Offiziell freigegeben: Bodycams für Bayerns Polizei
So sieht eine Bodycam aus. Signalfarbe: Gelb
picture alliance/Peter Kneffel/dpa
Nach einem einjährigen Pilotversuch wird die
bayerische Polizei mit 1400 Körperkameras ausgerüstet. Innenminister
Joachim Herrmann (CSU) gab die Geräte, die an Uniformen befestigt
werden und Einsätze in Bild und Ton aufzeichnen können, für
den bayernweiten Einsatz frei. Die Bodycams hätten sich
hervorragend bewährt: "Aufgrund der deutlich erkennbaren
Videoaufzeichnung besteht eine höhere Hemmschwelle, Polizeibeamte
anzugreifen", erklärte Herrmann. "Wir erhoffen uns durch die Nutzung
von Bodycams mehr Schutz für unsere Polizistinnen und Polizisten."
Die Kameras werden nach Worten Herrmanns im uniformierten Streifendienst sowie bei den Einsatzeinheiten der Polizeipräsidien und der Bereitschaftspolizei eingeführt. Dabei bekomme aber nicht jeder Beamte eine Kamera, sondern es gebe eine Pool-Lösung bei den Dienststellen. Die Kosten für die Kameras samt Halterungen, für eine spezielle Auswertesoftware und eine besondere Server- und Speichertechnik sollen bei rund 1,8 Millionen Euro liegen. Die Auslieferung der Geräte soll Anfang 2020 abgeschlossen sein.
Manuelle Aktivierung erforderlich
So sieht eine Bodycam aus. Signalfarbe: Gelb
picture alliance/Peter Kneffel/dpa
Die Kameras nehmen nicht automatisch alles auf. Sie können von den
Polizeibeamten aber jederzeit aktiviert werden - "wenn eine Einsatz-
oder Kontrollsituation zu eskalieren droht", erklärte Herrmann. Der
Beamte entscheide über die Aktivierung wegen der Umstände, etwa bei
einem unkooperativen oder aggressiven Verhalten. Geregelt ist dies im
bayerischen Polizeiaufgabengesetz: Demnach sind Aufnahmen zulässig,
wenn dies "zum Schutz von Polizeibeamten oder eines Dritten vor
Gefahren für ein bedeutendes Rechtsgut erforderlich ist".
Rund 300 Polizeibeamte in Augsburg, München und Rosenheim hatten ein Jahr lang verschiedene Bodycam-Modelle getestet. In 954 Fällen seien die Kameras aktiviert worden, davon 888 Mal zur Gefahrenabwehr, berichtete Herrmann. In gut einem Viertel dieser Fälle habe sich eine spürbar deeskalierende Wirkung gezeigt. "Damit trägt die Bodycam objektiv zum Schutz der eingesetzten Polizistinnen und Polizisten bei." Zudem unterstützten die Geräte die Aufklärung von Straftaten. Die Kameragehäuse werden für die bayerische Polizei in gelber Signalfarbe produziert. Damit sei die Bodycam in Kombination mit einem Hinweisschild sofort für jedermann erkennbar, sagte Herrmann.
Kritik vom Datenschutzbeauftragten
Der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri kritisierte den Einsatz von Bodycams bei der Polizei. Damit werde in die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürger eingegriffen, weil jeder auf der Straße mit aufgenommen werden könne, sagte Petri dem Bayerischen Rundfunk (BR). Zwar gebe es im neuen Polizeiaufgabegesetz klare Vorgaben für den Einsatz von Bodycams. "Allerdings ist diese Vorschrift nicht frei von verfassungsrechtlichen Bedenken."
Als Beispiel nannte Petri den Einsatz in Wohnungen. Das sei etwas, was man unter Umständen bei häuslicher Gewalt auch brauche. "Allerdings hätte man dann laut Grundgesetz eine richterliche Anordnung einholen müssen. Und das hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen", erklärte er im BR.
