Einfache Updates

Project Treble für Android: Experiment fördert Großes zu Tage

Seit jeher haben OEM-Hersteller von Android-Smartphones mit dem Problem der zeitnahen Updates zu kämpfen. Genau da soll Project Treble ansetzen - und konnte bereits in einem Versuch zeigen, welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben.
Von Stefan Kirchner

Android-Update Google bereitet mit Project Treble einen interessanten Weg, der enormes Potenzial besitzt
Grafik/Logo: Google, Montage: teltarif.de
Google hat bereits seit Jahren ein ziemlich großes Problem: Die Fragmentierung der Android-Plattform. Obwohl in schöner Regelmäßigkeit eine neue Android-Version vorgestellt wird, landet diese vergleichsweise spät auf den ersten Geräten - wenn überhaupt. Insbesondere Mittelklasse-Geräte, Einsteiger-Smartphones und ältere Top-Modelle sehen nicht immer das neuste Update, geschweige denn kurz nach dessen Vorstellung.

Huawei Mate 9

Genau da soll Project Treble ansetzen, womit vereinfacht gesagt das Kernsystem von Android so abgekapselt wird, dass es weniger stark von spezifischen Hardware-Treibern und den Anpassungen der Hersteller abhängig ist. Google könnte im Idealfall quasi ein neues Upgrade unabhängig vom Hersteller verteilen, während diese noch mit ihren eigenen Software-Anpassungen beschäftigt sind.

Ermöglicht wird dies durch die neue Vendor-Implementation-Abstraktionsschicht, die mittels HAL Interface Definition Language zwischen Software und Hardware interagieren kann. Es ist der Versuch, Android als Betriebs­system stärker zu modularisieren.

Soviel zur Theorie hinter Project Treble, doch spannend ist, ob das Konzept auch tatsächlich aufgeht. Zumindest in einem Punkt können die geweckten Erwartungen der Community erfüllt werden und das ist der Aufwand der Portierung für andere Geräte.

Ein Android-System für alle

Android-Update Google bereitet mit Project Treble einen interessanten Weg, der enormes Potenzial besitzt
Grafik/Logo: Google, Montage: teltarif.de
Einige Entwickler der Smartphone-Community XDA Developers haben es geschafft, ein universelles Android-System basierend auf Project Treble zu erstellen. Für die Tests verwendet wurde dafür das Huawei Mate 9 und der Quellcode von Android 8.0 Oreo aus dem Android Open Source Project, kurz AOSP. Für das Smartphone selbst existiert bisher lediglich eine nicht-öffentliche Beta-Fassung des Updates.

Das wirklich Spannende an der Sache ist, dass exakt diese Image-Datei ohne jegliche Anpassungen auf anderen Geräten funktioniert, namentlich das Honor 8 Pro, Honor 9, Essential Phone und das Xperia XZ1 Compact. Jedes dieser Geräte arbeitet mit zum Teil komplett unterschiedlicher Hardware, vor allem aber mit verschiedenen Prozessoren (HiSilicom Kirin und Qualcomm Snapdragon).

Jedoch gibt es eine grundlegende Voraussetzung, damit die Sache auch funktioniert: Das jeweilige Smartphone, Tablet oder andere Gerät, auf dem Minimum Android 8.0 Oreo als Betriebssystem läuft, muss für Project Treble aktiviert sein. Glücklicher­weise hat Google dies als Grund­voraussetzung für jedes neue Gerät vorgeschrieben, dass mit Android 8.0 Oreo oder neuer ab Werk verkauft wird. Für ältere Geräte, die Android 8.0 lediglich als Update erhalten, ist dies Sache der Hersteller. Grund dafür ist, dass der interne Speicher anders partitioniert werden muss, damit Project Treble funktioniert.

Interessant ist dabei anzumerken, dass das Huawei Mate 9 als auch das Essential Phone und einige Xperia-Smartphones von Sony mit dem Oreo-Beta-Update für Project Treble freigeschalten werden. Es gibt also ein kleines Entgegenkommen seitens der Hersteller, nachdem zuletzt die Systeme immer stärker gegen Modifikationen verschlossen wurden.

Was bedeutet das jetzt wirklich?

Natürlich wird bei solchen Erfolgs­meldungen gleich davon ausgegangen, dass Google das Problem mit der Fragmentierung tatsächlich in den Griff bekommen könnte. Dennoch gibt es einige Aber, die gegen eine Verbesserung auf kurze Sicht sprechen.

Zum einen ist die Verpflichtung, Project Treble fest zu unterstützen zwar löblich, aber eben auch nicht sofort bindend für einen Hersteller. Denn an den Eigenheiten wie der Samsung Experience - ehemals TouchWiz - der LG UX, Emotion UI von Huawei/Honor oder anderen tief­greifenden Funktionen können OEM-Partner nach wie vor arbeiten. Das heißt, dass der Aufwand für Hersteller deutlich größer wird und zumindest anfangs durchaus zu erheblichen Bugs führen kann. Voraus­gesetzt, Google kümmert sich tatsächlich selbst um die Verteilung neuer Android-Versionen und nicht wie bisher der jeweilige Smartphone-Hersteller.

Außerdem ist noch nicht geklärt, wie universell solch ein Universal-Image letzten Endes tatsächlich ist. Faktoren wie Display­auflösung, Kamera-Module mit einer oder zwei Linsen, Speicher­konfiguration, neue proprietäre Funktionen wie der aufkommende Trend von KI-Coprozessoren oder Dinge wie Modularität - siehe die Moto Mods von Motorola - spielen eine nicht unerhebliche Rolle, die es zu beachten gilt.

Am ehesten profitieren können davon tatsächlich Entwickler von Custom ROMs, denn deren Arbeit wird durch Project Treble erheblich erleichtert. War bisher Reverse Engineering von geschlossenen Hardware-Treibern für Kamera, WLAN, Bluetooth, Fingerabdruck­sensoren und anderen Komponenten wesentlicher und vor allem mühseliger Anteil, wird dies entfallen. Bestes Beispiel ist das Huawei Mate 9 für den Versuch: Das einfache AOSP-Image war innerhalb eines Tages erstellt und funktionierte ohne größere Probleme.

Der vielleicht größte limitierende Faktor am Ende ist die Server-Kapazität, die Google bereitstellen müsste, sollte sich der Konzern selbst um die Verteilung kümmern. Immerhin würden dann sofort Millionen von Nutzern zeitgleich auf die Server zugreifen und diese sofort in die Knie zwingen. Von daher ist davon auszugehen, dass die Verteilung von Android selbst in der Hand der Hersteller bleibt - mit dem Unterschied, dass neue Android-Versionen deutlich schneller auch bei den Nutzern ankommen.

Lesen Sie in einem weiteren Beitrag, für welche Geräte ein Update auf Android 8.0 Oreo geplant oder sogar schon verfügbar ist.

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