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Quam: Einstellung des Netzbetriebes entlastet Mobilfunkhändler nicht

Urteil: Versprochene Einmalzahlungen müssen geleistet werden
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Ein interessantes Urteil hat ein Leser von teltarif.de erstritten: Der Mobilfunkhändler INWA muss ihm 529 Euro zuzüglich der Anwalts- und Gerichtskosten sowie Zinsen für Mobilfunk-Verträge bezahlen, die Bekannte von ihm im Frühjahr 2002 für das Netz von Quam geschlossen hatten. Obwohl zwischenzeitlich der Netzbetrieb von Quam eingestellt wurde, verpflichtete der Richter den Mobilfunkhändler INWA, die seinerzeit beim Vertragsabschluss getroffenen Zusagen einzuhalten. Der Leser hatte sich die Forderungen gegen Inwa von seinen Freunden abtreten lassen.

Zur Geschichte: Im Frühjahr 2002 bot der damals noch junge Netzbetreiber Quam zwei interessante Aktionstarife ein: Bei gleichzeitigem Abschluss eines Haupt- und eines Partnervertrages bekam man für beide die vollen Vorteile, z.B. je ein subventioniertes Handy, zahlte für den Partnervertrag aber nur die halbe Grundgebühr. Bei der Online-Variante der Tarife sollte man bis Ende 2002 sogar gar keine Grundgebühr bezahlen, als Gegenleistung dafür, dass man auf eine Rechnung in Papierform verzichtete. Kombinierte man beide Aktionen, bekam man zwei Verträge und zwei Handys, musste aber faktisch nur die Grundgebühr von einem Vertrag bezahlen.

Vertrag faktisch ohne Grundgebühr, mit Handy

Diverse Mobilfunkhändler, unter anderem auch Inwa, boten nun an, bei der Bestellung eines solchen "Quam-Doppels" statt der Lieferung des zweiten Handys eine üppige Auszahlung an den Kunden vorzunehmen. Diese reichte oft, um die kompletten Grundgebühren für beide Verträge für die Laufzeit abzudecken. Im Fall von Inwa sollten die Kunden die Barzahlung jeweils erhalten, nachdem sie die erste Rechnung von Quam erhalten hatten, und eine Kopie davon an Inwa geschickt hatten.

Es kam dann alles anders, als geplant. Im Herbst 2002 entschied Quam, den Netzbetrieb einzustellen. In der Folge weigerte sich auch Inwa, die versprochenen Barauszahlungen weiterhin vorzunehmen, mit dem Hinweis, dass der Kunde keine Kosten mehr hätte, da dieser wegen dem eingestellten Netz keine Grundgebühren mehr bezahlen müsse. Unser Leser vertrat hingegen die Auffassung, dass Quam seine Provisionen an Inwa bezahlt hätte, und dieser diese auch wie vereinbart an den Kunden weitergeben müsse. Inwa berief sich hingegen auf §313 Abs. 1 BGB, der die Änderung von Verträgen bei Wegfall bzw. Störung der Geschäftsgrundlage regelt.

Die Gerichtsentscheidung

Das Gericht schloss sich vollumfänglich der Rechtsauffassung unseres Lesers an. Zu dem Einwand mit §313 Abs. 1 BGB führt es aus, dass dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Bedingung für die Zahlungsanspruch sei allein der Abschluss eines entsprechenden Mobilfunkvertrages gewesen. Wörtlich heißt es: "Wenn ein Mobilfunknetzbetreiber aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten den Netzbetrieb einstellt, so ist dies ein Umstand, der nicht in den Risikobereich der Mobilfunkkunden fällt". Das Aktenzeichen lautet 35 C 212/03 (E) beim Amtsgericht Fulda.

Auswirkungen

Das Urteil lässt sich sicherlich auch auf viele andere Quam-Verträge übertragen. Wer damals beim Vertragsabschluss mit Quam bestimmte Leistungen erhalten hat (Handy, Barauszahlung, MP3-Player etc.) darf diese behalten. Wem Leistungen versprochen wurden, diese aber nicht bekommen hat, kann diese noch nachfordern. Wer sich mit dem Hinweis auf §313 Abs. 1 BGB dazu überreden ließ, ein Handy zurückzugeben oder nachträglich zu bezahlen, bzw. eine Auszahlung zurückzuzahlen, kann Geld bzw. Handy wieder einfordern.

Anders dürfte die Situation jedoch sein, wenn mit dem Händler statt einer Einmalzahlung eine Grundgebührenerstattung vereinbart wurde. Grundgebühren, die nicht bezahlt werden mussten, weil Quam den Betrieb einstellte, können grundsätzlich auch nicht erstattet werden. Im Zweifelsfall kommt es auf die genaue Formulierung im Vermittlungsvertrag mit dem Händler an.

Wer sein Geld oder die Ware noch nachfordert, sollte allerdings bedenken, dass einige der Mobilfunk-Händler, die besonders eifrig Quam-Pakete verkauften, inzwischen insolvent sind. Hier könnte das Aufsetzen entsprechender Briefe per Einschreiben-Rückschein oder die Erhebung von Klage bewirken, dass man sprichwörtlich "gutes Geld dem schlechten Geld hinterherwirft". Ist der Händler aber noch am Markt tätig, kann sich eine Klage tatsächlich lohnen, wie die Erfahrung unseres Lesers beweist.

Weiterhin muss erwähnt werden, dass es sich hier nur um das Urteil eines Amtsgerichts handelt. Andere Amtsgerichte könnten anders urteilen. Da der Streitwert in den einzelnen Fällen meist um die 200 bis 300 Euro liegt, ist es wahrscheinlich, dass die Amtsgerichte die Berufung jeweils nicht zulassen. Damit wird aber auch eine grundsätzliche Klärung vor den höheren Gerichten verhindert.