BREKO & VATM: Schneller genehmigen, einfacher Bauen
Deutschland hat Angst, den Anschluss zu verlieren. Netzausbau hängt an Bürokratie und Angst vor moderner Technik
Foto: Picture Alliance
Laut dem Branchenverband Bitkom wächst der Markt für Informationstechnik und Telekommunikation in der Europäischen Union zwar stabil, aber langsamer als im Vorjahr. USA und China seien Europa weit voraus, mahnte Bitkom-Präsident Achim Berg heute.
Die Umsätze der ITK-Branche nähmen dieses Jahr voraussichtlich um 2,4 Prozent auf 653 Milliarden Euro zu - nach 2,9 Prozent im letzten Jahr. Für Deutschland gehen die Analysten von einem Wachstum um plus 2,3 Prozent auf 134,4 Milliarden Euro aus, 2018 waren es noch 2,7 Prozent auf 131,3 Milliarden Euro.
USA wächst stärker?
Deutschland hat Angst, den Anschluss zu verlieren. Netzausbau hängt an Bürokratie und Angst vor moderner Technik
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In den USA wächst der ITK-Gesamtmarkt zwar ebenfalls nur um 2,4 Prozent, dabei falle die Wachstumsrate im IT-Teilmarkt mit 3,9 Prozent jedoch höher aus, der Telekom-Markt schrumpfe dagegen um 0,1 Prozent. In China legt der Gesamtmarkt um plus 3,3 Prozent zu, wobei der IT-Markt besonders dynamisch mit plus 9 Prozent zulegt. Weltweit werden die ITK-Umsätze laut Prognose um 2,8 Prozent auf 3,2 Billionen Euro steigen.
Vor dem Start des Digital-Gipfels der Bundesregierung, der heute in Dortmund begann, warnte Berg davor, dass Deutschland in eine Außenseiterrolle geraten könne. "Deutschland ist die weltweit viertgrößte Volkswirtschaft, aber bei der Digitalisierung spielen wir nicht mehr vorne mit", sagte Berg der Tageszeitung Rheinische Post. Die Gesundheitskarte sei mehr oder weniger gescheitert. "Wir wollen flächendeckenden Mobilfunk, aber möglichst ohne Masten", kritisierte Berg.
Aktuelle EITO-Studie
Seine Zahlen zum Wachstum in Europa bezieht Bitkom aus einer aktuelle Studie des European Information Technology Observatory (EITO) [Link entfernt] . Demnach entwickelt sich das IT-Geschäft in den EU-Ländern besser als der Telekom-Markt. Unter den Nord- und westeuropäischen Staaten liege den Prognosen zufolge Irland (plus 6,6 Prozent), Finnland (plus 4,1 Prozent) und Schweden mit plus 4 Prozent vorn, in den östlichen Ländern die Tschechische Republik (plus 6,6 Prozent), Bulgarien (plus 6,5 Prozent) und Kroatien (plus 5,2 Prozent).
Dabei ist zu beachten, dass die Zahlen von EITO nicht die sonst vom Bitkom veröffentlichten Marktdaten für Consumer Electronics, Business Process Outsourcing & Business Consulting, Telekommunikationsinfrastruktur Dienstleistungen & Software,Pay TV und Halbleiter in den Anwenderbranchen enthalten. Sprich: Sie sind schlecht vergleichbar.
Dortmunder Digitalgipfel: Auf der Suche nach schnellen Lösungen
Den Dortmunder Digital-Gipfel nehmen auch die Deutsche Glasfaser und der VATM sowie der Branchenverband BREKO als Anlass, um sich zu Wort zu melden. Es müsse "Mehr Tempo beim Glasfaserausbau“ geben oder "ohne Glasfaser ist alles nichts" lautet deren Tenor. Die Branche erwarte, dass man sich von einer bloßen Ankündigungspolitik verabschiede, an konkreten Lösungen arbeite und Verantwortung für die Umsetzung politischer Ziele übernehme.
