Brave und Mozilla

Bares fürs Browsen: Brave bezahlt die Nutzer fürs Surfen

In Zeiten von Adblo­ckern lässt sich mit Werbung im Internet nur noch schwierig Geld verdienen. Mit der Mozilla Founda­tion und Brave schlagen deshalb nun zwei Browser-Hersteller einen völlig neuen Weg ein.
Von Björn König

Brave bezahlt Nutzer für das Anschauen von Werbung Brave Rewards unter Android
Foto: Brave
Die Welt steht mal wieder vor einer Rezes­sion. Und was machen Unter­nehmen, wenn die Wirt­schaft schlecht läuft? Sie kürzen zuerst ihre Marke­ting­budgets. Doch im kali­forni­schen Moun­tain View merkt man davon offenbar wenig. Die Werbe­umsätze der Alphabet-Tochter Google sind seit 2001 Jahr für Jahr kräftig gestiegen und lagen 2018 bei gigan­tischen 116 Milli­arden US-Dollar.

Wohl­gemerkt ist hier nur die Rede vom Geschäft mit Werbung, welches zum Beispiel neben Patenten, Forschung in Medizin und künst­licher Intel­ligenz nur ein Teil des riesigen Google-Impe­riums ist. Damit wären wir auch schon beim Kern­problem: Ein in Zeiten wirt­schaft­lich schwä­chelnder Werbe­markt und dazu noch die totale Domi­nanz von Google machen es Konkur­renten im Netz nicht gerade einfach, über­haupt noch mit Werbung Geld zu verdienen. Mit Brave und der Mozilla Founda­tion wollen nun zwei bekannte Browser-Hersteller völlig andere Wege der Mone­tari­sierung beschreiten. Frag­lich ist nur, ob die Nutzer dabei mitspielen.

Brave bezahlt Nutzer

Brave bezahlt Nutzer für das Anschauen von Werbung Brave Rewards unter Android
Foto: Brave
Es ist eine Tatsache, dass es auf dem Markt kaum noch Browser ohne einge­baute Werbe­sperre gibt. Selbst Google liefert Chrome seit geraumer Zeit mit einem eigenen Adblo­cker aus, aller­dings wird hier ganz nach den Regeln des Internet-Konzerns "geblockt". Anzeigen, die den Richt­linien der "Coali­tion for better Ads" entspre­chen, werden weiterhin ange­zeigt. Wenig über­raschend: Google selbst sitzt in diesem Gremium und entscheidet, welche Art von Werbung akzep­tabel ist. Brendan Eich hatte darauf wohl keine Lust mehr. Der ehema­lige Mozilla-Manager grün­dete mit Brave einen neuen Browser. Seit einiger Zeit enthält dieser nun das so genannte "Brave Rewards"-Programm. Konkret sollen Nutzer des Brow­sers bezahlt werden, wenn sie sich Werbung anschauen.

Möglich wird dies durch eine Krypto-Wallet, die nun Teil von Brave ist. Wer sich nach der Instal­lation entscheidet, am Rewards-Programm teil­zunehmen, akti­viert seine virtu­elle Geld­börse und stimmt dem Empfang regel­mäßiger Werbe­botschaften im Browser zu. Als Beloh­nung gibt es dann "Basic Atten­tion Token" oder auch kurz BAT, eine eigene von Brave einge­führte Krypto-Währung. Mit dieser kann man bereits an vielen Stellen im Netz bezahlen oder die BATs zum Beispiel auch an Online-Medien, Blogger oder YouTuber spenden, sofern diese eben­falls am Rewards-Programm teil­nehmen. Bisher ist die Zusen­dung von maximal fünf solcher Botschaften pro Stunde möglich. Künftig sollen User dann ihre virtu­ellen BATs durch Dienste wie Uphold oder Coin­base in reale Währungen (Euro, US-Dollar etc.) umtau­schen können.

Mozilla lässt Nutzer zahlen

Einen völlig anderen Weg geht Brendan Eichs ehema­liger Arbeit­geber Mozilla. Das Unter­nehmen will sich insge­samt stärker vom Online-Werbe­markt lösen und bietet künftig eine kosten­pflich­tige "Premium-Vari­ante" seines Firefox-Brow­sers an. Mozilla-CEO Chris Beard ließ bereits Ende Juni durch­blicken, dass ein solches Premi­ummo­dell bereits im Oktober an den Start gehen könnte. Konkrete Aussagen, wie dies ausge­staltet wird, gab es noch nicht. Doch man kann sicher­lich davon ausgehen, dass sich das ganze Projekt in Rich­tung eines Abo-Modells bewegen wird. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass die Premium-Vari­ante dann zusätz­liche Daten­schutz­optionen oder einen VPN-Dienst für schnel­leres und siche­reres Surfen enthält.

Mozilla dürfte sich mit diesem Geschäfts­modell aller­dings auf sehr dünnem Eis bewegen. Bereits jetzt liegt der Browser insbe­sondere unter Android in Sachen Markt­anteile deut­lich hinter dem Platz­hirsch Google Chrome. Es droht die Gefahr, dass sogar noch mehr Nutzer abspringen, wenn der Browser oder zusätz­liche Funk­tionen auf Dauer kosten­pflichtig werden. Zwar verspricht Mozilla, mit dem Neustart des Brow­sers im Herbst auch ein wesent­lich schnel­leres Nutzer­erlebnis, doch den Mehr­wert eines Brow­sers womög­lich sogar in einem monat­lichen Abo zu bepreisen, dürfte bestimmt nicht einfach werden. Schließ­lich gibt es mit Opera neben Google eben­falls noch einen großen Mitbe­werber, und auch Vivaldi steht mit einer Android-Version in den Start­löchern.

Gute Chancen für Brave

Die Idee, Internet-Nutzer an den Werbe­umsätzen zu betei­ligen, ist grund­sätz­lich sinn­voll. Denn wenn jeder an Werbung verdient, gibt es auch keine guten Gründe, Werbung zu blockieren. Viel­leicht ist Brave hier der erste Test­ballon für weitere Anbieter. Mögli­cher­weise revo­lutio­niert ein solches Modell auch das Geschäft für Online-Medien, die zuneh­mend Leser durch Paywalls zur Kasse bitten.

Sehr kritisch zu sehen ist dabei aller­dings, dass die Kontrolle über die "Basic Atten­tion Token" und entspre­chende Werbe­inhalte bei Brave liegt. Damit droht auf lange Sicht wieder die Domi­nanz eines einzelnen Brow­sers über den Werbe­markt. Dabei gibt es reich­lich andere und in diesem Zusam­menhang sinn­vollere Kryp­towäh­rungen, wie zum Beispiel Bitcoin. Eines ist aber schon jetzt sicher: Die Welt der Online-Werbung wird sich verän­dern - und selbst Google muss sich anpassen.

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