Tracking: Telekom gibt Bewegungsdaten an RKI weiter
Die Telekom hat anonymisierte Handydaten an das Robert Koch Institut (RKI) weitergegeben, um daraus Simulationen zu Bewegungsströmen zur möglichen Verbreitung des Coronavirus (Fachabkürzung SARS-CoV-2) erstellen zu können.
Das berichtet die in Berlin erscheinende Tageszeitung Tagesspiegel. Demnach seien erste Daten in einem Umfang von 5 GB übermittelt worden.
Diese Daten sollen den Zeitpunkt des Aufbaus einer Mobilfunkverbindung und den entsprechenden Mobilfunkmast, über den die Verbindung erfolgte, enthalten. Darüber lassen sich grob Bewegungsinformationen auslesen und bundesweit Bewegungsströme ermitteln. Diese Daten könnten dann bis auf Kreis-Gemeinde-Ebene heruntergebrochen werden, so eine Sprecherin der Telekom zum Tagesspiegel.
In einem Datensatz befinden sich Daten von etwa 30 Benutzern. Man kann also nicht sagen, das iPhone von Fritz Müller oder das S20 von Antje Meier war dann und dann dort und dort, es findet also kein Tracking einzelner Personen oder speziell von mit dem Coronavirus infizierten Personen statt. Wie der Tagesspiegel betont, werden die anonymisierten Standortdaten aller Nutzer weitergegeben, was mit den Datenschutzbehörden abgestimmt und entsprechend konform sei.
Motionlogic bewertet die Bewegung
Die Telekom versorgt das Robert Koch Institut mit anonymisierten Bewegungsdaten, um mögliche die Ausbreitung des Coronavirus voraussagen zu können
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Diese Daten sollen von der Telekom-Tochter Motionlogic
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stammen. Das Unternehmen verwendet schon länger Mobilfunkdaten, um damit den "Personenverkehr im öffentlichen Raum“ zu analysieren.
Dabei interessieren nicht die einzelne Person, sondern die gesamte Menge, um beispielsweise Standorte für neue Läden bewerten, Verkehrsplanungen erleichtern oder die Sicherheit bei Großveranstaltungen erhöhen zu können.
Weitere Anwendungen sind durch eine Kombination mit "soziodemographischen Daten" wie Alter und Geschlecht möglich. Darüber könnten diese Daten erwerbende Unternehmen beispielsweise Standorte von Reklametafeln optimieren, weil man wissen will, wie viele Leute an einer Tafel vorbeikommen und sie sehen könnten. Wie es weiter heißt, werden dem Robert-Koch-Institut die Daten kostenlos zur Verfügung gestellt.
Was sagt der Datenschutz?
Bereits im März hätten RKI und das Heinrich-Hertz-Institut (Fraunhofer) mit dem Bundesgesundheitsministerium darüber diskutiert, ob Standortdaten von Infizierten analysiert werden könnten, um dadurch mögliche Kontaktpersonen aufzufinden. Dies war dem Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber aber zu heikel. Er hält das nur dann für möglich, wenn die infizierten Personen der Weitergabe freiwillig zustimmen würden und vorab über die Verwendung der Daten genau aufgeklärt werden.
Die Medizinische Hochschule Hannover hat die "Datenspende" als Ansatz vorgeschlagen. Zusammen mit der Kartenanwendungsfirma Ubilabs (Hamburg) wird an einer App gearbeitet, welche anonymisiert Standortdaten aus den GPS-Standortverläufen der Mobiltelefone von Infizierten auswerten kann. Die Infizierten könnten diese Daten freiwillig zur Verfügung stellen. Das GPS-Tracking ist deutlich genauer als das Tracking über Mobilfunkzellen, sodass präzisere Warnungen an andere Personen erfolgen könnten.
Wie machen das andere Länder?
In anderen Ländern spielt der Datenschutz keine so große Rolle, wenn es darum geht die Pandemie zu bremsen. In China und Südkorea wurden infizierte Menschen getrackt, um Kontakte zu anderen Menschen und möglicherweise weitere Infizierte zu finden und zu warnen. Auch Israel hat das Tracking von Infizierten als "Notfallmaßnahme" beschlossen.
Einen ähnlichen Weg wie die Deutsche Telekom beschreitet der österreichische Mobilfunkanbieter A1, der nach Ansicht von Experten eher datenschutzkonform wäre. A1 soll freiwillig anonymisierte Bewegungsprofile an die österreichische Regierung weitergeben haben. Diese enthalten Gruppen von 20 Personen und nicht von 30 Personen wie in Deutschland.