Die Plattform 1 des Gipfels „Digitale Netze und Mobilität“ unter Leitung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Dirk Wössner für die Telekom sowie die Fokusgruppe „Digitale Netze“ – unter Leitung von Uwe Nickl, CEO Deutsche Glasfaser für den VATM und Dr. Bernd Rohleder für den Bitkom – haben daher bewusst konkrete Empfehlungen und praktische Verbesserungen der Rahmenbedingungen mit Blick auf innovative Festnetz- und Mobilfunktechnologien in den Mittelpunkt gestellt. Das gelte auch für die AG „Mehr Tempo beim Glasfaserausbau“, welche die Deutsche Glasfaser und VATM außerdem leiten.
Zuviel Bürokratie
Nach wie vor sei der bürokratische Aufwand der Genehmigungsverfahren ein echtes Hemmnis für den Ausbau. Genehmigungen dauern in Deutschland viel zu lange oder wären gänzlich entbehrlich. Die Unternehmen mahnen eine Standardisierung und vollständige Digitalisierung der Anträge an.
Alternative oder im Ausland bewährte Verlegetechniken (z.B. "Trenching") müssten möglich werden, denn mit den klassischen Tiefbau-Verfahren (= Aufgraben der Straßen) werde das Gigabit-Ausbauziel bis 2025 nicht erreicht werden können“, unterstreicht Uwe Nickl, CEO Deutsche Glasfaser und VATM-Präsidiumsmitglied.
Wenig Akzeptanz im Land
„Förderale Strukturen und geringe Akzeptanz bei kommunalen Spitzenverbänden dürften große Überzeugungsarbeit benötigen, schätzt man beim VATM. Wenn die Bundesregierung ihre Ziele und die Kommunen den Ausbau wirklich zeitnah schaffen wollen, müsse es schneller gehen. "Dies brauchen wir alle, Bürgermeister und Bevölkerung, um Arbeitsplätze in Zukunft nicht massiv – vor allem auf dem Land – zu verlieren."
Nur ein Viertel der Unternehmen verfüge über die nötige Innovationskompetenz und -kultur, um ihre Wettbewerbsposition langfristig zu sichern, habe ein Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben.
BREKO mahnt für mehr Tempo
Der Branchen-Verband BREKO nimmt an der Plattform „Digitale Netze und Mobilität“ und wird das Ergebnispapier „Mehr Tempo im Netzausbau“ heute offiziell mit vorstellen. Auch der BREKO mahnte die einfachere Nutzung alternativer Verlegeverfahren beim Glasfaserausbau bis die Gebäude (FTTB) oder bis direkt zum Nutzer (FTTH) an, was unter dem Fachbegriff "Trenching" bekannt ist. Alternativ könnten auch die "grabenlosen Verlegung" - etwa durch eine „Erdrakete“ den Ausbau beschleunigen. Diese Verfahren müssten als "anerkannte Regeln der Technik definiert" werden und eine entsprechende Zertifizierung bekommen.
Die nach wie vor langwierigen, bürokratischen Genehmigungsverfahren bei den Kommunen müssten beschleunigt werden, etwa durch befristetes Personal, welches der Bund bezahlen solle. Die Genehmigungs- und Zustimmungsprozesse sollten vereinfacht werden, beispielsweise über eine deutschlandweit einheitliche, digitale Plattform.
Die Finanzierungsbedingungen für den eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau müssten verbessert werden. Banken seien bei der Vergabe notwendiger Kredite viel zu zögerlich. Hier könne die staatliche Förderbank KfW zum Zuge kommen.
Ohne Glasfaser ist alles nichts
„Ohne Glasfaser ist alles nichts“, brachte es BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers auf eine einfache Formel. Noch in diesem Jahr will die Bundesregierung mit der Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes („große TKG-Novelle“) starten. Mit der TKG-Novelle werden nicht nur die Regelungen einer zentralen europäischen Richtlinie – des so genannten TK-Kodex – in deutsches Recht umgesetzt, sondern auch weitere wichtige Rahmenbedingungen für die Zukunft gestellt.
Auch die Nachfrageförderung durch Glasfaser-Gutscheine („Voucher“) wird in Dortmund diskutiert werden.