Serien im Streaming: Binge-Watching am Ende?
Kiefer Sutherland als Präsident Tom Kirkman in "Designated Survivor"
Foto: Netflix
Netflix gilt quasi als Mutter des Binge-Watching und lockte damit zahlreiche Kunden auf die eigene Plattform. Aus gutem Grund, denn wahre Serienfans schauen schließlich besonders gerne alle Folgen einer Serie am Stück.
Die Zeiten, in denen man sich für teures Geld komplette Staffeln von Breaking Bad oder Game of Thrones auf Blu-ray kaufen musste, sind dank der US-Streamer mittlerweile Geschichte. Oder vielleicht doch nicht? Es ist auffällig, dass die großen Dienste ihre Strategie geändert haben. Viele Serien erscheinen nun mit deutlich weniger Staffeln, und einzelne Folgen werden nur noch im Wochenrhythmus online gestellt. Wir haben uns die aktuelle Praxis bei den SVoD-Services einmal näher angeschaut.
Netflix
Kiefer Sutherland als Präsident Tom Kirkman in "Designated Survivor"
Foto: Netflix
Bei Netflix zeigt sich ein deutlicher Trend, bestellte Serien oft schon nach der dritten Staffel abzusetzen. Ein gutes Beispiel hierfür ist "Designated Survivor" mit Kiefer Sutherland als Präsident Tom Kirkman in der Hauptrolle. Beim deutschen Publikum kam der Polit-Thriller besonders gut an, die ersten beiden Staffeln wurden noch von der Disney-Tochter ABC produziert, Netflix verlängerte schließlich um eine weitere Staffel mit zehn Folgen und stellte die Serie schließlich endgültig ein, worauf viele Fans entsprechend verschnupft reagierten.
Richtig geärgert hatten sich zahlreiche Netflix-User auch über das abrupte Ende der dunklen Comedy "Santa Clarita Diet" mit Drew Barrymore und Timothy Olyphant in den Hauptrollen. Die Serie wurde nämlich nicht nur nach drei Staffeln von Netflix abgesetzt, zum Schluss gab es auch noch einen Cliffhanger, bei welchem man definitiv mit einer weiteren vierten Staffel gerechnet hätte.
Prime Video
Amazon zeigt sich zwar bei den Staffelproduktionen etwas kulanter als Netflix, dafür tritt man bei den Veröffentlichungszeiträumen einzelner Folgen auf die Bremse. Ein Beispiel ist die zweite Staffel der Horror-Serie "The Purge", welche im Wochenrhythmus online gestellt wird. Eines der aktuell beliebtesten Prime Originals ist "Goliath". Die Drama-Serie von Star-Produzent David E. Kelley um Anwalt Billy McBride (gespielt von Billy Bob Thornton), geht mit Sicherheit noch in eine vierte Runde, spätestens dann wird Amazon vermutlich aber ebenfalls den Stecker ziehen.
Doch auch bei anderen aktuellen Produktionen fallen kürzere Staffeln deutlich ins Auge. So schickte der US-Versandriese seine sehr erfolgreiche Science-Fiction Serie "The Expanse" kürzlich in eine vierte Runde, mit Staffel 5 dürfen Fans ebenso rechnen. Allerdings war auch hier in der vierten Staffel bereits nach zehn Folgen Schluss, was vermutlich bei einigen Fans für Enttäuschung sorgte.
Sky
Bei Sky muss man zunächst zwischen den klassischen Studio-Serien von HBO sowie selbst produzierten Sky Originals unterscheiden. Während der Pay-TV-Sender natürlich auf die erste Gruppe von Serien wenig eigenen Einfluss hat, sieht das bei den eigenen Produktionen, wie beispielsweise "Gomorrha" oder "Babylon Berlin" natürlich etwas anders aus.
Jedoch scheint auch hier eher "Kurz und Knapp" die Devise zu sein. Man setzt in Unterföhring auf das Prinzip Miniserie. So kam "Das Boot" lediglich mit acht Folgen daher, auch hat man mit zwei Staffeln nicht gerade das ganz große Rad gedreht. Anders sieht es bei der hochkarätigen Produktion "Gomorrha" aus, welche von Sky Italia ins Rennen geschickt wurde. Immerhin ist man hier mit vier Staffeln dabei, was auch für Sky mit einem durchaus erhöhten Produktionsaufwand verbunden sein dürfte.
Fazit
Es ist paradox: Der Wettbewerb unter den Streaming-Diensten wird härter, und gerade deshalb laufen immer mehr Originals. Gleichzeitig gibt es weniger Staffeln und Folgen, diese werden auch nicht mehr komplett am Stück veröffentlicht. Einerseits ist es natürlich nachvollziehbar, dass Streamer einen Spannungsbogen erhalten und nicht ihr ganzes Pulver mit einer Veröffentlichung am Stück verschießen wollen. Doch andererseits wird man damit auch ganz sicher treue Binge-Watcher vergraulen.
Diese greifen dann am Ende vielleicht wieder zur Blu-ray bzw. DVD-Veröffentlichung, kaufen per VoD-Dienst einen Staffelpass oder ziehen sich die ganze Serie im ungünstigen Falle sogar direkt illegal aus dem Netz. Und das kann eigentlich keinesfalls im Sinne von Netflix, Amazon & Co. sein. So lange das Publikum bei einer Serie treu am Ball bleibt, sollten dies im Idealfall auch die Streaming-Anbieter bzw. Produktionsstudios tun.
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