Praxistest

AVM FRITZ!Box 6890 LTE auf Landpartie

Seit Ende letzten Jahres ist FRITZ!Box 6890 LTE im Handel. Sie ist AVMs Topmodell fürs Internet via Mobilfunk, kommt aber auch mit DSL der gängigen Geschmacksrichtungen klar. Der Hersteller hat uns ein Exemplar zum Testen zur Verfügung gestellt und wir haben die Box weitergereicht an einen Haushalt, der von schnellem Internet derzeit nur träumen kann.
Von Jan Rähm

Außerhalb Berlins beginnt das Land der weißen Flecken. Zwar ist Brandenburg im bundesweiten Vergleich nicht das Schlusslicht beim Breitbandausbau, doch gerade in den kleinen Örtchen auf dem Lande ist schnelles Internet Mangelware. Unsere AVM FRITZ!Box 6890 LTE fand ihr vorübergehendes Zuhause in Ostbrandenburg, wo via Telefonkabel maximal 1,5 Mbit/s im Download durch die Leitung tröpfeln. Beim Upload wird es noch trauriger. Mit maximal 0,03 MBit/s versuchen die Daten den Weg ins weltweite Netz anzutreten. Angesichts der unterirdischen Leitungskapazität fiel der Blick schon lange auf die Verfügbarkeit von LTE.

Frontansicht der FRITZ!Box 6890 LTE Die FRITZ!Box 6890 LTE kommt wie die 7590 mit dem neuen weißen Gehäusedesign
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Die FRITZ!Box 6890 LTE ist eng verwandt mit dem aktuellen AVM-Flaggschiff FRITZ!Box 7590. Die grundlegenden technischen Daten samt Unterstützung für VDSL inklusive Supervectoring 35b sind nahezu identisch. WLAN ist nach 802.11ac an Bord mit theoretischen Bandbreiten bis 1733 + 800 Mbit/s. Auch die Telefonfunktionen gleichen sich. Beide Boxen nehmen noch analoge und ISDN-Leitungen entgegen und verteilen intern wahlweise auf zwei analoge Telefone und einen S0-Bus, der auch den Anschluss einer Telefonanlage erlaubt. Aus Platzgründen hat die 6890 LTE jedoch nur je eine TAE- und RJ11-Buchse. Die DECT-Basis für bis zu sechs Telefone steckt in beiden Boxen. Für verkabelte In-House-Vernetzung bieten die Boxen vier Gigabit-LAN-Ports. Die Verbindung zu Glasfaser-Modems oder anderen Netzen gelingt über eine Gigabit-WAN-Schnittstelle.

Was bei der 6890 LTE im Speziellen interessiert, sind die Daten zum mobilen Internetzugang. Hier bietet die Box ein LTE-Modem der Klasse 6 mit bis zu 300 Mbit/s. Im 3G-Netz sind immerhin noch bis 24 Mbit/s, mit HSPA+-Unterstützung 42 Mbit/s möglich. Die Box funkt in auf den LTE-Bändern 1 (2100 MHz), 3 (1800 MHz), 7 (2600 MHz), 8 (900 MHz) und 20 (800 MHz). Mitgeliefert werden zwei Mobilfunkantennen, die sich via SMA-Anschluss auch gegen andere kompatible (Außen-) Antennen tauschen lassen.

Flexibler Einsatz

Mit dieser Ausstattung sind mehrere Einsatzszenarien theoretisch denkbar: So kann die Box allein am xDSL-Anschluss betrieben werden oder mit Funk-Unterstützung als Rückfalllösung, falls die physische Leitung einmal ausfällt – oder natürlich auch andersherum mit primärer LTE-Nutzung und xDSL als Fallback. Der vierte Betriebsmodus ist die ausschließliche Nutzung über Mobilfunk. Ein hybrider Einsatz, wie ihn einige Speedport-Geräte der Telekom ermöglichen, unterstützt die FRITZ!Box 6890 LTE (noch) nicht.

