Glasfaser-Land Bayern? Nicht so schnell!
Fürackers Lieblingswort ist Glasfaser. „Wir fördern Glasfaserausbau!“, sagte der bayerische Finanz- und Heimatminister auf einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen. Kupferleitungen werden durch Glasfaser ersetzt. „An unserem in Deutschland einzigartigen Förderprogramm beteiligen sich 2018 von 2056 Kommunen“, sagte Füracker in München. „1780 Kommunen haben in über 2760 Förderbescheiden über 1,022 Milliarden Euro Fördermittel erhalten.“
Nur FTTC, kaum FTTB/H
Die Zahlen sind durchaus beeindruckend. Das bayerische Förderprogramm sucht in Deutschland seinesgleichen. Mit Fertigstellung der laufenden Maßnahmen beim Breitbandausbau werden über 99 Prozent der Haushalte in Bayern Zugang zu schnellem Internet haben, heißt es weiter. Mit schnell sind allerdings Geschwindigkeiten zwischen 30 und maximal 50 MBit/s gemeint, denn die Glasfaser, von der Füracker spricht, wurde in den meisten Fällen lediglich bis zum Kabelverzweiger verlegt (FTTC).
In Bayern hat die Deutsche Telekom vielerorts Glasfaser bis zum Kabelverzweiger verlegt. Nur bei wenigen Haushalten für sie bis ans oder gar ins Gebäude.
Deutsche Telekom
Regierungsdirektor Bernd Geisler aus Fürackers Finanz- und Heimatministerium hat in einem Sonderdruck der Bayerischen GemeindeZeitung vom 20. Dezember 2018, 69. Jahrgang, Nr. 24/2018, bereits Angaben zum Breitbandausbau in Bayern gemacht. Die Bayerische GemeindeZeitung erscheint im Verlag Bayerische Kommunalpresse GmbH, Geretsried. Herausgeber ist Stefan Rößle, Landrat Donau-Ries, Landesvorsitzender der KPV Bayern.
Korrektur: Die korrekten Zahlen zum Breitbandausbau in Bayern
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir falsche Zahlen aus der Bayerischen GemeindeZeitung übernommen. Hier folgen nun die korrekten Zahlen. Weiter unten lesen Sie eine Gegendarstellung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat. Wir hatten ursprünglich nur die Zahlen aus der bayerischen Kofinanzierung der Bundesförderung verwendet, nicht aber die Zahlen für das eigentliche bayerische Förderprogramm.
In Bayern hat die Deutsche Telekom vielerorts Glasfaser bis zum Kabelverzweiger verlegt. Nur bei wenigen Haushalten für sie bis ans oder gar ins Gebäude.
Deutsche Telekom
Die Fördersätze der Gemeinden sind laut dem Bericht der Bayerischen GemeindeZeitung abhängig von bestimmten Strukturindikatoren und betragen 60 Prozent, 70 Prozent oder 80 Prozent. In Härtefällen wird ein Fördersatz von 90 Prozent gewährt. Die Förderhöchstbeträge seien abhängig von der Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde. Der niedrigste Förderhöchstbetrag beträgt 500 000 Euro, der höchste 950 000 Euro. Gefördert werden über 733 000 Haushalte, davon 107 000 mit Glasfaseranschluss bis in die Gebäude.
Auch nach der jüngsten Anpassung der Förderrichtlinie des Bundes soll der Zugriff auf Bundesmittel für den Breitbandausbau für bayerische Kommunen attraktiv sein. Hierzu wurde am 1. Oktober 2018 der Förderhöchstbetrag der bayerischen Kofinanzierung verdoppelt. Aktuell werden laut dem Bericht 102 Projekte mit 184 Kommunen mit Bundesmitteln in Höhe von 171,1 Mrd. Euro realisiert. Aus der bayerischen Kofinanzierung wurden bislang 93,5 Mio. Euro zugesichert. Gefördert wurden über 49 000 Hausanschlüsse, davon rund 18 000 mit FTTB. Bundesweit wurden über 2400 Bewilligungen mit 118,4 Mio. Euro an geförderten Beratungsleistungen gewährt, davon in Bayern über 1300 Bewilligungen mit 64,2 Mio. Euro.
Der Anteil der bayerischen Haushalte mit einer Bandbreite von mindestens 30 MBit/s sei von 61 Prozent im Jahr 2013 auf 91,7 Prozent in 2018 gestiegen – ein Plus von 30,7 Prozent. Damit rangiere Bayern auf Platz 1 unter den Flächenländern. Bei einer Bandbreite von mindestens 50 MBit/s sei eine Zunahme von 31 Prozent zu verzeichnen.
Bayerisches Geld geht nach Berlin
In den meisten Fördergebieten kam die Deutsche Telekom zum Zug. Da der Bund immer noch indirekt am Bonner TK-Konzern beteiligt ist, fließen hier Steuergelder von der linken in die rechte Tasche, denn der Bund ist an der Dividende beteiligt, die die Telekom ausschüttet. Aus Sicht der Bayern ist die Sache noch verdrießlicher, denn ihre Steuergelder, mit denen sie das Breitbandförderprogramm im Freistaat finanziert haben, landen so in den Kassen des Bundes.
Immerhin erhalten sie dafür Glasfaser bis zum Kabelverzweiger. Und wenn die Telekom Super-Vectoring einsetzt, steigen die Geschwindigkeiten auf maximal 250 MBit/s. Trotzdem bleibt es bis zum erklärten Ziel einer flächendeckenden, Gigabit-fähigen Infrastruktur noch ein weiter Weg für Bayern. Die Zeit ist knapp, denn FTTB/H für alle will der Freistaat bis 2025 erreichen. Wenn der FTTC-Ausbau bereits mit 1,5 Milliarden Euro gefördert wurde, wie teuer wird dann wohl der Glasfaserausbau bis ans oder ins Gebäude?
Gegendarstellung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat
In Reaktion auf diesen Bericht übersandte uns ein Sprecher des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat die folgende Gegendarstellung zur alten Version des Berichts, die wir hiermit im Wortlaut veröffentlichen:
Zitat: Nach Angaben von Regierungsdirektor Bernd Geisler aus Fürackers Finanz und Heimatministerium wurden bis Ende 2018 nur 49 000 Hausanschlüsse gefördert.
Das ist falsch. Richtig ist, dass Ende 2018 bereits 756 000 Hausanschlüsse im bayerischen Förderverfahren gefördert erschlossen werden.
Zitat: So erhielten in Bayern Ende des vergangenen Jahres 93,7 Prozent der Haushalte mindestens 30 MBit/s und 88,7 Prozent mindestens 50 MBit/s. Damit lag Bayern nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums Ende 2018 im Ländervergleich auf Platz 8.
Das ist falsch. Richtig ist, Bayern liegt bei mind. 30 MBit/s auf Platz zwei der Flächenländer, bei mindestens 50 MBit/s auf Platz 5 der Flächenländer.
Zitat: Laut Geisler wurden nur 18 000 FTTB Anschlüsse gefördert.
Das ist falsch. Richtig ist, dass 121 000 FTTB Anschlüsse gefördert wurden.