Glasfaser: EWE und Telekom dürfen gemeinsam ausbauen
EWE und Deutsche Telekom haben grünes Licht für den gemeinsamen Glasfaserausbau.
Bild: dpa
Beim Glasfaserausbau dürfen die Deutsche Telekom und der niedersächsische Regionalanbieter EWE künftig Hand in Hand gehen. Nachdem die Unternehmen umfassende Zusagen
gemacht hatten, gab das Bundeskartellamt heute grünes
Licht. Einen entsprechenden Beschluss, der für sechs Jahre gilt,
veröffentlichte die Bonner
Behörde am Mittwoch. "Kooperationen können unter den richtigen
Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass die Netze zügig ausgebaut werden
und die Versorgung der Haushalte mit hohen Bandbreiten schneller
verbessert wird", erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt.
Erste Kooperation dieser Art
Es ist die erste weitreichende Kooperation beim Glasfaserausbau von zwei großen Firmen. Es geht um das Marktgebiet der EWE, also vor allem um Niedersachsen - hier ist es das Gebiet nördlich einer Linie von Osnabrück bis vor die Tore Hamburgs. Hinzu kommen Bremen und in Nordrhein-Westfalen das nördliche Münsterland sowie Ostwestfalen-Lippe und Bielefeld.
EWE und Deutsche Telekom haben grünes Licht für den gemeinsamen Glasfaserausbau.
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Die Kooperation ist aber auch für ganz Deutschland wichtig. Sie
könnte Modellcharakter haben, um den dringend benötigten Glasfaserausbau in Deutschland voranzutreiben. Es geht
hierbei um ultraschnelle Leitungen bis in den Keller
(Fiber-to-the-Building, FTTB) oder in die Wohnungen
(Fiber-to-the-Home, FTTH) und nicht nur bis zum Verteilerkasten auf
der Straße.
Nur ein kleiner Teil der Haushalte ist bereits an dieses Netz angeschlossen. Laut einer Marktstudie des Branchenverbandes VATM waren zuletzt nur 4,3 Prozent der genutzten Internetanschlüsse Glasfaserleitungen - ein Download-Speed von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde ist hier möglich. Die allermeisten Haushalte (72 Prozent) sind hingegen noch über herkömmliche Telefonkabel an das Netz angebunden und kommen zumeist nur auf bis zu 0,25 Gigabit pro Sekunde. Als Alternative hierzu gilt das ebenfalls schnelle Internet über TV-Kabel - diesen Zugang hat die Telekom aber nur stellenweise, ihn bietet hingegen vor allem Vodafone an.
Umfassende Zugeständnisse notwendig
Um die Zustimmung der Kartellbehörden zu erhalten, mussten die Telekom und EWE umfassende Zugeständnisse machen. So haben sie sich laut Kartellamt verpflichtet, andere Internetanbieter "diskriminierungsfrei" auf ihr Netz zu lassen - Konkurrenten könnten also Verträge verkaufen, ohne in der Region selbst Leitungen zu haben. Außerdem müssen die beiden Firmen weiterhin unabhängig voneinander an Ausschreibungen teilnehmen, wo der Staat mangels Wirtschaftlichkeit den Ausbau fördert - also auf dem Land.
Zudem müssen die Partner in den nächsten vier Jahren 300 000 Anschlüsse neu mit Glasfaser versorgen. Damit werde in dem Gebiet "deutlich mehr ausgebaut als ursprünglich im Rahmen der Kooperation geplant und als bei einem unabhängigen Ausbau der Unternehmen zu erwarten wäre", heißt es vom Kartellamt.
Kritik aus der Branche
Branchenkenner äußerten sich zu der Entscheidung verhalten. "Es ist gut, dass in dieser Region künftig mehr Glasfaser gebaut wird", sagte Prof. Torsten J. Gerpott von der Universität Duisburg-Essen. Da die Datenmassen in die Höhe schnellten, sei Glasfaser perspektivisch unverzichtbar. Keine gute Nachricht für den Verbraucher sei, dass sich die beiden größten Marktteilnehmer in der Region künftig weniger Wettbewerb machen werden. Die Auflagen bewertete er als "Selbstverständlichkeiten".
Wettbewerber Vodafone reagierte mit deutlicher Kritik. Die Telekom und EWE planten "nichts Geringeres als ein neues Monopol in Norddeutschland", sagte ein Firmensprecher. Vodafone argwöhnte, dass das neue Gemeinschaftsunternehmen besonders dort Glasfaser-Leitungen verlegen werde, wo bereits TV-Kabel liegen und somit schon ein Gigabit-Downloadspeed möglich sei. Der Sprecher befürchtet, dass der Wettbewerb ausgebremst werde.
Auch der Branchenverband VATM meldete sich zu Wort, bei dem sowohl der Oldenburger Konzern EWE als auch Vodafone Mitglied sind. Das Bundeskartellamt habe sich "redlich Mühe gegeben, eine ausgewogene Entscheidung zu treffen", sagte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. "Mit neuen Ideen schlägt das Bundeskartellamt nun neue Pfade ein, die bislang weder vom deutschen Regulierer genutzt worden sind noch von der EU vorgesehen sind."
Allerdings ist auch für Grützner noch nicht sicher, ob die vom Kartellamt getroffenen Regelungen ausreichend sein werden, um den Wettbewerb zu sichern und den Ausbau zu beschleunigen. „Das wird die Zukunft zeigen“, sagte er.
Projekt bereits 2017 gestartet
Den Entschluss zusammenarbeiten zu wollen, haben die beiden Unternehmen bereits Ende 2017 verkündet. Damals erklärten die Telekom-Anbieter, das Glasfasernetz im Nordwesten Deutschlands zusammen ausbauen und dafür bis zu zwei Milliarden Euro investieren zu wollen. Dafür sollte noch im Jahr 2018 ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet werden, an dem sowohl die Telekom als auch EWE je zur Hälfte beteiligt sein sollten. Das Projekt verzögerte sich jedoch. Unterschrieben wurde der Gründungsvertrag von "Glasfaser Nordwest", wie die gemeinsame Tochter getauft wurde, letztlich erst im März dieses Jahres. Wir berichteten.