabei müsste Google über GPS ja jederzeit feststellen können, ob das Auto gerade steht oder fährt.

Android Auto hat sich im Test im Alltag durchaus bewährt. Die Navigation mit Google Maps funktioniert tadellos und die Integration von Spotify und TuneIn Radio direkt ins Car-HiFi-System macht wirklich Spaß. So ist es vom Handling her kaum noch ein Unterschied, ob ein Programm über DAB+, UKW oder eben via TuneIn Radio aus dem Internet empfangen wird.

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