Glasfaserausbau

Glasfaser: EWE und Telekom dürfen gemeinsam ausbauen

EWE und die Telekom haben die Erlaubnis, sich zusam­menzu­schließen, um gemeinsam im Nord­westen das Glas­faser­netz auszu­bauen. Aller­dings nur unter strengen Auflagen.
Von Wolfgang Korne mit Material von dpa

EWE und Deutsche Telekom haben grünes Licht für den gemeinsamen Glasfaserausbau. EWE und Deutsche Telekom haben grünes Licht für den gemeinsamen Glasfaserausbau.
Bild: dpa
Beim Glas­faser­ausbau dürfen die Deut­sche Telekom und der nieder­säch­sische Regio­nalan­bieter EWE künftig Hand in Hand gehen. Nachdem die Unter­nehmen umfas­sende Zusagen gemacht hatten, gab das Bundes­kartellamt heute grünes Licht. Einen entspre­chenden Beschluss, der für sechs Jahre gilt, veröf­fent­lichte die Bonner Behörde am Mitt­woch. "Koope­rationen können unter den rich­tigen Rahmen­bedin­gungen dafür sorgen, dass die Netze zügig ausge­baut werden und die Versor­gung der Haus­halte mit hohen Band­breiten schneller verbes­sert wird", erklärte Kartell­amts­chef Andreas Mundt.

Erste Koope­ration dieser Art

Es ist die erste weit­reichende Koope­ration beim Glas­faser­ausbau von zwei großen Firmen. Es geht um das Markt­gebiet der EWE, also vor allem um Nieder­sachsen - hier ist es das Gebiet nörd­lich einer Linie von Osna­brück bis vor die Tore Hamburgs. Hinzu kommen Bremen und in Nord­rhein-West­falen das nörd­liche Müns­terland sowie Ostwest­falen-Lippe und Biele­feld.

EWE und Deutsche Telekom haben grünes Licht für den gemeinsamen Glasfaserausbau. EWE und Deutsche Telekom haben grünes Licht für den gemeinsamen Glasfaserausbau.
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Die Koope­ration ist aber auch für ganz Deutsch­land wichtig. Sie könnte Modell­charakter haben, um den drin­gend benö­tigten Glas­faser­ausbau in Deutsch­land voran­zutreiben. Es geht hierbei um ultra­schnelle Leitungen bis in den Keller (Fiber-to-the-Buil­ding, FTTB) oder in die Wohnungen (Fiber-to-the-Home, FTTH) und nicht nur bis zum Vertei­lerkasten auf der Straße.

Nur ein kleiner Teil der Haus­halte ist bereits an dieses Netz ange­schlossen. Laut einer Markt­studie des Bran­chen­verbandes VATM waren zuletzt nur 4,3 Prozent der genutzten Inter­netan­schlüsse Glas­faser­leitungen - ein Down­load-Speed von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde ist hier möglich. Die aller­meisten Haus­halte (72 Prozent) sind hingegen noch über herkömm­liche Tele­fonkabel an das Netz ange­bunden und kommen zumeist nur auf bis zu 0,25 Gigabit pro Sekunde. Als Alter­native hierzu gilt das eben­falls schnelle Internet über TV-Kabel - diesen Zugang hat die Telekom aber nur stel­lenweise, ihn bietet hingegen vor allem Voda­fone an.

Umfas­sende Zuge­ständ­nisse notwendig

Um die Zustim­mung der Kartell­behörden zu erhalten, mussten die Telekom und EWE umfas­sende Zuge­ständ­nisse machen. So haben sie sich laut Kartellamt verpflichtet, andere Inter­netan­bieter "diskri­minie­rungs­frei" auf ihr Netz zu lassen - Konkur­renten könnten also Verträge verkaufen, ohne in der Region selbst Leitungen zu haben. Außerdem müssen die beiden Firmen weiterhin unab­hängig vonein­ander an Ausschrei­bungen teil­nehmen, wo der Staat mangels Wirt­schaft­lich­keit den Ausbau fördert - also auf dem Land.

Zudem müssen die Partner in den nächsten vier Jahren 300 000 Anschlüsse neu mit Glas­faser versorgen. Damit werde in dem Gebiet "deut­lich mehr ausge­baut als ursprüng­lich im Rahmen der Koope­ration geplant und als bei einem unab­hängigen Ausbau der Unter­nehmen zu erwarten wäre", heißt es vom Kartellamt.

Kritik aus der Branche

Bran­chen­kenner äußerten sich zu der Entschei­dung verhalten. "Es ist gut, dass in dieser Region künftig mehr Glas­faser gebaut wird", sagte Prof. Torsten J. Gerpott von der Univer­sität Duis­burg-Essen. Da die Daten­massen in die Höhe schnellten, sei Glas­faser perspek­tivisch unver­zichtbar. Keine gute Nach­richt für den Verbrau­cher sei, dass sich die beiden größten Markt­teil­nehmer in der Region künftig weniger Wett­bewerb machen werden. Die Auflagen bewer­tete er als "Selbst­verständ­lich­keiten".

Wett­bewerber Voda­fone reagierte mit deut­licher Kritik. Die Telekom und EWE planten "nichts Gerin­geres als ein neues Monopol in Nord­deutsch­land", sagte ein Firmen­spre­cher. Voda­fone argwöhnte, dass das neue Gemein­schafts­unter­nehmen beson­ders dort Glas­faser-Leitungen verlegen werde, wo bereits TV-Kabel liegen und somit schon ein Gigabit-Down­load­speed möglich sei. Der Spre­cher befürchtet, dass der Wett­bewerb ausge­bremst werde.

Auch der Bran­chen­verband VATM meldete sich zu Wort, bei dem sowohl der Olden­burger Konzern EWE als auch Voda­fone Mitglied sind. Das Bundes­kartellamt habe sich "redlich Mühe gegeben, eine ausge­wogene Entschei­dung zu treffen", sagte VATM-Geschäfts­führer Jürgen Grützner. "Mit neuen Ideen schlägt das Bundes­kartellamt nun neue Pfade ein, die bislang weder vom deut­schen Regu­lierer genutzt worden sind noch von der EU vorge­sehen sind."

Aller­dings ist auch für Grützner noch nicht sicher, ob die vom Kartellamt getrof­fenen Rege­lungen ausrei­chend sein werden, um den Wett­bewerb zu sichern und den Ausbau zu beschleu­nigen. „Das wird die Zukunft zeigen“, sagte er.

Projekt bereits 2017 gestartet

Den Entschluss zusam­menar­beiten zu wollen, haben die beiden Unter­nehmen bereits Ende 2017 verkündet. Damals erklärten die Telekom-Anbieter, das Glas­faser­netz im Nord­westen Deutsch­lands zusammen ausbauen und dafür bis zu zwei Milli­arden Euro inves­tieren zu wollen. Dafür sollte noch im Jahr 2018 ein Gemein­schafts­unter­nehmen gegründet werden, an dem sowohl die Telekom als auch EWE je zur Hälfte betei­ligt sein sollten. Das Projekt verzö­gerte sich jedoch. Unter­schrieben wurde der Grün­dungs­vertrag von "Glas­faser Nord­west", wie die gemein­same Tochter getauft wurde, letzt­lich erst im März dieses Jahres. Wir berich­teten.

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