Klangverbesserung

Enhanced Voice Service: Verbesserte Sprachqualität für VoLTE getestet

Die Sprachqualität bei Mobiltelefonaten könnte noch deutlich besser sein, wie der von uns auf dem MWC getestete Enhanced Voice Service vom Fraunhofer IIS für VoLTE beweist. Doch wollen das die Netzbetreiber wirklich?
Vom MWC in Barcelona berichtet

Enhanced Voice Service: Verbesserte Sprachqualität für VoLTE getestet Enhanced Voice Service: Verbesserte Sprachqualität für VoLTE getestet
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
In vielen Mobilfunknetzen wird nach und nach HD Voice als Sprachcodec für eine bessere Verständlichkeit bei der Mobiltelefonie eingeführt, da beschäftigen sich die Forscher bereits mit einem potenziellen Nachfolgestandard. Dieser wird aktuell auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorgeführt und wir konnten ihn in einem ersten Test ausprobieren.

Auf einem Schaubild verdeutlichten die Ingenieure vom Fraunhofer IIS die technischen Unterschiede zwischen den bislang gebräuchlichen Standards AMR (im GSM-Netz), AMR-WB (bekannt als HD Voice in UMTS-Netzen) und dem neuen Codec Enhanced Voice Service (EVS). Dass AMR-WB schon deutliche Verbesserungen gegenüber AMR bringt, haben wir bereits in früheren Tests gezeigt. Nun steht allerdings CD-Qualität beim Telefonieren im Fokus. AMR deckt laut den Informationen vom Fraunhofer IIS einen Frequenzumfang bis zu 3,4 kHz ab, AMR-WB bis zu 7 kHz und EVS bis zu 20 kHz.

Test: Enhanced Voice Service im Unterschied zur 2G-Telefonie

Enhanced Voice Service: Verbesserte Sprachqualität für VoLTE getestet Enhanced Voice Service: Verbesserte Sprachqualität für VoLTE getestet
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Die Ingenieure vom Fraunhofer IIS lesen auch die Quartalsberichte der Mobilfunknetzbetreiber, in denen seit Jahren beklagt wird, dass mit Sprachtelefonie nur noch wenig zu verdienen sei. Bei der gegenwärtigen Sprachqualität sei das auch kein Wunder, kontern die Fraunhofer-Experten und merken an, dass die Sprachqualität bei IP-basierten Telefonie-Diensten wie Skype allerdings auch nicht besser sei. Der Lösungsvorschlag der Ingenieure lautet daher: Wer mit Sprachtelefonie (wieder) Geld verdienen will, muss auch eine exzellente Klangqualität bieten - und das schafft der Enhanced Voice Service.

Vorgefertigte Klangbeispiele zum Anhören Vorgefertigte Klangbeispiele zum Anhören
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Eindrucksvoll zu hören sind die Klangunterschiede auf dem Messestand an zwei Stellen: Über einen Kopfhörer können Messebesucher vorgefertigte Klangdateien mit Originalaufnahmen über AMR, AMR-WB und EVS anhören. Bereits hier ist der deutliche Unterschied im Klangspektrum wahrnehmbar.

Realitätsnaher ist allerdings ein Telefonat unter echten Bedingungen, und auch dafür ist das Fraunhofer IIS auf dem Messestand vorbereitet: In zwei akustisch von der Messehalle abgeschotteten Telefonzellen haben die Ingenieure zwei Smartphones installiert, neben jedem Smartphone befindet sich eine Umschaltbox, mit der der Interessent zwischen AMR (ohne WB) und EVS umschalten kann. Das Ergebnis ist verblüffend und offenbart die Schwächen der 2G-Telefonie: Spricht man mit AMR beispielsweise die beiden englischen Wörter "sailing" und "failing" direkt nacheinander aus, hört man, dass der alte Codec so viel "verschluckt", dass die Anfangsbuchstaben s und f kaum zu unterscheiden sind - Missverständnisse beim Telefonat sind vorprogrammiert. Besonders bei asiatischen Sprachen sei laut den Forschern die Gefahr für Missverständnisse hoch.

Klangtest auf dem MWC in zwei schalldichten Telefonzellen Klangtest auf dem MWC in zwei schalldichten Telefonzellen
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Mit EVS ist der Gesprächspartner tatsächlich glasklar zu verstehen, insbesondere Konsonanten und Zischlaute werden deutlich besser verständlich übertragen. Auch Musikbeispiele, die mit EVS codiert wurden, haben beinahe CD-Qualität. In der Telefonie-Praxis kommt Musikübertragung - außer bei Warteschleifen - zwar eher selten vor, aber die Klangunterschiede sind damit natürlich besonders gut vorzuführen.

Die Frage nach der Innovationsfreude der Netzbetreiber

EVS ist dazu gedacht, Telefonate über das LTE-Netz qualitativ zu verbessern. Für einen Einsatz der Technik wäre also jetzt ein guter Zeitpunkt, da an vielen Stellen momentan an der endgültigen Standardisierung und Implementierung von VoLTE gearbeitet wird. Denn bei EVS gilt wie bei jedem Sprachcodec: Sowohl das Netz als auch die Endgeräte müssen ihn unterstützen, sonst telefonieren beide Gesprächsteilnehmer wieder über die alten Standards.

Im Test: Direktes Umschalten zwischen AMR und EVS Im Test: Direktes Umschalten zwischen AMR und EVS
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Auf die Frage an die Fraunhofer-Ingenieure, ob denn bereits deutsche Netzbetreiber an der Technik Interesse bekunden wurden, mussten diese leider konstatieren, dass man bei den hiesigen Mobilfunknetzbetreibern viel zu sehr über Abwärtskompatibilität nachdenke und sich zu langsam neuen Techniken öffne. Konkretes Interesse an EVS signalisiert haben NTT Docomo in Japan und der in mehreren Ländern vertretene Orange-Konzern.

Auch mit ersten Herstellern wie Samsung führe man Gespräche über eine Implementierung - doch wenn die Netzbetreiber nicht mitspielen, nutzt die Technik den Kunden trotz kompatiblem Smartphone gar nichts. Im Gespräch mussten die Fraunhofer-Ingenieure sich sichtlich im Zaum halten, um die Netzbetreiber - was die Sprachqualität betrifft - nicht als rückständig erscheinen zu lassen. In unserem Test hat sich gezeigt, dass EVS für die Sprachtelefonie auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung darstellen würde.

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