DAB+: Alles auf Anfang beim zweiten Bundesmux?
Absolut Digital kann vorerst nicht mit weiteren bundesweiten Programmen auf DAB+ starten
Foto: Absolut Digital
Eigentlich sollte er schon längst auf Sendung sein, der zweite, nationale DAB+-Multiplex mit bis zu 16 zusätzlichen, bundesweiten Hörfunkprogrammen. Weil allerdings die beiden unterlegenen Plattformbewerber juristisch gegen die Entscheidung der Landesmedienanstalten vorgegangen sind, liegt das Vorhaben aktuell auf Eis - möglicherweise sogar für Jahre.
Daher erwägen die Landesmedienanstalten nun, das Zulassungsverfahren ganz neu aufzurollen. Entweder soll es auf den Stand zurückgesetzt werden, der unstrittig war, oder die Ausschreibung werde sogar komplett neu durchgeführt. Bevor die Medienwächter hierzu eine Entscheidung fällen, wollen sie jedoch noch die Stellungnahme des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in Bautzen abwarten. Diese wird spätestens Anfang 2019 erwartet.
Diese Details gehen aus dem Bericht des Vorsitzenden zur 13. Sitzung des Medienrats der BLM am 14. Dezember 2018 hervor. Darin heißt es wörtlich: "In Bezug auf die seit langem im Streit stehende Vergabeentscheidung zum 2. bundesweiten DAB+Multiplex hat das OVG Bautzen auf die Beschwerde der Medienanstalten bislang nicht reagiert. Ob es tunlich ist, im Verfahren vor das beanstandete Einigungsverfahren zurückzugehen oder eine neue Ausschreibung durchzuführen, kann erst nach Stellungnahme des Gerichts sachgerecht diskutiert werden."
Antenne Deutschland darf nicht auf Sendung gehen
Absolut Digital kann vorerst nicht mit weiteren bundesweiten Programmen auf DAB+ starten
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Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte zuvor am 1. Juni im Eilverfahren des bei der Lizenzvergabe um den zweiten nationalen Digitalradio-Multiplex unterlegenen Plattformbewerbers DABP GmbH gegen die Zuweisungsentscheidung der Gremienvorsitzendenkonferenz der Landesmedienanstalten (GVK) zugunsten von Antenne Deutschland (Media Broadcast/Absolut Digital) die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt.
Damit hatte das Konsortium um den ehemaligen Rennfahrer und Initiator des zweiten Bundesmux, Steffen Göpel, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gewonnen. Das von den Landesmedienanstalten lizenzierte Unternehmen Antenne Deutschland darf somit bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht auf Sendung gehen. Auch der zweite unterlegene Bewerber, Radi/o Digital, geht juristisch gegen die Zuweisung der Plattform an Antenne Deutschland vor.
Es ist allerdings mehr als fraglich, ob eine Neuausschreibung hilfreich ist, wenn erneut eine Plattform als Gesamtes ausgeschrieben wird. Egal, wer diesmal das Verfahren gewinnt: Die unterlegenen Bewerber könnten erneut Rechtsmittel einlegen und das Vorhaben erneut für Jahre auf Eis legen.
Drei mögliche Szenarien
Am Rande des WorldDAB General Assembly wurde daher darüber diskutiert, wie man den zweiten Bundesmux dennoch zu einem Start bringen könnte. Dabei wurden drei Szenarien genannt.
Szenario 1 wäre eine Neuausschreibung nach dem Vorbild des ersten Bundesmux. Hier gibt es eine Dreiteilung: Das öffentlich-rechtliche Deutschlandradio und der Netzbetreiber Media Broadcast erhielten jeweils einen Teil der Kapazitäten zur freien Verfügung. Aktuell werden die Kapazitäten von Media Broadcast für Datendienste und das Hörfunkprogramm Schwarzwaldradio genutzt. Die restlichen Programmäquivalente wurden einzeln ausgeschrieben. Nachteil eines solchen Verfahrens ist der große Verwaltungsaufwand und mangelhafte Flexibilität: Falls ein Veranstalter aufgeben muss, können diese Kapazitäten nicht sofort wieder belegt werden, sondern müssten erneut ausgeschrieben werden.
Szenario 2: Man schreibt die zur Verfügung stehenden CUs in zwei oder drei Losen aus, teilt also die Kapazitäten auf und lizenziert zwei oder drei Plattformbetreiber, möglicherweise auch zwei Netzbetreiber getrennt nach West und Ost. Vorteil eines solchen Vorgehens: Jeder der drei designierten Plattformbetreiber könnte seine eigenen Ideen einbringen und es gäbe maximale Vielfalt. Da die Geschäftsmodelle der Plattformbetreiber aber jeweils vorsehen, neben der Veranstaltung von Eigenprogrammen auch Kapazitäten an Drittanbieter unterzuvermieten, könnten die Plattformen möglicherweise nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden.
Bleibt also immer noch die Hoffnung auf Szenario 3: Mediatoren versuchen die Streithähne zu einer Einigung zu bewegen, damit sie eine gemeinsame Gesellschaft gründen. Das scheitert bisher allerdings vor allem an den Fragen Beteiligungsverhältnisse, Plattform-Standort und Netzbetreiber für den Multiplex. Hier gehen die Vorstellungen der drei Bewerber derart auseinander, dass eine Einigung im Moment zumindest unmöglich scheint.
In einem sind sich aber alle einig: Der momentane Rechtsstreit wirkt sich völlig kontraproduktiv auf die Entwicklung des digital-terrestrischen Radios DAB+ in Deutschland aus.