Glasfaser

BREKO: Streit mit der Telekom um die Kabel im Haus

Wem gehört die Inhouse-Verka­belung in Gebäuden? Darf die Netz­agentur der Telekom erlauben, Technik der privaten Konkur­renz "abzu­schalten", wenn die eigene Technik gestört wird?
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Die extreme Hitze­welle der letzten Tage hat seit gestern eine Abschwä­chung erfahren, aber "heiß" könnte es heute in Bonn bei der Bundes­netz­agentur hergehen, wenn ein - aus Laien­sicht - "Luxus­problem" verhan­delt wird.

Das Thema lautet "öffent­liche münd­liche Anhö­rung zum Vertrag über den Zugang zur Teil­nehmer­anschluss­leitung (…)". Das Thema betrifft die Glas­faser­ausbauer in Deutsch­land: Es geht um die vorhan­denen Kupfer-Tele­fonlei­tungen vom Keller eines Gebäudes bis zum jewei­ligen Kunden in die Wohnung oder ins Büro ("Gebäu­dever­kabe­lung").

Das Problem: Die Bundes­netz­agentur unter­stützt mit ihrem Beschluss "BK3e-15-011" den Stand­punkt der Deut­schen Telekom. Danach erhalte die "böse Bonner Konkur­renz" ein "Quasi-Monopol über die soge­nannte Gebäu­dever­kabe­lung, worüber die Kunden vom Zugangs­punkt im Keller aus bis in ihre Wohnungen versorgt werden", schimpft der Bundes­verband Breit­band­kommu­nika­tion (BREKO) in einer Pres­semit­teilung.

Spezi­elles Problem

Auf den letzten Metern kommen sich Glas­faser­anbieter und die in der Regel bereits vorhan­dene Telekom-Instal­lationen (VDSL oder Vecto­ring-VDSL) in die Quere. Da die Telekom das (Vecto­ring-)DSL-Proto­koll fährt (was derzeit maximal 250 MBit/s leisten kann) und die private Konkur­renz den Kupfer-Stan­dard G.fast bevor­zugt, der je nach Kabel­länge 300, 500 MBit/s oder noch wesent­lich mehr schaffen kann, stören sie sich unter bestimmten Voraus­setzungen gegen­seitig.

Der BREKO fordert nun, der höher­wertigen Glas­faser-Tech­nologie, die symme­trische Gigabit-Band­breiten ermög­licht, Vorrang einzu­räumen und damit auch das Gigabit-Ziel der Bundes­regie­rung zu unter­stützen und wirft der Bundes­netz­agentur vor, den Kupfer­anschlüssen der Telekom einen weit­reichenden Schutz gegen­über der reinen Glas­faser zu geben.

Warum keine Glas­faser bis zum Endkunden?

Da wäre es sinn­voll und nahe­liegend, im Gebäude einfach mit Glas­faser vom Keller bis zum Endver­brau­cher weiter zu bauen. Ja - aber, so erklärt es der BREKO, das sei oft nicht machbar ("kein Platz mehr für neue Kabel"), sähe nicht schön aus, wenn Kabel­kanäle auf Putz im Trep­penhaus montiert würden, oder genauer: Es würde zu teuer.

Kommt eine Glasfaser im Keller an, geht es inhouse oft noch mit Kupferkabeln weiter. Wem gehört das Kabel? Kommt eine Glasfaser im Keller an, geht es inhouse oft noch mit Kupferkabeln weiter. Wem gehört das Kabel?
Foto: Deutsche Telekom
Wem gehört die Leitung? Wer hat die Hoheit? Die Bundes­netz­agentur formu­liert das so: „Für die Verpflich­tung zur Zugangs­gewäh­rung ... kommt es nicht darauf an, ob die Betrof­fene [die Deut­sche Telekom] Eigen­tümerin der Endlei­tung ist. Zum Zugang verpflichtet ist nach § 21 TKG nicht der Eigen­tümer, sondern der (markt­mäch­tige) Betreiber des Tele­kommu­nika­tions­netzes, also derje­nige, der die Funk­tions­herr­schaft über das Netz besitzt. Dies ist im Falle von Endlei­tungen als Teil der Teil­nehmer­anschluss­leitung die Betrof­fene.“ (sprich Telekom).

Für den BREKO bedeutet das: Wer Glas­faser bis direkt in den Keller der Gebäude bringt, müsste entweder das von VDSL oder VDSL-Vecto­ring genutzte Frequenz­spek­trum ausblenden (während die kupfer­basierte Technik der Telekom unan­getastet bliebe), wodurch im schlech­testen Fall "nur" noch eine Band­breite von maximal 600 MBit/s zur Verfü­gung stünde. Ande­rerseits drohe Gefahr, dass die Anschlüsse von der Deut­schen Telekom – "von der Nutzung der Gebäu­dever­kabe­lung ausge­schlossen und damit abge­schaltet werden", auch wenn sich diese Verka­belung nicht einmal im Eigentum der Telekom befinde.

Die Telekom habe bei nach Ansicht der Bundes­netz­agentur die „Funk­tions­herr­schaft“, also die allei­nige Verfü­gungs­gewalt, und dürfe damit höher­wertige Glas­faser­anschlüsse, die ihr Vecto­ring-Signal stören, notfalls abschalten.

Das ist so natür­lich tech­nisch nicht präzise, denn "abge­schaltet" würde maximal der Kupferweg vom Keller bis zum Verbrau­cher, falls über­haupt. Der direkte Glas­faserweg zum Kunden bleibe weiter möglich.

