Digitalradio-Verein sieht in Roadmap Meilenstein für DAB+
Diskussionen zur Zukunft des Digitalradios
Bild: Palona
Der Verein Digitalradio Deutschland begrüßt die Verabschiedung des "Aktionsplans für die Transformation der Hörfunkverbreitung in das digitale Zeitalter" durch das Digitalradio Board am 16. Februar. "Der Aktionsplan ist ein Meilenstein in der Geschichte des Hörfunkstandards DAB+ in Deutschland und in Europa", freut sich Dr. Willi Steul, Vorsitzender des Vereins und Intendant von Deutschlandradio.
Breite Zustimmung bei nur einer Gegenstimme
Diskussionen zur Zukunft des Digitalradios
Bild: Palona
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hatte im Juni 2015 zusammen mit den Ländern das Digitalradio Board eingerichtet. Teilnehmer sind hochrangige Vertreter aller Marktbeteiligten, von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern über Vertreter der Landesmedienanstalten und Gerätehersteller bis zur Automobilindustrie. Ziel war es, Aufgaben zu benennen und Meilensteine zu deren Lösung zu definieren, um am Ende des Prozesses eine Roadmap zum Übergang von UKW aufs Digitalradio DAB+ zu fixieren. Dieses Ziel sei laut dem Verein mit dem Aktionsplan erreicht, vor allem deswegen, weil sich eine überparteiliche Mehrheit für die Umsetzungsvorschläge der Roadmap fand. Die Mitglieder des Boards haben sich im Weiteren darauf verständigt, den Aktionsplan regelmäßig zu überprüfen und fortzuschreiben.
Der Digitalradio Verein bedauert, dass der Privatradioverband VPRT den Aktionsplan des Digitalradio Boards als einziger Marktteilnehmer abgelehnt hat. Der VPRT habe diese Entscheidung nicht nur gegen alle anderen Mitglieder des Digitalradio Boards, sondern auch gegen eigene Mitglieder gefällt. Steul: "Ein nennenswerter Teil der VPRT-Verbandsmitglieder engagiert sich bereits im Digitalradio DAB+. Nach unseren Informationen planen mindestens zwei hochrangige Mitglieder sogar eine Beteiligung am zweiten bundesweiten DAB+ Multiplex." (gemeint sind wohl Antenne Bayern mit der "Rock Antenne" und FFH mit "planet radio", die Red.). Der Digitalradio Verein Deutschland betont zudem, dass der VPRT nicht für "die Privatradios" spricht. "Der zweite große deutsche Privatradioverband APR, bei dem neben vielen regionalen Sendern auch große private Hörfunkgruppen wie NRJ/Energy oder Regiocast Mitglied sind, hat der Roadmap ausdrücklich zugestimmt", so Steul weiter.
VPRT will Roadmap über die Länder blockieren
Die Rundfunkkommission der Länder wird sich voraussichtlich in ihrer nächsten Sitzung am 15. März mit dem Aktionsplan beschäftigen und eine Entscheidung über die Zustimmung fällen. Doch genau das könnte zum Stolperstein für das Vorhaben werden. Denn der VPRT hat bereits Widerstand angekündigt. Der Verband fordert, dass die Länder "im Sinne der Vielfaltssicherung im dualen System agieren" und die Roadmap ablehnen. Der VPRT steht zwar einer Digitalisierung des Radios offen gegenüber, sieht diese allerdings weniger im terrestrischen Hörfunkstandard DAB+, sondern in IP-Techniken mit mobilen Endgeräten: "Smartphones sind ein wichtiger und wachsender Markt für den digitalen Radioempfang. Sie in einer digitalen Migrationsplanung nicht zu berücksichtigen, heißt schlichtweg, das Verhalten der Verbraucher auszublenden", argumentiert Sebastian Artymiak, Leiter Medientechnologie im VPRT, gegenüber dem Internetblog "Radio wird digital".
Ein Mitglied des Digitalradio-Boards sieht gegenüber teltarif.de dagegen vor allem einen Versuch des VPRT, das aktuelle Geschäftsmodell UKW noch über einen langen Zeitraum am Leben zu erhalten. Die mächtigsten Mitglieder im VPRT besitzen die besten UKW-Frequenzen in Deutschland und fürchten durch DAB+ massig neue Konkurrenz. Es wird spannend sein, wie die Länder nun argumentieren: Es ist bekannt, dass vor allem die Politik in Nordrhein-Westfalen gegen einen Umstieg zu DAB+ ist, um den UKW-Lokalfunk zu schützen. Trotz breiter Zustimmung im Digitalradio-Board bei nur einer Gegenstimme könnte die Roadmap doch noch an den Ländern scheitern, wenn diese auf eine Einigung auch mit dem VPRT drängen, befürchten Marktbeobachter. Im Negativ-Fall würde das ein "Alles auf Anfang" bedeuten. Dann hätten die großen Privatradios ihr Ziel erreicht: den Digitalumstieg zu verzögern.
Erneute Forderung nach Pflicht-Multi-Chip
Deutschlandradio-Intendant Steul erhofft sich von der Rundfunkkommission der Länder dagegen weitere Impulse: "Um die Digitalisierung des Hörfunks voran zu treiben, sollten Endgerätehersteller gesetzlich dazu verpflichtet werden, nur noch Radios auf den Markt zu bringen, die auch den Empfang digitaler Signale ermöglichen, also Multi-Norm-Geräte." Bei der Einführung des digitalen Fernsehens wurde eine vergleichbare Regelung beschlossen. Dadurch entsteht ein diskriminierungsfreier Zugang zu allen über Antenne verbreiteten Hörfunkangeboten.
Unterdessen setzt sich DAB+ auch ohne politische Schützenhilfe immer mehr durch: 22 Prozent der Deutschen besitzen schon mindestens ein Digitalradio-Empfangsgerät.