Bis zum bitteren Ende: Friedens-Angebot abgelehnt
Canisiusstrasse 21 in Mainz. Hier findet das echte Game of Thrones statt. Runde 336 und kein Ende in Sicht.
Foto: Henning Gajek / Teltarif.de
Vor etwa zwei Monaten, am 19. März, hat die Versteigerung der neuen Frequenzen, die auch für 5G geeignet sind, in Mainz begonnen. Befragte "Experten" tippten vorher auf 2-3 Milliarden, anhand der lebhaften Diskussion über Sinn und Zweck einer teuren Auktion gingen Beobachter davon aus, dass die Geschichte möglichst schnell und kostengünstig über die Bühne gehen würde. Das ist alles Geschichte.
Inzwischen wurde Runde 337 ausgeläutet und es ist kein Ende in Sicht. Im Gegenteil: Die Uhren stehen bei 5,831 Milliarden Euro.
Komplizierte Kommunikation
Canisiusstrasse 21 in Mainz. Hier findet das echte Game of Thrones statt. Runde 336 und kein Ende in Sicht.
Foto: Henning Gajek / Teltarif.de
Die Kommunikation zwischen den Bietern darf nur über das Setzen oder Zurückziehen von Angeboten erfolgen. Direkte Gespräche sind streng untersagt. Schnell war klar, wie die Verteilung bei 2,1 GHz aussehen könnte, nur auf 3,6 GHz möchten mindestens die Telekom und wohl auch Vodafone neu Frequenzblöcke haben, nur dafür ist bei 29 möglichen Blöcken gar kein Platz. Letzte Woche hatte 1&1 Drillisch nun ziemlich überraschend einen Frequenzblock freigegeben und damit den anderen Bietern die Möglichkeit zum Beenden der Auktion gegeben. Doch die wollten das "Angebot" nicht annehmen.
Streit um 3,6 GHz
Zwei Frequenzbereiche stehen zur Disposition: 2,1 GHz. Hier laufen seit der legendären und teuren Auktion im Jahre 2000 überwiegend UMTS-(3G)-Sender, mit abnehmender Tendenz. Auf 2,1 GHz tauchen immer mehr LTE-Stationen auf.
Bei der aktuellen Frequenzversteigerung sind aber die funktechnisch anspruchsvollen 3,6-GHz-Frequenzen sehr gefragt. So bekämpfen sich die vier Bieter Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica (o2) und 1&1 Drillisch seit Wochen im 3,6-GHz-Bereich. Hier fehlt aber ein Block, um alles gleichmäßig aufteilen zu können. Bislang wollte keiner der vier beteiligten Bieter nachgeben.
Am vergangenen Freitag hätte das Ende der Auktion eingeläutet werden können. 1&1 Drillisch hatte überraschend sechs Blöcke im 3,6-GHz-Bereich freigeben. Damit standen 10 MHz, um die sich zuletzt vor allem die Deutsche Telekom und Vodafone gestritten haben, wieder zur Verfügung. Alternativ hatte 1&1 Drillisch anschließend auf einen Block im 2-GHz-Bereich geboten, den zuletzt Vodafone für sich vereinnahmen konnte.
Frequenzauktion zieht sich wie Kaugummi
Dieses Angebot von Drillisch hätte das Potenzial gehabt, das Ende der Frequenzauktion einzuleiten. Allerdings spielten weder die Telekom noch Vodafone mit. Statt auf die freigewordenen 10 MHz im 3,6-GHz-Band zu bieten, sorgte Vodafone dafür, dass der nun von 1&1 Drillisch anvisierte 2-GHz-Block wieder nach Düsseldorf ging. Im 3,6-GHz-Bereich kämpften Telekom und Vodafone um andere Blöcke und ließen die frei gewordenen 10 MHz regelrecht links liegen.
„Hintergrund dürfte sein, dass die von 1&1 zunächst freigeräumten Blöcke rund 10 Millionen Euro teurer sind und die Bieter zunächst versuchen, sich die günstigeren Blöcke zu sichern“, vermutet heise.de. Wie lange dieses Spiel noch gehen wird? Keine Ahnung. Die Auktion wird erst dann enden, wenn keine Gebote mehr eingehen.
Mittlerweile haben die Einnahmen bereits alle Erwartungen überschritten. Die Bundesregierung hatte mit 3 bis 5 Milliarden Euro gerechnet. Aktuell liegt der Erlös bei 5,831 Milliarden Euro. Die permanent steigenden Kosten sehen verschiedene politische Parteien, aber auch viele Verbraucher und Nutzer in Foren immer kritischer.
Kampf der Alphatiere?
Man könnte meinen, dass in Mainz die Alphatiere das Sagen haben. Da wurde die Zahl 9 als Maß aller Dinge festgelegt, aber 29 geteilt durch vier ist nun mal 7 Rest 1. Also müssten die restlichen Anbieter mit zusammen 20 Blöcken zufrieden sein, damit einer von ihnen die gewünschten 9 Blöcke bekommen könnte. Das Ergebnis von Runde 336 lautete 9 7 7 6 (Telekom, Vodafone, Telefónica, Drillisch) und würde die aktuelle Marktmacht widerspiegeln. Aber Vodafone will sich damit wohl nicht abfinden und nach Runde 337 steht es auf wieder einmal auf 8 8 7 6. Nur: Für die Telekom scheint alles unter 9 nicht im eigenen Programmheft zu stehen. Also bieten sich alle Parteien bis zu ihren internen streng geheimen Limits.
Das Ziel lautet Vernichtung?
Vielleicht ist das Kalkül, dass einer der vier Anbieter doch noch die Flucht aus Mainz antritt und danach die 29 Blöcke (eigentlich sind es sogar 30, weil ein Doppelblock dabei ist) unter den drei verbliebenen Bewerbern verteilt werden könnte? Wären 3 x 9 Blöcke - mit dem Doppelblock und dem Rest für jeden sogar 10 Blöcke. Zu welchem Preis das am Ende passieren könnte, wissen wir nicht.
Diese "Vernichtungsstrategie" hatte 2000 schon am Ende funktioniert: Bei 50 Milliarden Euro Ergebnis war es den Bietern "Mobilcom-Multimedia" (genauer der daran beteiligten France-Telecom) zu teuer geworden und Group-3G (die später Quam) aus finnischer Sonera und spanischer Telefónica (heute o2) gab nach etwa einem Jahr Probebetrieb schließlich auch auf. Die spätere Fusion von E-Plus und o2 wurde in Mainz im Jahre 2000 quasi schon "vorbereitet".
Ein Problem ist bereits jetzt klar sichtbar: Nach der Auktion wird wieder kein Geld für einen vernünftigen Netzausbau da sein. Möglicherweise erleben wir eine erneute Fusion oder die Zerschlagung oder spätere "Auflösung" eines beteiligten Unternehmens?
Die Politik hat im Vorfeld die Nachricht nicht verstanden oder sich nicht getraut, das französische Modell (Lizenzen für wenige Euro und rechtsgültige Verträge mit verbindlichen Ausbauvorschriften, andernfalls Lizenzentzug und Strafen) umzusetzen.