Hinterfragt

congstar: Anwalt hält AGB für intransparent & wettbewerbswidrig

IT-Fachanwalt sieht deutliche Benachteiligung der Kunden bei congstar Prepaid
Von Marc Kessler

congstar-Prepaid-AGB congstars Prepaid-AGB: Wettbewerbswidrig?
Montage: teltarif.de
Der Telekom-Discounter congstar kündigt - wie berichtet - Kunden seiner hauseigenen Prepaid-Karte nach einer Zeitspanne von 15 Monaten, wenn die Karte zuvor entsprechend lange nicht aufgeladen wurde. Dabei definiert congstar in seinen Allgemeinen Geschäfts­bedingungen diese Regelungen jedoch nicht, sondern verweist in seinen AGB lediglich darauf, dass das Vertragsverhältnis "durch congstar mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden" könne - und das auch per simpler SMS ("Die Kündigung ist nur wirksam, wenn sie durch den Kunden schriftlich und durch congstar schriftlich oder per SMS erklärt wird."). teltarif.de legte die congstar-Prepaid-AGB [Link entfernt] nun einem Fachanwalt für IT-Recht vor und wollte wissen: Sind diese Regelungen so in Ordnung oder benachteiligen sie den Kunden unangemessen?

congstar Prepaid: Für den Fachanwalt intransparent und wettbewerbswidrig

congstar-Prepaid-AGB congstars Prepaid-AGB: Wettbewerbswidrig?
Montage: teltarif.de
Hagen Hild, Inhaber der Kanzlei Hild & Kollegen im bayerischen Augsburg, sagt zum Punkt des unklaren Aktivitätszeitraums klar: "Das halte ich für wettbewerbswidrig und nicht für zulässig." Denn congstar müsse die Kunden deutlich darüber informieren, wann eine Kündigung drohe und über welchen Zeitraum die Karte ohne Probleme genutzt werden könne. "Es gibt hier keine Transparenz", sagt Hild. Zudem passe die ausschließlich mit positiven besetzte Eigenschaften Werbung von congstar ("Volle Kostenkontrolle. Null Vertrag. (...) Keine Grundgebühr und kein Mindestumsatz") nicht mit der problematischen Ziffer 13 der AGB zusammen, nach der congstar den Vertrag jederzeit mit einer Frist von vier Wochen - auch per einfacher SMS - kündigen kann und - wie selbst zugegeben - nach 15 Monaten ohne Aufladung auch tut. Der Kunde hingegen wird für den Fall der Eigen-Kündigung auf den Schriftweg verwiesen.

"Dieser 'Nicht-Gleichlauf' (congstar erlaubt sich die Kündigung per SMS, der Kunde muss den Schriftweg beschreiten) ist nicht transparent und überraschend", sagt Hild. Der normale Kunde rechne im Regelfall gar nicht mit einer Kündigung per SMS. "Diese Klausel halte ich für äußerst kritisch. Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese AGB-Klausel unzulässig ist." Letztlich müssten dies Gerichte entscheiden, resümiert Hild.

Die Handhabung von congstar, so der Fachanwalt, sei auch deshalb überraschend, weil die Ziffer 5 der AGB, die die Möglichkeit der Telefonie und der Datennutzung bei positivem Guthaben sowie für den Fall von verbrauchtem Guthaben regelt, in keinem Satz das Thema Aktivitätszeitraum beziehungsweise Kündigung bei Nicht-Nutzung / Nicht-Aufladung anspricht.

Hild: congstar verstößt gegen Wettwerbsrecht

IT-Fachanwalt Hagen Hild Hagen Hild, Fachanwalt für IT-Recht
Foto: Hagen Hild
Mit seinem Verhalten verstoße congstar auch gegen die sogenannte UGP-Richtlinie (UGP = unlautere Geschäftspraktiken), in der definiert werde, "dass über die wesentlichen Merkmale der Ware aufgeklärt werden muss". Hild führt in Bezug auf das Wettbewerbsrecht weiter aus: "Wesentliche Merkmale der Ware sind alle Informationen, die der Verbraucher benötigt, um eine geschäftliche Entscheidung zu fällen oder zu unterlassen." Für den Verbraucher sei es aber ein wesentliches Merkmal - auch im Vergleich zu anderen (Prepaid-) Anbietern -, über den Aktivitätszeitraum beziehungsweise über die Möglichkeit der Kündigung bei Nicht-Nutzung /-Aufladung informiert zu werden. congstar müsse hier also aktiv informieren, fasst der Rechtsanwalt zusammen.

congstar gesteht sich bei Bedarf umfangreiche AGB-Änderungen zu

Besonders Augenmerk hatte Hagen Hild auch auf Punkt 10 der congstar-Prepaid-AGB ("Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Leistungsbeschreibungen und Preise"). Hier erlaubt sich congstar in Ziffer 10.5, Änderungen der AGB per einfacher Kurzmitteilung (und ggf. Verweis auf die eigene Website) zu übermitteln: "Mitteilungen an den Kunden erfolgen nach Wahl von congstar durch Zusendung an die vom Kunden benannte Anschrift oder durch Übermittlung einer E-Mail oder einer Kurzmitteilung (SMS). congstar kann dem Kunden Mitteilungen im Volltext zukommen lassen oder nur darüber informieren, wo und wie der Kunde den Volltext der Mitteilung einsehen und erhalten kann (z.B. Einsicht und Download unter www.congstar.de).

Das ist hier jedoch nicht die einzige Problematik, denn in den Ziffern 10.1 bis 10.3. räumt sich congstar umfangreiche Möglichkeiten zur Änderung der AGB ein. So heißt es unter 10.1 etwa: "Die AGB können geändert werden, soweit hierdurch wesentliche Regelungen des Vertragsverhältnisses nicht berührt werden und dies zur Anpassung an Entwicklungen erforderlich ist, welche bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar waren und deren Nichtberücksichtigung die Ausgewogenheit des Vertragsverhältnisses merklich stören würde."

"Wenn das nicht mehr passt, ändern wir halt die AGB"

Neben diesen schwammigen und teils unklaren Formulierungen kann der Kunde solchen Änderungen nicht einmal widersprechen: Denn in Ziffer 10.4 sieht congstar nur ein Sonderkündigungsrecht des Kunden, nicht aber ein Widerspruchsrecht vor. Anwalt Hild fasst zusammen: "Ich halte die ganze Ziffer 10 in der Konstellation für unwirksam, da sie überraschend ist." Denn einerseits sei der Inhalt der Klauseln unklar, zweitens habe der Kunde kein Widerspruchsrecht und schließlich sei auch die Art der Mitteilung an den Kunden ggf. problematisch. "Die sagen einfach: 'Wenn das nicht mehr passt, ändern wir halt die AGB'.", sagt Hild. Die vorliegenden AGB seien jedenfalls völlig einseitig zugunsten von congstar formuliert. Der Anwalt abschließend: "Es gibt keine 'Wunschzettel-AGB'."

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