Breitband

Glasfaser-Land Bayern? Nicht so schnell!

Beschei­denheit ist nicht gerade eine Tugend, die man den Bayern zuspricht. So verwun­dert es nicht, dass Finanz- und Heimat­minister Albert Füra­cker groß über den Breit­band­ausbau im Frei­staat tönt. Ein Blick hinter die Kulissen offen­bart aber, wie schnell schnell ist.
Von Marc Hankmann

Füra­ckers Lieb­lings­wort ist Glas­faser. „Wir fördern Glas­faser­ausbau!“, sagte der baye­rische Finanz- und Heimat­minister auf einer Pres­sekon­ferenz vor wenigen Tagen. Kupfer­leitungen werden durch Glas­faser ersetzt. „An unserem in Deutsch­land einzig­artigen Förder­programm betei­ligen sich 2018 von 2056 Kommunen“, sagte Füra­cker in München. „1780 Kommunen haben in über 2760 Förder­bescheiden über 1,022 Milli­arden Euro Förder­mittel erhalten.“

Nur FTTC, kaum FTTB/H

Die Zahlen sind durchaus beein­druckend. Das baye­rische Förder­programm sucht in Deutsch­land seines­glei­chen. Mit Fertig­stel­lung der laufenden Maßnahmen beim Breit­band­ausbau werden über 99 Prozent der Haus­halte in Bayern Zugang zu schnellem Internet haben, heißt es weiter. Mit schnell sind aller­dings Geschwin­digkeiten zwi­schen 30 und maximal 50 MBit/s gemeint, denn die Glas­faser, von der Füra­cker spricht, wurde in den meisten Fällen ledig­lich bis zum Kabel­verzweiger verlegt (FTTC).

Telekom Breitbandausbau VDSL Vectoring In Bayern hat die Deutsche Telekom vielerorts Glasfaser bis zum Kabelverzweiger verlegt. Nur bei wenigen Haushalten für sie bis ans oder gar ins Gebäude.
Deutsche Telekom
Regie­rungs­direktor Bernd Geisler aus Füra­ckers Finanz- und Heimat­minis­terium hat in einem Sonder­druck der Baye­rischen GemeindeZeitung vom 20. Dezember 2018, 69. Jahr­gang, Nr. 24/2018, bereits Angaben zum Breit­band­ausbau in Bayern gemacht. Die Baye­rische GemeindeZeitung erscheint im Verlag Baye­rische Kommu­nalpresse GmbH, Gerets­ried. Heraus­geber ist Stefan Rößle, Landrat Donau-Ries, Landes­vorsit­zender der KPV Bayern.

Korrektur: Die korrekten Zahlen zum Breit­band­ausbau in Bayern

Hinweis: In einer früheren Version dieses Arti­kels haben wir falsche Zahlen aus der Baye­rischen GemeindeZeitung über­nommen. Hier folgen nun die korrekten Zahlen. Weiter unten lesen Sie eine Gegen­darstel­lung des Baye­rischen Staats­minis­teriums der Finanzen und für Heimat. Wir hatten ursprüng­lich nur die Zahlen aus der baye­rischen Kofi­nanzie­rung der Bundes­förde­rung verwendet, nicht aber die Zahlen für das eigent­liche baye­rische Förder­programm.

Telekom Breitbandausbau VDSL Vectoring In Bayern hat die Deutsche Telekom vielerorts Glasfaser bis zum Kabelverzweiger verlegt. Nur bei wenigen Haushalten für sie bis ans oder gar ins Gebäude.
Deutsche Telekom
Die Förder­sätze der Gemeinden sind laut dem Bericht der Baye­rischen GemeindeZeitung abhängig von bestimmten Struk­turin­dika­toren und betragen 60 Prozent, 70 Prozent oder 80 Prozent. In Härte­fällen wird ein Förder­satz von 90 Prozent gewährt. Die Förder­höchst­beträge seien abhängig von der Sied­lungs­struktur der jewei­ligen Gemeinde. Der nied­rigste Förder­höchst­betrag beträgt 500 000 Euro, der höchste 950 000 Euro. Geför­dert werden über 733 000 Haus­halte, davon 107 000 mit Glas­faser­anschluss bis in die Gebäude.

