Hintergrund

Die Drillisch-Offensive: Das passiert in den kommenden Monaten

300 eigene Shops, direkter Zugriff auf das Telefónica-Netz und Kampfpreise: Ein Hinter­grund zu dem, was die kommenden Monate bei Drillisch passiert und warum Drillisch damit auf einer Erfolgs­spur sein könnte.
Von Thorsten Neuhetzki

Der Drillisch-Firmensitz in Maintal Der Drillisch-Firmensitz in Maintal
Quelle: Drillisch
Ein wenig liest sich die Geschichte von Drillisch schon jetzt wie die des amerikanischen Traums: Vom Teller­wäscher zum Millionär. Drillisch hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einem reinen Telefon-Geräte­verkäufer über einem Provider zu einem Unternehmen entwickelt, das in Kürze für seine Kunden in vollem Umfang über die Spezifikationen des o2-Netzes verfügen und wie ein Netzbetreiber agieren kann. Sogar ein eigenes Vermittlungs­netz im Hintergrund ist möglich. Klar ist: Auf den Markt und die Kunden kommt einiges zu und Drillisch wird wachsen und an Marktbedeutung gewinnen.

Wurden Shopbetreiber noch nicht über Wechsel zu yourfone informiert?

Der Drillisch-Firmensitz in Maintal Der Drillisch-Firmensitz in Maintal
Quelle: Drillisch
Ab Sommer wird Drillisch in Fußgängerzonen und Einkaufzentren zu finden sein. 301 Shops hat der Maintaler Anbieter von Telefónica übernommen. Sie firmieren bislang unter den Marken o2 oder Base, werden durch die Fusion aber überflüssig. Die Liste der Shops steht zwar offenbar fest, wird bislang aber noch unter Verschluss gehalten. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass ein Teil der Shops offenbar Partnershops sind.

Bei Partnershops handelt es sich um selbstständige Unternehmer, die bislang für einen der beiden Netzbetreiber aktiv waren, für die Kunden aber wie ein echter Netzbetreibershop wirken. Nach Angaben der Telecom Handel, einem Fachblatt für solche Händler, wurden die betreffenden Shops offenbar noch nicht darüber informiert, dass sie künftig Drillisch-Marken verkaufen werden. Drillisch wird die Shops als yourfone-Shops präsentieren. Nach Telekom-Magenta, Vodafone-Rot, E-Plus-Dunkelgrün, mobilcom-debitel-Hellgrün und o2-Blau wird es künftig also auch yourfone-Flieder als Farbe in den Fußgängerzonen zu finden sein. Dabei soll es sich um Shops mit "1A-Lagen" handeln. So will Drillisch neue Kundengruppen erschließen. Denn nach dem Aus der Kooperationen mit Penny und Rewe ist das Unternehmen aus der Offline-Welt nahezu verschwunden.

Anorganisch wachsen: Kunden und Marken kaufen

yourfone ist in dem fast nicht endenen wollenden Markengeflecht der Drillisch Telecom GmbH noch eine neue Marke. Sie wurde der Telefónica nach der Fusion abgekauft - samt Bestandskunden. Dabei blieb es aber nicht: Mit GTCom kaufte sich Drillisch eine weitere Mobilfunk-Firma, die mit A.T.U talk, EXPRESSmobil, GALERIAmobil, Globus MOBIL, mp3.de mobile oder n-tv go! ebenfalls mehrere Marken (auch offline) hat. Zwar agiert GTCom weiter eigenständig, die Kunden werden jedoch technisch zu Drillisch überführt. Das wiederum erhöht die Auslastung der eigenen kommenden Infrastruktur als MVNO.

Organisch wachsen durch Kampfpreise ohne Vertragslaufzeit

Dass Drillisch nicht klein und unauffällig agieren wird, hat der Anbieter spätestens zu Beginn dieses Monats gezeigt, als er neue Tarife bei smartmobil vorgestellt hat. smartmobil ist neben yourfone die zweite Marke, die bei Drillisch im Vermarktungsfokus steht: yourfone als Offline- und smartmobil als Online-Marke. Die neuen Tarife sehen vor, dass Kunden schon ab knapp 13 Euro eine Allnet-Flat mit 500 MB Daten, LTE-Zugriff und SMS-Flatrate bekommen - und das ohne Vertragsbindung.

Drillisch will den Kunden mit der einmonatigen Vertragslaufzeit offenbar deutlich machen: "Ein Wechsel für dich ist ohne Riskio, du kannst jederzeit wieder gehen". Das hat vor Jahren schon im Festnetz funktioniert, als Alice Verträge ohne Laufzeit anbot. Seinerzeit hieß es seitens des Anbieters, man brauche keine Mindestvertragslaufzeit, weil zufriedene Kunden auch so blieben. Und so haben viele auch Jahre nach der Alice-Übernahme durch Telefónica und dem Einstampfen der Marke einen solchen Festnetz- und DSL-Vertrag - nur die Rechnung kommt von Telefónica. Der Trick mit günstigen Preisen ohne Risiko die Kunden lange an sich zu binden, funktioniert auch im Mobilfunk, wie der Erfolg der Prepaid-Discounter zeigt. Nur derartige Kampfpreise, wie smartmobil sie nun vorgelegt hat, suchten Kunden ohne Vertragsbindung bisher vergeblich.

Exklusiver Zugriff auf Telefónica-Netz - samt Investitions-Beitrag

Drillisch hat nach eigenen Angaben als einziger der möglicherweise auch noch kommenden Telefónica-MVNOs derzeit Zugriff auf das LTE-Netz von Telefónica. Hier hat man einen Exklusiv-Vorsprung von einem Jahr. Das ist zwar nicht lang, bedeutet in der Telekommunikationswelt jedoch eine Menge, wenn man bedenkt, dass Mobilfunkverträge in Deutschland höchstens zwei Jahre laufen. Insgesamt kann Drillisch auf bis zu 30 Prozent der gesamten o2-Kapazität zurückgreifen - zunächst für fünf, auf Wunsch jedoch für bis zu 15 Jahre.

Wie bereits gestern berichtet, lässt sich Drillisch die LTE-Nutzung auch was kosten. 150 Millionen Euro zahlt der Ex-Provider und künftige MVNO als Beitrag zum Ausbau des LTE-Netzes. Drillisch selbst sieht sich damit auf Augenhöhe mit den Netzbetreibern. Doch eines kann der MVNO bei aller Flexibilität nicht: Auf mangelnde Netzabdeckung eingehen und eigene Sendemasten aufbauen.

Mehr zum Thema Drillisch Online