Digitalisierung, Breitbandausbau & Co.: Das fordern die Grünen zur Wahl
Zur Bundestagswahl 2017 treten wieder etliche Parteien an und wollen die Bürger von sich überzeugen. Jede Partei hat dabei ihre Kernthemen, wo sie sich zu Hause fühlt und was die Partei eigentlich ausmacht.
In einer Artikelserie nimmt teltarif.de die Programme der etablierten Parteien unter die Lupe und fasst zusammen, was CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die AfD zu Netzausbau, Mobilfunkversorgung, selbstfahrenden Autos und Datenschutz zu sagen haben. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das 248 Seiten starke Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen.
Green IT und Vorratsdatenspeicherung
Bei den Grünen spielen Themen wie Digitalisierung und Breitbandausbau eher eine untergeordnete Rolle, da diese Themen erst zum Ende des Wahlprogramms 2017 angesprochen werden. So will die Partei Bündnis 90/Die Grünen die Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft mit klaren Regeln definieren und lenken. Auf lange Sicht sollen die Vorteile einer Digitalwirtschaft nicht nur einigen Wenigen der Wirtschaft zugutekommen, sondern der ganzen Bevölkerung. Zusätzlich sollen der Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte erheblich gestärkt sowie die Machtkonzentration im Internet auf wenige Großkonzerne durchbrochen werden.
Worin sich die Partei wiederum profiliert, ist die gezielte Förderung von Green IT. Darunter verstehen die Grünen nicht zwingend Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Solarstrom, sondern eine effizientere Verwaltung von Unternehmen. Als konkretere Beispiele werden Videokonferenzen statt Geschäftsreisen genannt, Home-Office statt Pendler oder Verkehrsströme ganz einfach digital effizienter zu koordinieren und zu lenken.
Wichtig ist den Grünen wiederum, dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung aller deutscher Bundesbürger eingestellt wird. Wenn dann sollten etliche Hundert Personen, bei denen auch ein tatsächlicher Verdachtsfall besteht, überwacht werden mit verhältnismäßigem Einsatz von Ressourcen. Videoüberwachung und automatisierte Gesichtserkennung lehnen die Grünen hingegen konsequent ab. Stattdessen sollte die Polizei mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet werden, um überhaupt effektiv und zielgerichtet Gefahren abwehren und bekämpfen zu können. Dazu gehört unter anderem auch ein rechtsstaatlicher Rahmen, der möglichst exakt und deutlich formuliert ist.
Datenschutz und Kommunikation
Wogegen sich die Grünen sträuben, sind die großen US-Konzerne wie Google oder Facebook, wo Millionen Datensätze von Nutzern auf Servern außerhalb der EU gespeichert und für eigene Interessen verwertet werden. Daher fordern die Grünen, dass jeder Nutzer sehen muss, welche Daten über ihn erhoben und mit wem geteilt werden. Zusätzlich sollte das Recht, dieser Datenverwertung widersprechen zu können, gegeben sein. Das gelte insbesondere für Gesundheitsdaten, die mit Blick auf Big Data und den Möglichkeiten davon entsprechend rechtsstaatlich geschützt werden müssten. Das Recht für kostenlose Auskunft, Änderung und bei Bedarf Löschung der personenbezogenen Daten müsse jederzeit gewährleistet sein. Die Zentrale des Unternehmens und damit den Rechtsstand ins Ausland zu verlagern, darf dabei keine Hürde sein. Weder in Europa noch weltweit. Ein Ansprechpartner in Deutschland sollte daher verpflichtend sein.
