Markteroberung

Chinesische Firmen wollen den europäischen Markt erobern

Chinesische Smartphone-Anbieter wollen erst Asien, dann Russland und schließlich Westeuropa mit ihren Geräten erobern. Sie verpflichten dafür Manager aus Großkonzernen, oder setzen auf ähnliche Namen und Optiken beliebter Mobilfunkgeräte.
Von dpa / Jennifer Buchholz

Xiaomi will Europa erobern Xiaomi will Europa erobern
Bild: xiaomi, bearbeitet: teltarif.de
Die Dimension des chinesischen Smartphones-Marktes ist atemberaubend. Über 350 Millionen Computer-Handys dürften laut Markt­forschern allein in diesem Jahr verkauft werden - etwa jedes dritte vom weltweiten Absatz. Und die Experten rechnen mit einem rasanten Wachstum auf 450 Millionen Geräte schon im kommenden Jahr. Damit müsste China eigentlich ein Traum­markt für die Smartphone-Branche sein, doch es ist kein leichtes Pflaster. Einen großen Teil des Geschäfts haben sich einheimische Firmen unter den Nagel gerissen, von denen außerhalb des Landes kaum jemand etwas gehört hat. Und beflügelt vom Erfolg zu Hause bereiten sie eine internationale Expansion vor.

Xiaomi setzt auf Google-Manager

HTC One

Xiaomi will Europa erobern Xiaomi will Europa erobern
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Unter diesen kleinen Firmen landete der Anbieter Xiaomi (gesprochen: Schaomi) in diesem Jahr den größten Marketing-Coup. Die Firma aus Peking verpflichtete den Google-Manager Hugo Barra, der beim Internet-Konzern für die Produktentwicklung des führenden Smartphone-Systems Android zuständig war. Bei Xiaomi soll er die Auslandsexpansion anführen. "Ich suche die Märkte aus und versuche in ihnen so schnell wie möglich zu starten", beschrieb er seine Aufgabe jüngst bei dem ersten öffentlichen Auftritt als Xiaomi-Manager auf der Internet-Konferenz LeWeb in Paris. Erstes Ziel: Südostasien, das von China aus gut beliefert werden könne.

Xiaomi setzt auf technisch hochgerüstete Smartphones, die etwa halb so teuer sind wie Top-Geräte von Rivalen wie Samsung oder Apple. Um die Kosten im Griff zu behalten, verkauft die Firma ihre Handys grund­sätzlich nur über das Internet. Dazu gehört eine clevere Verkaufs­taktik: Die Geräte werden nicht ständig, sondern häppchenweise in Chargen von 200 000 oder 300 000 Stück angeboten und sind dann oft binnen einer Stunde erst einmal ausverkauft. Im vergangenen Jahr setzte Xiaomi so rund sieben Millionen Smartphones ab, in diesem sollen es bereits 20 Millionen werden. Das Ausland könnte einen schnellen Schub liefern: Schließlich sind auch dort günstige Android-Telefone das am schnellsten wachsende Marktsegment.

Xiaomi hebt sich von kleineren Rivalen ab, von denen viele auch vor hemmungs­losen Nachahmungen nicht zurück­schrecken. So wurde in diesem Jahr ein Smartphone mit dem Namen "Galapad Galaxy S" verkauft, dass sich den Namen bei Samsung lieh - und das Aussehen vom HTC One. Von den Großen der Branche ist Xiaomi allerdings noch weit entfernt. So ist Samsung nach wie vor die Nummer eins in China mit einem geschätzten Marktanteil von knapp 20 Prozent. Die einheimische Nummer zwei, Lenovo, verkauft noch etwa doppelt so viele Smartphones wie Xiaomi in China.

Nach Asien folgt Russland

Der Aufstieg des welt­größten PC-Her­stellers auch im Smartphone-Geschäft macht das Gewicht des chinesischen Marktes deutlich. "Sie verkaufen bisher 95 Prozent ihrer Geräte in China - und sind schon damit der drittgrößte Anbieter weltweit", betont Gartner-Analyst Anshul Gupta. Und Lenovo plant generalstabsmäßig eine internationale Expansion. Auf Asien und Russland soll im kommenden Jahr Westeuropa folgen, kündigt der zuständige Lenovo-Manager Gianfranco Lanci an. Er will sich dabei Zeit lassen: "Die Märkte sind alle verschieden, wir wollen Schritt um Schritt vorgehen", sagt Lanci, der für das Geschäft in Europa, Afrika und dem Mittleren Osten zuständig ist und einst Konzernchef beim heute kriselnden Konkurrenten Acer war.

Lenovo wollte laut Medienberichten auch eine Abkürzung über den Kauf des notleidenden Smartphone-Pioniers Blackberry nehmen. Kanadische Behörden hätten jedoch unmissverständlich signalisiert, nicht zuzulassen, dass die auch von vielen US-Behörden genutzten Blackberry-Dienste in chinesische Hand gelangen. Auch den Netzausrüstern ZTE und Huawei, die ebenfalls große Player im Smartphone-Markt sind, schlägt vor allem in den USA oft Misstrauen entgegen.

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