Rückblick

eco-Beschwerdestelle: Beschweren lohnt sich

Die Beschwerdestelle des Internetverbandes eco erreicht 96,3 Prozent Erfolgsquote. Die Zahl der berechtigten Fälle geht aber zurück.
Von dpa / Wolfgang Korne

Die Beschwerdestelle von eco legt den Finger auf die wunden Punkte des Internets. Die Beschwerdestelle von eco legt den Finger auf die wunden Punkte des Internets.
Bild: picture alliance/Silas Stein/dpa
Die Beschwerdestelle des Internetverbands eco blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Trotz eines erheblichen Beschwerdeaufkommens habe das Prinzip "Löschen statt Sperren" funktioniert, sagte Rechtsanwältin und Leiterin der Beschwerdestelle Alexandra Koch-Skiba heute bei der Vorstellung des Jahresberichts 2018.

Upload-Filter nicht zielführend

Insgesamt wurden dem eco 8671 Fälle gemeldet, Hinweise zu Spam-Mails und Inhalten aus dem Usenet nicht mit eingerechnet. Davon hätten sich nach der juristischen Prüfung 3096 Fälle als tatsächlich berechtigt herausgestellt - im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 23,8 Prozent. Mit 72 Prozent dominierten dabei Beschwerden zu Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen.

Die Beschwerdestelle von eco legt den Finger auf die wunden Punkte des Internets. Die Beschwerdestelle von eco legt den Finger auf die wunden Punkte des Internets.
Bild: picture alliance/Silas Stein/dpa
Eine Erfolgsquote von 96,2 Prozent bei ihrer Arbeit wertet die Beschwerdestelle als Indiz dafür, dass sich etwa bei gemeldeten Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen die rechtliche Beurteilung und die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden bewähren. Das zeige, dass die Selbstregulierung im Netz funktioniere - auch international, sagte Koch-Skiba. Maßnahmen wie Upload-Filter laborierten dagegen nur an Symptomen herum und trügen nichts zur Bekämpfung der Ursachen bei.

Die Bundestagsfraktion der Grünen begrüßte vor allem die gute Kooperation mit Behörden der Länder und der Strafverfolgung, sieht aber von Seiten des Gesetzgebers noch Handlungsbedarf. Zur besseren Vergleichbarkeit der verschiedenen Statistiken über Beschwerden sollten Kriterien definiert werden, nach denen die Transparenzberichte erstellt werden, sagte die Sprecherin für Medienpolitik Margit Stumpp. Dies könne durch eine Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes erfolgen.

Hohe Hürden für die Verfolgung bei Hassreden

Offensichtliche Verstöße nach dem neuen Gesetz gegen Hassrede (NetzDG) haben im aktuellen Jahresbericht dagegen nur eine sehr geringe Rolle gespielt. Gerade einmal 62 Fälle begründeter Beschwerden seien dem Bereich Rassismus im weitesten Sinne zuzuordnen gewesen, sagte Koch-Skiba. Der Anteil liege damit bei zwei Prozent. Dabei habe es sich bei einem Fünftel dieser Fälle (21 Prozent) um offensichtliche Verstöße gehandelt, in den anderen Fällen habe es einer intensiven rechtlichen Prüfung bedurft. Letztlich seien lediglich acht Prozent der Beschwerden begründet gewesen.

Der niedrige Anteil der berechtigten Beschwerden in dem Delikt-Bereich, zu dem etwa Volksverhetzung, Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen oder die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse zählen, mache deutlich, dass die Hinweisgebenden in diesem Bereich sehr sensibilisiert seien, heißt es in dem Report. Es zeige aber auch, dass die rechtlichen Hürden für tatsächliche Verstöße aufgrund der Meinungsfreiheit hoch gesteckt seien.

Beurteilung braucht Fachleute

Aus diesem Grund sollte die rechtliche Bewertung gemeldeter Inhalte wie Hass und Gewaltdarstellung auch künftig eindeutig von Experten durchgeführt werden, forderte Koch-Skiba. Die eco-Beschwerdestelle ist im Kernteam in Köln ausschließlich mit Volljuristen besetzt. Das seit Oktober 2017 geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Hass und Hetze im Netz schreibt dagegen Plattformbetreibern eine maßgebliche Rolle bei der Sperrung solcher Inhalte zu. Das vom damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorangebrachte Gesetz schreibt Internet-Plattformen vor, klar strafbare Inhalte in einer festgelegten Frist nach einem ersten Hinweis darauf selbst zu löschen und sieht bei Verstößen empfindliche Geldstrafen vor. Kritiker sahen die Gefahr einer Einschränkung der Meinungsfreiheit, da die Plattformbetreiber möglicherweise vorschnell Beiträge aus Furcht vor Geldbußen löschen könnten und sie zudem selbst zu Vollzugsorganen gemacht werden.

Facebook eher unproblematisch

Auf das soziale Netzwerk Facebook, auf das das NetzDG vordringlich zielte, entfiel 2018 allerdings laut eco-Jahresbericht nur ein Bruchteil (6 Prozent) der Rassismus-Beschwerden. Die "projizierten Monsterprobleme" seien so nicht eingetroffen, sagte Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die mit der eco-Beschwerdestelle in dem Projekt "Verfolgen statt nur Löschen" zusammenarbeitet.

Der aktuelle Jahresbericht zeige, dass die Unternehmen Inhalte aufgrund von Verstößen überwiegend gegen ihre eigenen Standards entfernten. "Wir haben über die Jahre ein gutes Vertrauensverhältnis zu Plattformen wie Facebook aufgebaut", sagte Koch-Skiba. "Rechtsverstöße wie Hass, Hetze und Beleidigungen werden auch in der digitalen Welt sehr ernst genommen."

Bei Facebook ist man in den letzten Wochen auch anderweitig bemüht, den Anliegen der Datenschützer entgegen zu kommen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat nach der massiven Kritik der vergangenen Monate angekündigt, das Online-Netzwerk stärker auf den Schutz der Privatsphäre auszurichten. teltarif.de berichtete.

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