Ausprobiert

So überträgt man Digitalradio-Programme auf alte Radios

300 Millionen UKW-Radios werden zu Elektroschrott: Solch reißerische Schlagzeilen schmücken die Gazetten, seit Deutschland über eine Abschaltung des UKW-Bandes diskutiert. Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, alte Radios weiter zu nutzen – wenn die Bundesnetzagentur mitspielt.
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Mit einem kleinen UKW-Sender lässt sich der Sound von Digitalradio-Programmen auf alle alten UKW-Radios übertragen
Bild: Michael Fuhr
AV-Receiver mit Apple Air Play und WLAN-Internetradio – von solch modernem Zeug möchte Günther Will aus Köln nichts wissen. Er ist Antik- und Nostalgiefan. Anstelle einer modernen HiFi-Anlage sorgt ein Röhrenradio, eine Philips Capella 753 aus den 50er-Jahren für die Wohnzimmer-Beschallung. "Die Kiste ist unzerstörbar und läuft auch noch in 50 Jahren. Es sei denn die drehen uns den Saft ab".

Die – das sind die Politik, Gerätehersteller und Radiosender. In dieser Woche haben sie bekannt gegeben in einem Digitalradio-Board über einen Übergang vom analogen zum digitalen Hörfunk zu beraten. Im Juni findet das erste Meeting statt. Am Ende einer Road-Map könnte eine Abschaltung der analogen UKW-Übertragung stehen. Werden nun 300 Millionen HiFi-Anlagen, Radiowecker, Badradios, Boomboxen, Küchen- und Autoradios tatsächlich zu Elektroschrott? Eines ist klar: Um den avisierten UKW-Nachfolger DAB+ empfangen zu können, benötigt der Kunde neue Empfangsgeräte. Es gibt jedoch auch Lösungen, um alte Geräte weiter zu nutzen.

Alte Anlagen mit Adapter digitaltauglich machen

Mit einem kleinen UKW-Sender lässt sich der Sound von Digitalradio-Programmen auf alle alten UKW-Radios übertragen
Bild: Michael Fuhr
So ist in den seltensten Fällen der Austausch einer HiFi-Anlage nötig. Preisgünstige Adapterlösungen sorgen dafür, dass der User weiter Radio hören kann. Er hat die Wahl zwischen einem Zusatzempfänger für DAB+ oder für Internetradio. Es gibt aber auch Modelle, die beides an Bord haben. Adapter für DAB+ sind ab rund 40 Euro im Handel erhältlich, Lösungen für Internetradio kosten rund 60 Euro und mehr. Für Kombi-Lösungen muss der Kunde mindestens 100 Euro ausgeben.

Voraussetzung ist jeweils eine Anschlussmöglichkeit für externe Geräte. In der Regel ist das ein Cinch-Anschluss, manchmal auch ein Klinkeneingang. Selbst 50 Jahre alte Radios haben häufig einen externen Eingang an Bord – seinerzeit eigentlich noch für ein Tonbandgerät oder ein Mikrofon gedacht. Damals wurden in Deutschland noch so genannte DIN- oder Würfelstecker verwendet, für die es jedoch Adapter (Chinch- auf DIN oder Klinke auf DIN) im Fachhandel gibt. Auch der Ton vom Smartphone, etwa eigene Musikfiles oder eine Internetradio-Station, kann prinzipiell auf einem Radio aus den 60er- oder 70er-Jahren wiedergegeben werden.

Signalübertragung mit Mini-UKW-Sender

Adapter machen auch alte Stereo-Anlagen fit für DAB+ oder Internetradio
Bild: Sailor
Doch auch Radios und Anlagen, die über keinen externen Anschluss verfügen, können selbst nach einer UKW-Abschaltung noch Töne von sich geben. Für unseren Praxisaufbau haben wir uns ein Digitalradio besorgt (hier: ein Radiowecker von Dual) und einen UKW-Minisender, den es ab 10 Euro im Handel gibt, an den Kopfhörerausgang angeschlossen. Wir haben ein Digitalradioprogramm (in unserem Fall sunshine live) ausgewählt und das Tonsignal auf einer freien UKW-Frequenz übertragen. Das Signal des Mini-Senders konnten wir anschließend über die von uns gewählte UKW-Frequenz auf allen Radios in der Wohnung störungsfrei hören - völlig unabhängig von deren Alter.

Das Digitalradio und der Mini-Sender sollten in der Mitte einer Wohnung oder des Stockwerkes eines Hauses aufgebaut werden, damit in allen Zimmern gleich guter Empfang ist. Natürlich muss hier Digitalradio-Empfang möglich sein. Die Reichweite von solchen Mini-UKW-Sendern ist unterschiedlich, in der Regel decken sie einen Radius von gut 20 Meter in Stereo- und bis zu 300 Meter in Mono-Qualität ab. Diese Lösung kann auch bei anderen Signalquellen verwendet werden. So lässt sich auch die eigene Musiksammlung oder ein Internetradio, etwa vom Smartphone, über den Mini-UKW-Sender auf alle analogen Radios übertragen.

Günther Will aus Köln kann also unbesorgt sein. Seine Philips Capella 753 könnte auch nach einer UKW-Abschaltung noch für die Wohnzimmer-Beschallung sorgen. Einziger Spielverderber könnte die Bundesnetzagentur sein. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass sie mit der UKW-Abschaltung auch die UKW-Kleinsender verbietet, weil sie die Frequenzen an neue Funkdienste vergibt oder versteigert.

Es wäre kein Novum in der deutschen Geschichte: So ist etwa heute der Betrieb von Schnurlostelefonen nach den alten Standards CT1+ oder CT2 in Deutschland verboten. Sollte es tatsächlich irgendwann zu einer UKW-Abschaltung in Deutschland kommen, wäre es aber im Sinne des Kunden zu begrüßen, wenn zumindest einige UKW-Frequenzen weiter für solche Kleinsender zulässig wären. Das würde dann nicht nur die Nostalgiker freuen.

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