Rückansicht der FRITZ!Box 6890 LTE Der rückwärtige USB-Anschluss und ein analoger Telefon-Anschluss mussten weichen, um den Antennen und dem SIM-Karten-Einschub Platz zu schaffen. Zum 2018er Mobile World Congress MWC hat der Hersteller angekündigt, dies in einer künftigen FritzOS-Version zu ermöglichen. Auf dem Kongress in Barcelona zeigt AVM eine 6890 LTE, die gleichzeitig Mobilfunk und DSL nutzt. Entsprechende Mobilfunk- und DSL-Tarife vorausgesetzt, sollen so unter optimalen Bedingungen summierte Datenraten von bis zu 600 Mbit/s im Downstream möglich sein. Mit dem neuen System rechnet AVM im 2. Quartal dieses Jahres.

Wir haben für unseren Test nur ein Szenario im Sinn: Endlich schnelles Internet per Mobilfunk. Um Weihnachten herum war es so weit und wir platzierten die 6890 LTE im Dachstuhl eines Einfamilienhauses auf dem flachen Brandenburger Land. Nach dem Öffnen der Verpackung lassen wir die mitgelieferten Kabel für xDSL und Telefon links liegen. Die Antennen dagegen schrauben wir an die Rückseite der 6890 LTE. Über der rechten Antenne schieben wir die SIM-Karte (Mini-Format) in den Router. Dann noch das Netzkabel mit Box und Steckdose verbinden und die 6890 LTE bootet.

Assistierter Start

Screenshot der Begrüßung durch den Einrichtungsassistenten. Bei der Einrichtung der FRITZ!Box unterstützt ein Assistent den Anwender. Die Inbetriebnahme der 6890 LTE ist AVM-typisch auch für Laien unproblematisch machbar. Der Einrichtungsassistent leistet (meist) gute Arbeit und leitet uns durch die einzelnen Schritte. Zuerst wählten wir die Art des Zugangs – in unserem Fall also per LTE. Dann fragt die FRITZ!Box die PIN für die SIM-Karte ab. Danach ist durchaus Zeit für einen schnellen Kaffee. Die Suche nach verfügbaren Netzen und das Einbuchen ins eigene Netz dauert. So zählte unsere Stoppuhr bei Inbetriebnahme fast fünf Minuten. Später suchten wir aus dem entsprechenden Untermenü heraus erneut nach Netzen und mussten dafür zwischen drei und vier Minuten warten. Danach allerdings, nachdem wir den ermittelten Netzbetreiber bestätigt hatten, ließ uns der Assistent im Stich. Er wollte unbedingt wissen, wie wir telefonieren wollen. Eine Option, keinen analogen oder digitalen Telefonanschluss zu hinterlegen, fehlt schlicht. So waren wir gezwungen, den Assistenten an dieser Stelle abzubrechen, was aber nicht weiter dramatisch war – die „Funk-Leitung“ stand, wir konnten ins Internet. Manuell meldeten wir die Box noch bei MyFritz an. Man weiß ja nie, ob man nicht aus der Ferne doch noch einmal nachjustieren muss. Kurzer Test vor Ort: MyFritz funktioniert. Den NAS-Teil, die Smarthome- und die Telefonie-Funktionen spielen für diesen Feldtest keine Rolle.

Nach erfolgreicher Inbetriebnahme und einer kurzen Einweisung lassen wir die temporären Nutzer mit der 6890 LTE allein. Wir wollen von Zeit zu Zeit einen Blick auf die Nutzungsgewohnheiten werfen, doch das scheitert, weil der Fernzugang über das Mobilfunknetz nicht möglich ist. Hier kommt eine Eigenheit der Mobilfunker zum Tragen: Anders als bei xDSL-Anschlüssen bekommen wir keine externe IP, sondern nur eine netzinterne zugewiesen. Diese kann der MyFritz-Dienst nicht bis ins Mobilfunknetz auflösen und so bleibt uns der direkte Weg zur Box versperrt. Der direkte Zugang wäre lediglich über einen Umweg möglich, wenn nämlich die FRITZ!Box über die integrierte VPN-Funktionalität sich per VPN-Tunnel mit einem unserer Netze verbinden würde. Dann könnten wir über diesen Tunnel auf die Box zugreifen.