BREKO möchte der "zukunfts­sicheren Glas­faser bis in die Gebäude einen klaren Vorrang einräumen", wogegen ja keiner was einzu­wenden hätte. Was bezweckt der BREKO nun genau? Dass die Telekom dann bei dem Glas­faser­anbieter auch noch sein G.Fast-Inhouse-Technik anmieten muss, obwohl längst eigene Kabel liegen? Wäre da eine durch­gehende Glas­faser­verle­gung nicht die tech­nisch bessere und zukunfts­sichere Vari­ante?

GdW: Endlei­tung ist nicht Eigentum der Deut­schen Telekom

Auch der größte Dach­verband der Wohnungs­wirt­schaft, GdW, sieht in der Auffas­sung der Bundes­netz­agentur „eine unzu­lässige Verlet­zung der Rechte des jewei­ligen Gebäu­deei­gentü­mers“, was aus seiner Sicht nach­voll­ziehbar ist. Die Endlei­tung, so der GdW, stehe im Eigentum des Grund­stücks­eigen­tümers – und nicht der Deut­schen Telekom. Daher obliege es „allein dem Gebäu­deei­gentümer, darüber zu entscheiden, wie mit etwaigen tech­nischen Störungen durch verschie­dene Breit­band­ange­bote auf der Endlei­tung umzu­gehen und welchen Nutzungen dabei gege­benen­falls der Vorrang einzu­räumen ist“.

Der GdW stellt zudem klar: „Hieran ändern ... die der Telekom im Einzel­fall gege­benen Grund­stücks­eigen­tümer­erklä­rungen [GEE] nichts, da der jewei­lige Gebäu­deei­gentümer jedem die Endlei­tung nutzenden Tele­kommu­nika­tions­unter­nehmen in glei­cher Weise einräumt und die Erklä­rung weder eine zeit­liche noch eine inhalt­liche Prio­risie­rung eines Anbie­ters gegen­über einem anderen Anbieter enthält."

Was plau­sibel klingt, muss nicht unbe­dingt rech­tens sein, ein Festival für alle betei­ligten Juristen. Den Kunden nutzt es erst einmal nichts.

Im Beschluss der BNetzA vom Januar steht klar drin: „Den Wett­bewer­bern bleibt es etwa unbe­nommen, nach entspre­chender Über­einkunft mit dem Gebäu­deei­gentümer eigene Endlei­tungen im Gebäude zu verlegen und zu nutzen (…).“

Tech­nische Details

Nach aktu­ellem Stand soll der Frequenz­bereich, welchen die Telekom für Vecto­ring nutzen kann, je nach Qualität der Leitung um einige MHz redu­ziert werden. Ursprüng­lich verlangte die Deut­sche Telekom das Frequenz­band von 0 MHz bis 40 MHz. Davon werden 0 bis 17 MHz für VDSL-Vecto­ring bzw. bis 35 MHz für Super-Vecto­ring gebraucht, weitere 5 MHz (35 bis 40 MHz) sollten als „Schutz­band“ zusätz­lich reser­viert werden, um gegen­seitige Störungen zu vermeiden. Dieses Schutz­band soll nach einem Vorschlag der Telekom nun – je nach Qualität der Leitung – flexibel ausge­staltet werden können.

BREKO fordert Kupfer-Abschal­tung und bietet Open-Access-Glas­faser

Und dann erklärt der BREKO was er eigent­lich will: Die Telekom dazu zu "über­reden", gleich die Glas­faser der privaten Konkur­renten bis ins Haus einzu­kaufen, natür­lich zu möglichst unre­gulierten (hohen) Preisen. Damit tritt der BREKO ein zartes Pflänz­chen, die ersten Verhand­lungen zwischen der Telekom und anderen Carriern sind langsam ange­laufen. Beispiels­weise die geplante Koope­ration zwischen EWE und der Telekom und viele andere Projekte, weil die Deut­sche Telekom das Land alleine gar nicht mehr ausbauen kann.

Eine Einschät­zung

Mancher teltarif.de-Leser reibt sich die Augen, wenn er solche Klagen hört, dass ein Anschluss "nur noch 600 000 kBit/s" bringen soll, während er sich in einer Seiten­straße oder tief auf dem Land mit DSL 1000 oder noch schlim­merer Qualität herum­ärgern muss. Ok, bei Glas­faser-Anschlüssen, die für Firmen-IT gebraucht werden, könnten 600 000 kBit/s bei bestimmten Anwen­dungen "arg wenig" sein. Doch wo solche Tempi benö­tigt werden, wird es auch Mittel und Wege geben, die Glas­faser durch­gehend bis zum Endver­brau­cher zu legen. Und damit ist der Streit gelöst.

Der BREKO wettert, antikes Kupfer werde weiter künst­lich am Leben erhalten, aber genau hier will der BREKO ausge­rechnet dieses antike Kupfer unbe­dingt selbst nutzen. Irgendwie unlo­gisch.

Ich finde, hier schießt der BREKO weit über das Ziel hinaus und verdirbt sich am Ende nur wich­tige Sympa­thien. Noch verlegt oder nutzt die Telekom gerne ihre vorhan­dene oder sogar neue Kupfer­kabel. Der Tag, wo die Telekom komplett auf Glas­faser umschwenkt, wird kommen oder ist viel­leicht schon da. Dann müssen sich die Glas­faser­verbände ohnehin neue Argu­mente einfallen lassen und die zuge­schüt­teten Kontakt­wege zur Telekom wieder frisch aufgraben. Ist es das wert?

In einer weiteren Meldung lesen Sie, wie die Telekom die Qualität ihrer Partner-Shops stei­gern will.

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