Android O

Editorial: Warten und Bangen aufs nächste Update!?

Warum ist die Update-Versorgung bei Android-Geräten weiterhin so schlecht? Und was würde eine bessere Update-Versorgung den Smartphone-Herstellern für Vorteile bringen?
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Update-Ärger bei Android Update-Ärger bei Android
Foto: teltarif.de
Jedes Jahr im Herbst das gleiche Spiel: Es wird eine neue Android-Version vorgestellt und damit beginnt das bange Hoffen und Warten, ob und wann auch das eigene Smartphone ein Update erhält. Denn selbst wenn der Hersteller beim Release eines bestimmten Gerätes versprochen hat, dieses noch auf Android O upzudaten, bedeutet das noch lange nicht, dass dieses auch wirklich passiert. Und selbst wenn das Update kommt, kann es wochen- oder gar monatelang verzögert sein.

Nun gibt es genau einen Handy-Hersteller, der eine im Vergleich dazu vorbildliche Update-Politik fährt: Er präsentiert sein Betriebssystem-Update im Spätfrühling, stellt dann den ganzen Sommer über Beta-Versionen für die Entwickler bereit und verteilt pünktlich im Herbst seine Updates. Selbst bei Geräten, die vor vier Jahren vorgestellt wurden, darf der Kunde bei diesem Hersteller noch Updates erwarten, auch wenn diesen Herbst das "Billig-Gerät" von vor vier Jahren kein Update mehr erhalten wird, das ebenso alte Top-Gerät aber sehr wohl.

Der genannte Hersteller vereint zugleich so gut wie alle Gewinne der Smartphone-Branche auf sich. Er hat inzwischen eine viertel Billion (kein Übersetzungsfehler!) Dollar an "Bar"rücklagen angehäuft, und der Firmenwert, in den nicht nur die Rücklagen, sondern auch der Wert der Marke und künftige Gewinnerwartungen eingehen, bewegt sich stramm auf die Billionenmarke zu. Die anderen Smartphone-Hersteller stellen zwar nach Stückzahlen vielfach mehr Geräte her, aber unterm Strich bleibt bei diesen kaum Gewinn übrig. Insbesondere Samsung verdient sehr gutes Geld mit Smartphone-Komponenten - Displays, Speicherchips, Prozessoren und Akkus - aber kaum Geld mit der Integration dieser Komponenten zu den eigenen Smartphones.

Je länger es Updates gibt, desto wertvoller ist ein Smartphone

Update-Ärger bei Android Update-Ärger bei Android
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Technologisch sind die Top-Smartphones von Samsung, Huawei & Co. denen von Apple zumindest ebenbürtig. Bei der Ausstattung mit Speicher, Sensoren und Schnittstellen liegen die Androiden sogar klar vorn. Viele technologische Trends der letzten Jahre, insbesondere randlose Displays, Fingerabdrucksensoren auf der Rückseite oder Iris-Scanner, wurden vom Android-Lager gesetzt, nicht von Apple. Mit dem kommenden Jubiläums-iPhone wird Apple wahrscheinlich auch endlich zu den von Samsung schon seit vielen, vielen Jahren verwendeten und besonders blickwinkelstabilen OLED-Displays wechseln.

Warum ist dennoch das nicht mal ein halbes Jahr alte Samsung Galaxy S8 bei großen bekannten Händlern (MediaMarkt, Amazon original) für 580 Euro zu haben, während man bei windigen eBay- oder Amazon-Marketplace-Händlern bestellen muss, um das fast ein Jahr alte Apple iPhone 7 überhaupt für knapp unter 600 Euro zu erhalten? Nun, ich denke, die Verfügbarkeit von Updates ist hier einer der wesentlichen Unterschiede, dass die Kunden das iPhone als werthaltiger empfinden: Beim iPhone 7 wird der Kunde, selbst wenn er es heute kauft, so gut wie sicher die nächsten vier großen iOS-Updates pünktlich einspielen können, möglicherweise sogar die nächsten fünf oder gar sechs. Beim Galaxy S8 wird der Kunde wahrscheinlich nur das erste Android-Update halbwegs zeitnah erhalten. Schon das nächste Update - Android P - werden nach den bisherigen Erfahrungen mit Geräten der Galaxy-S-Serie die S8-Besitzer erst mit erheblichen Verzögerungen erhalten. Das übernächste Jahr anstehende Upgrade auf Android Q werden die S8-Nutzer vermutlich nicht mehr erhalten. Da die Kunden beim iPhone erwarten, es länger benutzen zu können, sind sie auch bereit, mehr dafür auszugeben.

Natürlich würde es Samsung - oder jeden anderen Android-Hersteller - viel Geld kosten, wenn sie sich entscheiden würden, künftig Updates für drei bis vier Jahre statt der bisher ein bis zwei Jahre bereitzustellen, und das gleich in doppelter Hinsicht: Zum einen entstehen erhebliche IT-Kosten für die Portierung der neuen Android-Versionen auf die alten Geräte. Zum anderen sind zumindest anfangs Rückgänge bei den Verkäufen der Nachfolgemodelle zu erwarten - schließlich funktionieren ja die Vorgänger dank der Updates noch gut! Mittelfristig ist aber zu erwarten, dass die Geräte eines Herstellers mit verbesserter Update-Politik im Schnitt länger genutzt und von den Käufern als wertvoller empfunden werden. Das sollte es diesem Hersteller ermöglichen, künftig höhere Preise am Markt zu erzielen und so langfristig die Marge zu steigern!

Prinzipielle Gründe, dass neue Android-Versionen auf alten Smartphones nicht mehr laufen, scheint es nicht zu geben. Das von Freiwilligen aktuell gehaltene LineageOS bietet selbst für das betagte Samsung Galaxy S II ein Update auf das aktuelle Android an. Auch wenn dieses dann sehr langsam läuft: Besser ist es allemal, auf ein aktuelles System zu wechseln, als ein altes System mit hunderten bekannten und aktiv ausgenutzten Sicherheitslücken weiterzubenutzen.

Vermarktungsende = Updateende?

Derzeit scheint es, dass Android-Smartphones in etwa so lange geupdated werden, wie die Geräte auch aktiv vermarktet werden. Das Zeitfenster zwischen Verfügbarkeit einer neuen Android-Version und dem Ausrollen der Updates für ein noch vermarktetes Smartphones scheint dabei um so länger zu werden, je niedriger der Verkaufspreis liegt. Ziel dieser Strategie ist es natürlich, die Händler vor Ärger durch aufgebrachte Kunden zu schützen, die schon kurz nach dem Kauf eines "neuen" Handys feststellen müssen, dass sie in Wirklichkeit ein veraltetes Gerät erworben haben.

Sobald aber Geräte aus der Vermarktung gehen, gibt es den Druck der Händler nicht mehr. Dann sind die Kunden auf sich alleine gestellt, und müssen leider ziemlich oft feststellen, dass das eben noch als "Schnäppchen" in einer Abverkaufaktion erworbene Gerät nie ein Update sehen wird. Dass ist sehr, sehr schade für die Kunden!

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