Besser, aber nicht perfekt

Screenshot des Onlinemenüs der FRITZ!Box 6890 LTE Eingebucht bei voller HSPA+-Leistung im 3G-Netz Der Zwei-Personenhaushalt nutze die LTE-FRITZ!Box wie die reguläre Anbindung und „verbriet“ das Inklusivvolumen innerhalb kürzester Zeit. Das war nun auch deutlich schneller möglich, lagen im Download doch je nach Netz nominell 36 Mbit/s im LTE-Netz und sogar 42 Mbit/s im 3G-Netz an. Der Upload unter LTE wurde von der Box mit 14 Mbit/s respektive 5,76 Mbit/s unter 3G angezeigt. Die per Speedtest über WLAN gemessenen Werte variierten zwischen knapp 7 Mbit/s im Down- und 3,2 Mbit/s im Upload und etwas über 10 Mbit/s Down- und 4,5 Mbit/s im Upstream. Aussage der Testnutzer: Erstaunlich wie schnell Seiten laden können. Umso mehr schmerzte der harte Anschlag: Als das inkludierte Datenvolumen aufgebraucht war, musste entweder per super langsamem Drossel-Funk oder super langsamen DSL gesurft werden. Bei den Testnutzern hinterließ das einen schalen Nachgeschmack.

Die angezeigten wie auch die gemessenen Werte sind im Vergleich zu Verbindungen in gut erschlossenen Gegenden zwar nicht berauschend, aber: Der nutzbare Download im Haushalt hatte zumindest bis zum Erreichen der Volumenbegrenzung ganz grob gerundet fast verzehnfacht. Der Upload hatte sich sogar beim mehr als 151-fachen eingependelt. Wie der Blick auf die verfügbaren Netze zeigte, wäre im Netz eines anderen Netzbetreibers eventuell sogar noch mehr drin gewesen.

Vielfalt in der Großstadt

Screenshot des Onlinemenüs der FRITZ!Box 6890 LTE Mehrere Netze alle aktiven Netzanbieter sind verfügbar. Nach dem Abbau der FRITZ!Box 6890 LTE auf dem flachen Land stellten wir sie in Berlin außerhalb des S-Bahnrings erneut auf und ermittelten die Netzqualität. Zwar zeigte die Box jetzt 72 Mbit/s im Down- und 28 Mbit/s im Upload an, die gemessenen Werte konnten mit die Nominalwerte jedoch nicht annähernd erreichen. Ein Vergleichstest mit einem iPhone 7 zeigte ähnlich schlechte Werte. Eindeutig liegt das Redaktionsbüro außerhalb des Highspeed-LTE-Ausbaugebietes des Anbieters. Schade, denn wir hätten gern die LTE-Leistungsfähigkeit der FRITZ!Box getestet.

Fazit

Die FRITZ!Box 6890 LTE bietet AVM-typisch hohe Qualität bei gleichzeitig sehr einfacher Bedienung. Je nach Netzanbieter kann sie durchaus als Alternative zum langsamen DSL-Anschluss dienen. Mit Außenantennen wären eventuell noch ein paar Mbit/s mehr in beide Richtungen drin gewesen. Doch dann wäre das sehr knapp bemessene Inklusivvolumen nur noch schneller aufgebraucht gewesen. Daraus ziehen wir die Lehre: Wenn LTE als DSL-Ersatz, dann nur mit Datenvolumen satt. An der FRITZ!Box soll’s nicht scheitern.

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