ZDF: Digitale Versäumnisse im Festnetz und Mobilfunk
Eigentlich sollten ja "bis 2018" alle Haushalte mit schnellem Internet ausgestattet sein. Das zumindest hatte die Bundesregierung in ihrer "Digitalen Agenda" im Jahre 2014 versprochen. Die ZDF-Redaktion "WISO" ging wie angekündigt in ihrer Dokumentation "Kunden in der Warteschleife – Die langen Leitungen von Telekom, Vodafone & Co." am vergangenen Montag dieser Frage nach. Der Film von Jessica Martin und Oliver Koytek war vorab unter dem viel passenderen Titel "Funkloch und Schneckennetz – Ärger mit Telekom, Vodafone & Co." bereits in Programm "ZDFinfo" zu sehen. Wer ihn verpasst hat, kann ihn in der ZDFmediathek nochmal anschauen.
Viel Wahres, aber manches Detail fehlt
Regelmäßig greift die ZDF-Sendung WISO Themen aus dem Bereich der Telekommunikation auf.
Foto: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
Wir haben uns den Bericht angeschaut. Die dort geschilderten Fälle sind Kennern längst hinlänglich bekannt. Beispielsweise schon wenige Kilometer abseits der Ballungsgebiete klaffen riesige Funklöcher oder gibt es kein schnelles Internet, weil es "sich nicht rechnet". Die dahinter liegenden Gründe nannte der Bericht leider nicht: Ein Netzausbau, der bei allen privatwirtschaftlich rechnenden Anbietern rein unter Kostenaspekten stattfindet. Eine Kundschaft, die - wie im Film zu sehen - der unaufhaltsamen Gewissheit ist, wenn beispielsweise ein 50-MBit/s-Festnetz-Anschluss 50 Euro im Monat kostet, dann muss es ihn mit viel mehr Geschwindigkeit auch für die Hälfte oder wenig darüber geben. Der Anbieter, der das verspricht, bekommt den Auftrag. Ob der Wechsel klappt und was am Ende wirklich geboten wird, weiß der Kunde nicht.
2019: Digitales Entwicklungsland - mit Hoffnungsschimmer
breitbandmessung.de ist das offizielle Messportal im Auftrag der Bundesnetzagentur, um die Qualität des Internetzugangs zu messen.
Foto: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
Die Folge ist klar: Auch 2019 ist Deutschland noch digitales Entwicklungsland. Aber der Film machte auch Hoffnung: Sobald sich Bürger zusammentun und gemeinsam an die Anbieter herantreten, passieren wundersame Dinge. Wo es für die Telekom sich nicht rechnet, konnten der Kabel-TV-Anbieter Unitymedia gewonnen werden, die Bürger mussten dazu nur finanziell etwas in Vorleistung treten, in der Summe war das zu schaffen.
Noch krasser und dennoch erfolgreicher ein Ort abseits der Zivilisation auf dem Lande: Die Bauern haben drei große Traktoren zusammengespannt, sich einen Kabelpflug ausgeliehen und ihre Leerrohre für die Glasfaser schlicht und ergreifend selbst verlegt. Der Netzbetreiber musste nur noch die Glasfaser einblasen und die Kunden anschließen. Von 0 auf 500 MBit/s, das ist wie Weihnachten, Neujahr, Geburtstag, Taufe und Hochzeit auf einmal. Solche Initiativen machen Mut.
Abenteuer Anbieterwechsel
Nicht nur Privatpersonen vielleicht in jüngerem Alter, sondern gerade Firmen aus allen Branchen inklusive der Landwirtschaft brauchen schnelles Internet, nicht nur in der Stadt.
Beim Wechsel zur Telekom beispielsweise gibt's auf Wunsch einen Speedport-Router, einen Magenta-TV-Receiver und viele, viele Kabel dazu.
Foto: Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
So ärgerlich langsames Internet ist – es ist immer noch besser als gar kein Internet, was beispielsweise durch einen Anbieterwechsel passieren kann. Die schöne neue Welt des "einfach Anbieter wechseln und alles wird besser" wurde in seinen drastischen Auswirkungen gezeigt, aber nicht erklärt, warum das oft schiefgeht. Es hätte nur ein Satz bedurft, dass in vielen Fällen die Deutsche Telekom die Grundleistung (Leitung ins Haus) liefert und der Anbieter (z.B. Vodafone, Telefónica o2 und andere) diese Leistung bei der Telekom beziehen und mit ihrem Kunden abrechnen muss (der umgekehrte Fall ist heutzutage noch sehr selten).
Weil ein geplanter o2-Festnetz-Kunde keine Leitung bekam, fragte er bei der Telekom nach. Für Uneingeweihte völlig unverständlich, aber für Fachleute logisch, die Telekom konnte zu seinem Wunsch keine Auskunft geben, da der Kunde ja bei einem anderen Anbieter unterschrieben hat und sein Anschluss in einem Rahmenvertrag "versteckt" ist, zudem die Telekom nichts sagen darf. Sie hat ja mit dem Endkunden keinen Vertrag.
Das Ende vom Lied: Der Kunde ging wieder zurück zur Telekom, da hat es dann irgendwann doch noch geklappt.
Callcenter als Firewall?
Dann das Thema Callcenter. Hotlines brauchen Personal, das viel zu oft nur mit Mindestlohn bezahlt wird. Die Fluktuation ist riesig. Das Personal sollte ausreichend vorhanden und gut geschult sein, aber es darf nicht zuviel kosten. Warum dieses?
Die Kunden erwarten Spitzentechnik und Spitzenberatung zum möglichst niedrigsten Preis. Ein ehemaliger Callcenter-Mitarbeiter bestätigt, was längst bekannt ist: Es gehe im Callcenter nur um das Abarbeiten von Fallzahlen, aber nicht um das Lösen von Problemen. Zufriedene Kunden bringen dem externen CallCenter nichts.
Was passieren kann, wenn eine Gemeinde oder die Bürger selbst ausbauen, lesen Sie auf Seite 2.