Brandrede

Höttges: Telekom will "europäischer Champion" werden

Beim Bitkom hielt Telekom-Chef Tim Höttges eine Brandrede. Vor den Europawahlen hielt er einen flammenden Appell an die wirtschaftliche Zukunft Europas.
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Bei der Hub-Konfe­renz des digi­talen Bran­chen­ver­bandes Bitkom in Berlin hielt der Vorstands­vor­sit­zende der Deut­schen Telekom, Timo­theus Höttges, zum Auftakt eine flam­mende freie Rede in engli­scher Sprache.

Manchmal sei es schwierig, opti­mis­tisch zu bleiben, beklagte Höttges. "Wo ist Europa, was brau­chen wir?" Wenn er in ein Gebäude hinein ginge, komme er in die Dunkel­heit (vermut­lich meinte er die Netz­ver­sor­gung).

Welt­weiter Wett­be­werb

Eine flammende Rede zur Stärkung Europa im TK-Sektor hielt Telekom CEO Tim Höttges beim Branchenverband Bitkom. Eine flammende Rede zur Stärkung Europa im TK-Sektor hielt Telekom CEO Tim Höttges beim Branchenverband Bitkom.
Foto: Picture Alliance / dpa
Es gäbe großen Wett­be­werb, zwischen USA und China. "Alle großen Inter­net­platt­formen, acht der zehn welt­weit wich­tigsten Unter­nehmen kommen aus den USA." China konzen­triere seine Kräfte auf wenige globale Spieler. China habe eine Art Staats­ka­pi­ta­lismus, der bestimmte stra­te­gisch wich­tige Firmen dazu bestimmt habe, eine wich­tige Rolle zu spielen, "Ihr baut das jetzt". 123 "Unicorn"-Unter­nehmen der letzten fünf Jahren seien in China. Unicorns (Einhörner) sind Firmen, die durch unge­wöhn­li­ches Wachstum binnen kürzester Zeit aufge­fallen sind. Zum Vergleich: In den USA waren es 93 Unter­nehmen.

Wo ist Europa in dieser bipo­laren Welt?

In Europa (ohne Groß­bri­tan­nien) gäbe es neun Einhörner. So sehe der Wett­be­werb in Europa aus.

Auf dem TK-Markt in China reichten zwei Unter­nehmen, um 1,5 Milli­arden Menschen mit 5G-Tele­kom­mu­ni­ka­tion zu versorgen. In den USA leben 315 Millionen Menschen, dort über­lege man, von aktuell vier auf künftig drei größere Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bieter zu wech­seln, die eine 5G-Infra­struktur für alle Bürger bauen könnten.

Europa habe 28 Märkte mit 550 Millionen Einwoh­nern, wo pro Markt drei bis vier Netz­be­treiber oder insge­samt mehr als 120 Mobil­funk­an­bieter versuchten, eine 5G-Infra­struktur zu bauen. "Wie soll sich das insge­samt rechnen?"

"Was macht Europa in dieser bipo­laren Welt ange­sichts des Wett­be­werbs um das digi­tale Ökosystem? Was machen wir seit drei Jahren? Wir reden über Flücht­linge, Natio­na­lismus, wir reden über interne Probleme, wie wir zusammen leben, aber niemand redet darüber, wie wir die Wett­be­werbs­fä­hig­keit unseres Konti­nents vorwärts bringen." Höttges ist der Ansicht, dass die letzten drei Jahre für die digi­tale Welt in Europa verlo­rene Jahre gewesen seien.

Europa sei ein Projekt für Wohl­stand, ein Hort der Frei­heit, des Frie­dens, des offenen Handels, einer libe­ralen Einwan­de­rungs­po­litik sowie hoher ethi­scher Stan­dards. Bei der Tele­kom­mu­ni­ka­tions- und Wett­be­werbs­po­litik versage die Brüs­seler Politik aber nach Meinung des CEO völlig.

Flexi­bi­lität und Größe

Höttges betonte, das "eine Größe passt für alles" nicht funk­tio­nierte. Der "Back­bone" Deutsch­lands sei der inno­va­tive Mittel­stand. Leute, die seit Genera­tionen mit eigenem Geld in der eigenen Firma inves­tiert hätten, darunter seien jede Menge "hidden cham­pions". Mehr Regu­lie­rung würde diesen Unter­neh­mern nicht helfen.

Auf der anderen Seite gäbe es Indus­trien, die nur über eine Skalie­rung funk­tio­nierten, wie die Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­dus­trie. Wenn man die fünf größten euro­päi­schen Anbieter zusammen nehme, seien sie immer noch kleiner, als das größte ameri­ka­ni­sche Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­nehmen. Auf der einen Seite brauche man die Flexi­bi­lität klei­nerer Unter­nehmen, auf der anderen Seite müsse man im globalen Maßstab wett­be­werbs­fähig sein.

Aktien legen zu, TK-Markt geht zurück

Der Euro-Stoxx-Akti­en­index habe in den letzten 10 Jahren um 87 Prozent zuge­legt. Der euro­päi­sche Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sektor habe hingegen in der glei­chen Zeit etwa elf Prozent an Markt­ka­pi­ta­li­sie­rung an den Börsen verloren, rech­nete er vor. Die Indus­trie habe 30 Milli­arden an Wert verloren. "Das betrifft uns alle! Denn diese Indus­trie soll eigent­lich für uns ein 5G-Ökosystem aufbauen."

Glück im Unglück

Zum Glück für Höttges mache die Deut­sche Telekom "nur" 50 Prozent ihres Kern­ge­schäfts in Europa und den anderen Teil in den USA, wo das ganze Wachstum herkomme. Die USA seien quasi der "beste TK-Markt" welt­weit, auf dem alten Konti­nent sei der euro­päi­sche TK-Markt "der schlech­teste".

Höttges erin­nert die gesamte Branche noch­mals daran, wer die Infra­struk­turen für die Digi­ta­li­sie­rung baue. Durch den ewigen Fokus auf güns­ti­gere Preise für Verbrau­cher und Wett­be­werber etwa durch das Aus für Roaming-Gebühren, werde das perma­nent unter­graben. "Tritt­brett­fahrer" ("Free Riders") dürften die Leitungen der TK-Firmen in Europa mitnutzen. Trotz aller Bemü­hungen gebe es keinen echten Binnen­markt und keine harmo­ni­sierte Frequenz­po­litik. Zusam­men­schlüsse inner­halb der Branche würden von den Kartell­rechts­be­hörden regel­mäßig blockiert, Neu-Eintritte in den Markt genauso begüns­tigt.

Welche Lösungen Höttges für Europa sieht, lesen Sie auf der folgenden Seite.

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