Deutschland

Experten: Große Defizite beim Schutz vor Cyber-Angriffen

Auf der Berliner Media Convention diskutieren Fachleute über die Cyber-Sicherheit Deutschlands. Ihr Resümee fällt nicht gerade schmeichelhaft aus.
Von dpa / Wolfgang Korne

Konflikte verlagern sich zusehends in den Cyberspace Konflikte verlagern sich zusehends in den Cyberspace
Bild: picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa
Im Kampf gegen Desinformation und Cyber-Angriffe droht Deutschland nach Ansicht von Experten ins Hintertreffen zu geraten. Entscheidungswege zum Aufbau einer Sicherheitsinfrastruktur seien innerhalb des Staates zu lang und komplex, sagte Marcel "Otto" Yon, Chef der Innovationsabteilung der Bundeswehr (Bundeswehr Cyber Innovation Hub) bei einer Debatte über "Digitale Verteidigungslinien" bei der Media Convention (MCB) heute in Berlin.

Die Szenarien für kriegerische Auseinandersetzungen verlagerten sich zunehmend auf den Cyberspace. Der Staat bekomme aber immer mehr Probleme, bei der Innovationsrate - auch der Angreifer - mitzukommen. "Die Schere wird immer größer", sagte Yon. Konflikte verlagern sich zusehends in den Cyberspace Konflikte verlagern sich zusehends in den Cyberspace
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Der Mensch als Unsicherheitsfaktor

Allerdings, so die Sicherheitsexpertin Julia Schuetze von der Berliner Stiftung "Neue Verantwortung", zeige etwa der Hacker-Angriff auf die Washingtoner Zentrale der Demokratischen Partei in den USA, dass die richtige Technologie alleine nicht reiche. Schon im Vorfeld hätten Absprachen in der Parteizentrale nicht geklappt, die für die Sicherheit Verantwortlichen seien überfordert gewesen. Dazu hätten innerparteiliche Intrigen den Versuch der Angreifer erleichtert, durch Veröffentlichung Tausender Mails, demokratische Prozesse in Misskredit zu bringen.

Personalmangel verschärft die Lage

Nach Angaben von Hans-Wilhelm Dünn vom Cyber-Sicherheitsrat Deutschland leidet die Abwehr von Hacker-Angriffen auch unter einem gravierenden Personalmangel. So könnten 40 Prozent der Warnhinweise deswegen nicht verfolgt werden. Angesichts immer komplexerer Programme seien Attacken oft nur mit großer Verzögerung feststellbar, zuweilen bis zu einem Jahr später. Der Schutz sei allerdings nicht nur Aufgabe des Staates. Jedes Unternehmen und jeder private Nutzer müsse sich um seine Daten kümmern, sagte Dünn. Der in Berlin ansässige Verein berät Unternehmen, Behörden und Politik zum Thema Cyber-Sicherheit.

Die Diskussion um die Abwehrbereitschaft Deutschlands im Falle eines Cyber-Angriffs ist nicht neu. Cyber-Angriffe auf Staaten und wichtige Teile der Infrastruktur gelten nämlich als erhebliche Gefahr. Bereits Ende letzten Jahres hatte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, eine breit angelegte Debatte über künftige Reaktionen der Bundeswehr auf Cyber-Angriffe angeregt. Daran sollten auch Experten außerhalb der militärischen Führung und der Politik beteiligt werden, so Bartels.

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