Auch nach der jüngsten Anpas­sung der Förder­richt­linie des Bundes soll der Zugriff auf Bundes­mittel für den Breit­band­ausbau für baye­rische Kommunen attraktiv sein. Hierzu wurde am 1. Oktober 2018 der Förder­höchst­betrag der baye­rischen Kofi­nanzie­rung verdop­pelt. Aktuell werden laut dem Bericht 102 Projekte mit 184 Kommunen mit Bundes­mitteln in Höhe von 171,1 Mrd. Euro reali­siert. Aus der baye­rischen Kofi­nanzie­rung wurden bislang 93,5 Mio. Euro zuge­sichert. Geför­dert wurden über 49 000 Haus­anschlüsse, davon rund 18 000 mit FTTB. Bundes­weit wurden über 2400 Bewil­ligungen mit 118,4 Mio. Euro an geför­derten Bera­tungs­leis­tungen gewährt, davon in Bayern über 1300 Bewil­ligungen mit 64,2 Mio. Euro.

Der Anteil der baye­rischen Haus­halte mit einer Band­breite von mindes­tens 30 MBit/s sei von 61 Prozent im Jahr 2013 auf 91,7 Prozent in 2018 gestiegen – ein Plus von 30,7 Prozent. Damit rangiere Bayern auf Platz 1 unter den Flächen­ländern. Bei einer Band­breite von mindes­tens 50 MBit/s sei eine Zunahme von 31 Prozent zu verzeichnen.

Baye­risches Geld geht nach Berlin

In den meisten Förder­gebieten kam die Deut­sche Telekom zum Zug. Da der Bund im­mer noch indi­rekt am Bonner TK-Konzern betei­ligt ist, fließen hier Steu­ergelder von der linken in die rechte Tasche, denn der Bund ist an der Divi­dende betei­ligt, die die Telekom ausschüttet. Aus Sicht der Bayern ist die Sache noch verdrieß­licher, denn ihre Steu­ergelder, mit denen sie das Breit­band­förder­programm im Frei­staat finan­ziert haben, landen so in den Kassen des Bundes.

Immerhin erhalten sie dafür Glas­faser bis zum Kabel­verzweiger. Und wenn die Telekom Super-Vecto­ring einsetzt, steigen die Geschwin­digkeiten auf maximal 250 MBit/s. Trotzdem bleibt es bis zum erklärten Ziel einer flächen­deckenden, Gigabit-fähigen Infra­struktur noch ein weiter Weg für Bayern. Die Zeit ist knapp, denn FTTB/H für alle will der Frei­staat bis 2025 errei­chen. Wenn der FTTC-Ausbau bereits mit 1,5 Milli­arden Euro geför­dert wurde, wie teuer wird dann wohl der Glas­faser­ausbau bis ans oder ins Gebäude?

Gegen­darstel­lung des Baye­rischen Staats­minis­teriums der Finanzen und für Heimat

In Reak­tion auf diesen Bericht über­sandte uns ein Spre­cher des Baye­rischen Staats­minis­teriums der Finanzen und für Heimat die folgende Gegen­darstel­lung zur alten Version des Berichts, die wir hiermit im Wort­laut veröf­fent­lichen:

Zitat: Nach Angaben von Regie­rungs­direktor Bernd Geisler aus Füra­ckers Finanz und Heimat­minis­terium wurden bis Ende 2018 nur 49 000 Haus­anschlüsse geför­dert.

Das ist falsch. Richtig ist, dass Ende 2018 bereits 756 000 Haus­anschlüsse im baye­rischen Förder­verfahren geför­dert erschlossen werden.

Zitat: So erhielten in Bayern Ende des vergan­genen Jahres 93,7 Prozent der Haus­halte mindes­tens 30 MBit/s und 88,7 Prozent mindes­tens 50 MBit/s. Damit lag Bayern nach Angaben des Bundes­verkehrs­minis­teriums Ende 2018 im Länder­vergleich auf Platz 8.

Das ist falsch. Richtig ist, Bayern liegt bei mind. 30 MBit/s auf Platz zwei der Flächen­länder, bei mindes­tens 50 MBit/s auf Platz 5 der Flächen­länder.

Zitat: Laut Geisler wurden nur 18 000 FTTB Anschlüsse geför­dert.

Das ist falsch. Richtig ist, dass 121 000 FTTB Anschlüsse geför­dert wurden.

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