Gewinn

Editorial: 1 Billion Dollar

Das Guthaben des einen sind die Schulden des anderen: Die Folgen von Apples Erfolg für das Gemeinwesen
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Geldscheine Ein klitzekleiner Bruchteil von einer Billion.
@ ril---Fotolia.com
Eine Billion US-Dollar sind alle Apple-Aktien derzeit zusammen an der Börse wert - zumindest, so lange niemand auf die Idee kommt, diese alle gleichzeitig zu verkaufen, denn dann könnte der Wert wieder etwas sinken. Mit Apple hat erstmalig überhaupt ein Konzern die Billionengrenze nachhaltig überschritten. Doch Apple ist keineswegs allein: Amazon (895 Milliarden US-Dollar), Alphabet/Google (852 Milliarden US-Dollar) und Microsoft (826 Milliarden US-Dollar) sind nicht weit entfernt.

Ein Grund für diese gewaltigen Werte sind sprudelnde Gewinne bei zugleich insgesamt niedrigen Zinsen, die das Geld der Anleger zu den Tech-Werten treiben. Dennoch stellt sich die Frage, wie der Wert von Apple so hoch schießen konnte, da der Erfolg des Konzerns inzwischen auf nur noch so gut wie einem Produkt beruht, dem iPhone. Die Android-Konkurrenz, insbesondere das Samsung Galaxy S9 Plus und das Huawei P20 Pro, ist technisch deutlich überlegen.

Doch während die Verkaufszahlen des S9 Plus schwächeln und man dieses schon für unter 700 Euro bei namhaften Händlern erhalten kann, und auch das P20 Pro nur knapp über 700 Euro liegt, ist es weiterhin schwierig, das iPhone X für unter 1000 Euro zu bekommen. Angebote auf Ebay, wo der Händler darauf verweist, gemäß § 25a UstG der Differenzbesteuerung zu unterliegen, und keine Mehrwertsteuer auszuweisen, liegen zwar preislich etwas unter der tausend-Euro-Grenze, lassen aber auf Grauware aus dubiosen Importkanälen schließen.

Trotz der hohen Preisunterschiede verkauft Apple jedoch mehr iPhone X, als die Top-Modelle der Konkurrenten sogar zusammen verkauft werden. Entsprechend sprudeln die Gewinne von Apple - und tröpfeln dazu im Vergleich die der anderen Samrtphone-Hersteller. Zwar bleibt Samsung als Trost, viele Komponenten des iPhone X zu liefern, allen voran das hochwertige OLED-Display. Den Großteil der Marge streicht aber Apple ein, nicht Samsung.

Zweischneidiger Smartphone-Boom

Geldscheine Ein klitzekleiner Bruchteil von einer Billion.
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Politiker und Menschenrechtler, die um die nachhaltige Entwicklung weltweit besorgt sind, sehen den Smartphone-Boom so auch zwiespältig. Auf der einen Seite hat die Verfügbarkeit schneller Netze und günstiger Smartphones (die nicht von Apple kommen) in den letzten Jahren dazu beigetragen, den "digital divide" zu verringern. Gerade in den weniger entwickelten Ländern ist es für die allgemeine Bevölkerung heute viel einfacher, auf den riesigen Wissensschatz des Internets zuzugreifen als noch vor zehn oder gar 20 Jahren.

Auf der anderen Seite steigt die Ungleichheit und viele Menschen stehen vor den iPhone-Vitrinen in den Läden, wohl wissend, dass sie sich dieses Luxus-Phone nie werden leisten können. Und selbst die, die es sich leisten können, zahlen mit dem Kauf auf das Bankkonto von Apple ein, auf dem sich inzwischen über eine Viertelbillion US-Dollar gesammelt hat. Dieses Geld wird damit zugleich dem allgemeinen Wirtschaftskreislauf entzogen. Schlimmer noch: Da das Geld in Summe aller Guthaben und Schulden null ergibt, müssen zum Ausgleich anderswo die Schulden steigen. Derzeit sind es vor allem die Staaten (ausgenommen Deutschland), die den schwarzen Peter auf sich nehmen, ihren Schuldenstand erhöhen und damit frisches Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen, damit dieser nicht zum Erliegen kommt.

Zum Ausgleich müssten die Staaten eigentlich diese gewaltigen Vermögen besteuern, deren Entstehung sie über ihre Schuldenpolitik überhaupt erst ermöglicht haben. Da das Wort "Vermögenssteuer" bei den Wählern aber dank einschlägiger Lobbyarbeit nicht gut ankommt, setzen die Staaten inzwischen stattdessen auf Geldentwertung zum Ausgleich: Statt "Geldstabilität" wird inzwischen ausdrücklich eine "leichte Inflation" als Ziel verfolgt. Letztere belastet freilich alle Bürger und Betriebe, nicht nur die besonders Vermögenden.

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