Interessant wird der Punkt der Wahlfreiheit bei der digitalen Kommunikation. So fordern die Grünen, dass Kommunikationsplattformen interoperabel konstruiert werden müssen, dass Nutzer je nach Bedarf zwischen einzelnen Anbietern wechseln können. Bei Telefon, SMS und E-Mail geht es schließlich auch, so die Argumentation der Grünen. Das eine technische Umsetzung der Forderung nicht oder kaum möglich ist, erübrigt sich vermutlich. Außerdem sollen Nutzer wieder Herr über ihre Geräte werden und bei Bedarf die Software ohne Konsequenzen austauschen können, sofern es keine Updates für die Firmware mehr gibt. Stichwort Android-Smartphones und das Versprechen, mindestens zwei Jahre lang Updates bereitzustellen - wenn überhaupt.
Breitband, 5G und digitale Kunst
Damit eine moderne Zivilgesellschaft nicht abgehängt wird, braucht es schnelles Internet. Der Breitbandausbau soll nach Vorstellungen der Grünen vor allem auf Glasfaser basieren und das ganz konkret nach dem FTTB-Modell direkt bis an die Haustür. Eine öffentliche Netzgesellschaft soll dabei den flächendeckenden Ausbau schneller voranbringen, was wiederum durch den Verkauf von Aktienanteilen des Bundes an der Deutschen Telekom mit geschätzten 10 Milliarden Euro Volumen finanziert werden kann. Im Endeffekt werde damit der Ausbau von Glasfasernetzen auch auf dem Land attraktiver gemacht.
Im selben Atemzug unterstützen die Grünen die Förderung von 5G-Netzen und den Aufbau eines flächendeckenden kostenlosen WLAN-Netzes in Deutschland. Dem geht eine Abschaffung der Störerhaftung und damit rechtssichere Rahmenbedingungen für WLAN-Betreiber voraus. Wesentlicher Bestandteil davon ist eine klare Netzneutralität, die verstärkt im mobilen Internet durchgesetzt werden soll, womit beispielsweise StreamON der Deutschen Telekom gemeint sein dürfte. Echte Netzneutralität ohne Wenn und Aber sehen die Grünen als Grundvoraussetzung für fairen Digitalhandel. Kurzum, man will einen barrierefreien und schnellen Zugriff auf das Internet, egal ober per Festnetz oder Mobilfunk.
Außerdem soll das Urheberrecht an die modernen Anforderungen angepasst werden, gerade was digitale Inhalte anbelangt. Digitale Güter sollen bei Ausleihe und Weiterveräußerung nicht schlechter dargestellt werden als ihre analogen Gegenstücke. Auch sollen Künstler ihre Rechte und Ansprüche an ihren digitalen Werken besser durchsetzen können, sowohl national als auch international. Das umfasse auch wissenschaftliche Werke sowie Lehrmaterialien, die nach dem Open-Access-Prinzip möglichst allen und möglichst kostengünstig zur Verfügung stehen müssten. Eine faire Vergütung der Rechteinhaber solcher Lehrmaterialien soll dabei nicht zu kurz kommen. Mit Blick auf die Digitalisierung des kulturellen Erbes soll die Gemeinfreiheit erhalten bleiben.
Hass im Netz
Geradezu brandaktuell ist das Thema von Hass und Hetze in Online-Portalen wie Facebook. Dort wird gegen Minderheiten und Andersdenkende immer offener gehetzt und einzelne Nutzer bedroht. Dem kommen Justizbehörden und Polizei nicht mehr hinterher, die Täter bleiben öfters unbestraft. Betreiber der Plattformen sollen daher nach den Vorstellungen der Grünen stärker in die Pflicht genommen werden, schnell und effektiv offensichtlich strafrechtswidrige Inhalte zu finden und zu löschen. Das zieht die Forderung nach Dokumentation dieser gelöschten Inhalte nach sich, sowie eine inländische Kontaktstelle für Anfragen der Strafverfolgungsbehörden inklusive angemessener Reaktionsfristen für die Löschung.
Jedoch befürworten die Grünen, dass die Anonymität und Pseudonyme von Online-Angeboten nicht abgeschafft werden dürfen, da dies einer freien Meinungsäußerung im Netz im Wege steht. Ein durchaus schmaler Grat zwischen freier Meinungsäußerung und zensierten Inhalten.
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