Themenspezial: Verbraucher & Service Rückzug

Cablesurf-Irreführung: Kunden können doch Alt-Vertrag behalten

Im Juli hatte die Tele-Columbus-Tochter Cablesurf ihre Kunden durch eine merkwürdige Postkarten-Aktion zum "Auslaufen" des Tarifs verunsichert. Nun rudert der Netzbetreiber offenbar zurück.
Von

Die umstrittene Postkarte von Cablesurf Die umstrittene Postkarte von Cablesurf
Bild: Cablesurf / Leserzuschrift
Nachdem Cablesurf eine Tele-Columbus-Tochter geworden war, hatte der hauptsächlich in München und Umgebung tätige Kabelnetzbetreiber im Sommer sein Tarifportfolio angepasst, und zwar an die Konditionen, die bei Tele Columbus und anderen Kabel-Marken des Konzerns gelten. In einigen Fällen bedeutete dies eine Verschlechterung im Vergleich mit den bisherigen Tarifen.

Anschließend startete Cablesurf eine umstrittene Postkarten-Aktion. Mittels Postkarte wurden Bestandskunden darauf hingewiesen, die "Tarifsituation" müsse "geklärt" werden. "Letzte Erinnerung - Tarif läuft aus" hieß es damals auf der Postkarte, die keine wirksame Kündigung des bisherigen Tarifs enthielt. Auf der Postkarte war weiter zu lesen, der Kunde solle bis 1. August bei der Kundenbetreuung anrufen, da der momentan genutzte Tarif nach diesem Datum nicht mehr angeboten werde.

teltarif.de-Leser kann Altvertrag behalten

Die umstrittene Postkarte von Cablesurf Die umstrittene Postkarte von Cablesurf
Bild: Cablesurf / Leserzuschrift
Der teltarif.de-Leser, der seinerzeit die Postkarte erhalten und an unsere Redaktion weitergeleitet hatte, wollte dieses Benehmen aber nicht auf sich sitzen lassen. Wir hatten dem Leser seinerzeit empfohlen, gegenüber Cablesurf nicht auf die Postkarte zu reagieren. Denn ein Netzbetreiber darf nicht während der Mindestvertragslaufzeit einfach auf einen Tarif mit teureren oder ungünstigeren Konditionen umstellen. Wir wiesen den Kunden allerdings darauf hin, dass Cablesurf natürlich jederzeit den Vertrag, der eine dreimonatige Mindestvertragslaufzeit hatte, auch mit Dreimonatsfrist wirksam kündigen könne. In diesem Fall hätte der Kunde drei Monate Zeit, im Tarifrechner von teltarif.de nach einer Alternative zu schauen oder sich mit den neuen Cablesurf-Tarifen anzufreunden. Selbstverständlich haben Kunden, die in die Irre geführt werden, auch jederzeit die Möglichkeit, sich bei der Bundesnetzagentur zu beschweren oder eine örtliche Verbraucherzentrale einzuschalten.

Der teltarif.de-Leser entschied sich dazu, in der Sache die Verbraucherschlichtungsstelle der Bundesnetzagentur einzuschalten. In seinem Fall war dieses Prozedere erfolgreich. Von Cablesurf erhielt der Kunde mittlerweile ein Schreiben, in dem es heißt:

Sehr geehrter Herrr [...], die Verbraucherschlichtungsstelle der Bundesnetzagentur hat uns darauf hingewiesen, dass es im Zusammenhang mit der Kommunikation der von uns geplanten Tarifoptimierung Ihnen gegenüber offenbar zu Missverständnissen gekommen ist. Die von uns ggf. hervorgerufenen Irritationen bitten wir zu entschuldigen. Gerne stellen wir hiermit noch einmal klar, dass Sie keines der von uns angebotenen Wechselangebote in einen anderen Tarif angenommen haben. Ihr Cablesurf-Vertrag läuft auch nach dem 01.10.2016 zu den bisherigen Konditionen unverändert weiter.

Aus allen Schreiben zusammen kristallisiert sich damit ein merkwürdiges Verständnis von Kundenservice seitens der Tele-Columbus-Gruppe heraus. Auf der einen Seite möchte der Kabelnetzbetreiber und seine Töchter die Kunden in Alt-Verträgen offensichtlich in neuere, für den Netzbetreiber gewinnträchtigere Tarife überführen, die dem Kunden zwar mehr Leistung bringen, aber teurer sind und eine längere Laufzeit haben. Angekündigt wird dies als zwingende Tarifumstellung, zu der es keine Alternative geben soll. Eine wirksame Kündigung seitens des Providers erfolgt aber nicht. Lässt der Kunde sich allerdings nicht täuschen und wehrt sich gegen die Irreführung, wird die Sache auf einmal ganz zahm als freiwilliges Wechselangebot und als Missverständnis bezeichnet und der Kunde kann den Alt-Vertrag doch behalten.

teltarif.de-Redakteur Alexander Kuch meint:
Alexander KuchOffenbar hat die Marketing-Abteilung der Tele-Columbus-Gruppe nicht bedacht, was derartige Aktionen langfristig für einen Imageschaden hervorrufen können. Auf der einen Seite erscheint es unverzeihlich, dass man Bestandskunden mit derartigen Aktionen mehr oder weniger für dumm verkauft, andererseits führt die monopolartige Stellung der TV-Kabelnetzbetreiber wohl oder übel zu derartigen Stilblüten, weil ein wirksamer Wettbewerb in vielen Regionen fehlt.

Mehr zum Thema Internet über TV-Kabel