Grünen-Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze betonte: "Bodycams können ein wirksames Mittel sein, um unsere Polizistinnen und Polizisten vor möglicher Gewalt zu schützen und um in schwierigen Situationen für Rechtssicherheit zu sorgen." Das habe der Modellversuch gezeigt. Der Einsatz müsse aber grundrechtskonform erfolgen, bei einem Einsatz in Wohnungen also mit Richtervorbehalt. "Bei Gefahr in Verzug darf die Bodycam ohnehin eingesetzt und nachträglich genehmigt werden - es spricht also nichts dagegen, bei geplanten Durchsuchungen den Einsatz von Bodycams gleich mit zu beantragen", argumentierte Schulze.
Besonderheit in Bayern ist, dass die Aufzeichnungen nicht in einer Cloud (Speicher im Internet) gesichert werden, sondern lokal und verschlüsselt auf Servern der jeweiligen Polizeidienststellen. Die Speicherdauer betrage 21 Tage, dann würden die Daten automatisch gelöscht, betonte Herrmann. Anders ist da das Verfahren bei der Bundespolizei.
Speicherung in Amazon-Cloud
Die Bundespolizei hat die Speicherung von Bildaufnahmen von Einsätzen der Beamten auf Servern von Amazon als Übergangslösung verteidigt. Dies sei so lange notwendig, bis bundeseigene und für diesen Zweck geeignete Clouds zur Verfügung stünden, sagte der Sprecher des Bundespolizeipräsidiums, Gero von Vegesack, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Der Sprecher stellte in dem Zusammenhang klar, dass die gefundene Lösung mit Amazon im Vorfeld über mehrere Monate gemeinsam mit dem BSI - letztendlich mit positivem Ergebnis - geprüft worden sei. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser hatte die Nutzung von Servern des Internet-Giganten Anfang März scharf kritisiert und von einem "unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko" gewarnt.
Angesichts der bundesweiten Aufstellung der Bundespolizei mit 475 Dienststellen sei eine zentrale Speicherung der Bilder notwendig, erläuterte Vegesack. Mitunter würden die Beamten der Bundespolizei sehr flexibel und bundesweit eingesetzt. Zudem gebe es weiträumig wechselnde Zuständigkeiten, etwa wenn es um Fußball-Hooligans gehe, die zu einem Bundesligaspiel in eine andere Stadt und anschließend wieder zurück reisten.
"Gerade auch die bahnpolizeiliche Zuständigkeit bringt es mit sich, dass Angehörige unterschiedlicher Dienststellen der Bundespolizei im Bedarfsfall schnell auf das vorliegende Videomaterial zugreifen müssen - etwa um mutmaßliche Straftäter beim Ausstieg am Zielbahnhof schnell identifizieren und festnehmen zu können", so Vegesack weiter.
Daten seien hoch verschlüsselt
Die in der Cloud hinterlegten Aufnahmen seien hoch verschlüsselt und ließen für sich genommen keine Zuordnung zu einzelnen Personen zu. Die Verknüpfung erfolge über eine den Aufnahmen jeweils zugewiesene laufende Nummer erst im internen Vorgangsbearbeitungssystem in der Behörde. Die Speicherfrist für die Bilder beträgt 30 Tage. Länger werden sie nur dann gespeichert, wenn sie als Beweismittel in einem Verfahren dienen. Anders als bei den Länderpolizeien, die vorwiegend lokal oder regional arbeiteten, sei ein lokaler Server daher nicht sinnvoll, sagte der Sprecher. Wenn eine entsprechende Bundes-Cloud mit den notwendigen Dienstleistungen aufgebaut ist, sei eine Migration der Daten möglich. Wann eine solche Bundes-Cloud verfügbar sein könnte, war noch unbekannt.
Bis zum Jahresende sollen rund 1100 Kameras an die Dienststellen ausgeliefert werden. Ende 2020 sollen dann alle 475 Dienststellen mit dann insgesamt 2300 Bodycams ausgerüstet sein.
Die Bilder dienten als Beweismittel bei Straftaten und könnten im Einzelfall auch herangezogen werden, wenn sich Bürger über Fehlverhalten von Beamten beschwerten oder wenn ein entsprechendes Strafverfahren liefe.