Urteil

Gericht kippt zu hohe Telefongebühren im Gefängnis

Gefangene können beim Telefonieren nicht wahllos abgezockt werden. Das Bundesverfassungsgericht urteilte in einem Fall, bei dem ein Gefängnis-Insasse gegen zu hohe Telefongebühren geklagt hatte.
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Ein Gefängnis-Telefon für Strafgefangene Ein Gefängnis-Telefon für Strafgefangene
Bild: dpa
Gefängnis-Insassen sind beim Telefonieren keine Melkkühe: So könnte man das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts salopp zusammenfassen. Die Rechte von Strafgefangenen sind zwar eingeschränkt, doch ein Gefängnis ist keine unberührte Insel in der Marktwirtschaft, beispielsweise bei den Telefonkosten.

Gefangene können sich in der Regel keinen Telefonanbieter selbst aussuchen, sondern müssen über den Anbieter telefonieren, mit dem das Gefängnis einen Vertrag abgeschlossen hat. Welche Gebühren das Gefängnis verlangen darf, darüber musste nun das höchste deutsche Gericht entscheiden.

Privater Telefonanbieter hatte die Gefängnis-Preise erhöht

Ein Gefängnis-Telefon für Strafgefangene Ein Gefängnis-Telefon für Strafgefangene
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In seinem heute bekanntgegebenen Urteil (2 BvR 2221/16) behandelte das Bundesverfassungsgericht die Klage eines Strafgefangenen, der die Verletzung seines Grundrechts auf Resozialisierung geltend gemacht hatte.

Die betreffende Justizvollzugsanstalt in Schleswig-Holstein hat ein Telefonsystem für die Gefangenen, das von einem privaten Telekommunikationsanbieter auf Grundlage eines mit dem Justizministerium Schleswig-Holstein über 15 Jahre geschlossenen Vertrags betrieben wird. Im Juni 2015 erhöhte der Telefon-Anbieter durch einen Tarifwechsel die Preise. Laut dem Gericht führte dies für die Gefangenen zu erheblich höheren Telefonkosten.

Zunächst beantragte der Gefangene bei der Justizvollzugsanstalt, die Telefongebühren im Gefängnis an diejenigen außerhalb der Anstalt anzupassen - doch die Gefängnisleitung lehnte ab. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Landgericht ebenso abgewiesen wie die Rechtsbeschwerde vor dem Ober­landes­gericht. Erst die Berufung auf sein Grundrecht auf Resozialisierung vor dem Bundesverfassungsgericht hatte nun Erfolg.

Gegebenenfalls muss Gefängnis Alternativen bieten

Das Gericht stellt in seiner Entscheidung fest: Der Beschluss des Ober­landes­gerichts missachtet die aus dem Resozialisierungsgebot erwachsenden Anforderungen an die Wahrung der finanziellen Interessen von Strafgefangenen. Die Tele­kommuni­kations­dienst­leistungen müssten den Gefangenen zwar nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden, allerdings dürften die Gefangenen auch nicht mit Entgelten belastet werden, die deutlich über den außerhalb des Vollzuges üblichen Tarifen liegen.

Wenn das Gefängnis Leistungen durch einen privaten Betreiber erbringen lässt, auf den die Gefangenen ohne eine frei wählbare Alternative angewiesen sind, muss es sicherstellen, dass der Anbieter die Leistung auch zu marktgerechten Preisen erbringt. Für die Beurteilung, ob die Preise des privaten Anbieters marktgerecht sind, sei eine Vertragsbindung der Anstalt an den Anbieter nicht maßgeblich.

Laut dem Urteil hat die Justizvollzugsanstalt eine Fürsorgepflicht für die Gefangenen. Und davon kann sie auch nicht dadurch entbunden werden, dass ihre Bemühungen um Tarifanpassungen im Vertragsverhältnis zu dem Anbieter erfolglos waren.

Das Oberlandesgericht wird dafür gerügt, dass es die Frage der Angemessenheit der Telefontarife im Gefängnis offengelassen hat. Dadurch habe es die finanziellen Interessen des klagenden Gefangenen missachtet. Auch wenn die Gefängnisleitung an dem langfristigen Telefon-Vertrag festhalte, habe sie trotzdem die Möglichkeit, den Gefangenen marktgerechte Preise zu berechnen oder ihnen günstigere Alternativen der Telefonnutzung anzubieten.

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