Befragung

Facebook in den Bundestag zitiert: Abgeordnete bleiben skeptisch

Nach der Marathon-Befragung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg im US-Kongress kam ein ranghoher Manager des Online-Netzwerks auch in den Bundestag. Nach der Ausschuss-Sitzung zeigen sich Abgeordnete skeptisch.
Von dpa /

Facebook vor dem Bundestag: Mehr Nebelkerze als Aufklärung Facebook vor dem Bundestag: Mehr Nebelkerze als Aufklärung?
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Ein ranghoher Facebook-Manager hat im Bundestag versichert, dass das Online-Netzwerk nach dem jüngsten Datenskandal verlorenes Vertrauen wiedergewinnen wolle. Das Online-Netzwerk hoffe auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit Parlament und Regierung in Deutschland, sagte Joel Kaplan, einer der Politik-Verantwortlichen von Facebook, in einer Ausschusssitzung heute.

Er wiederholte in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Digitale Agenda sowie Recht und Verbraucherschutz Facebooks Eingeständnis, dass der Datenabfluss an die Analysefirma Cambridge Analytica ein Vertrauensbruch gewesen sei, den das Online-Netzwerk bedauere.

Abgeordnete bleiben skeptisch

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Abgeordnete zeigten sich nach dem Treffen skeptisch. "Der Weg zurück zum Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer ist für Facebook noch sehr weit", erklärten die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der digitalpolitische Sprecher der Arbeitsgruppe Digitale Agenda, Thomas Jarzombek. "Die heutige Sitzung hat zwar etwas Licht ins Dunkel gebracht, doch leider bleibt es nebelig." Das Treffen habe den Eindruck hinterlassen, dass es Facebook mehr um das eigene Image als um wirkliche Aufklärung gehe.

Die Grünen-Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz, Tabea Rößner, sagte, man wisse nun, "dass es sich offensichtlich um mehrere zehntausend Apps handelt, die möglicherweise Zugriff auf Nutzerdaten hatten und jetzt von Facebook in einem längeren Prozess untersucht werden". Facebook hatte eine solche Zahl bisher nicht genannt, sondern nur grundsätzlich erklärt, dass alle Apps aus der Vergangenheit mit weitreichendem Zugriff auf Nutzerdaten überprüft werden sollen. "Die Anhörung hat ein weiteres Mal gezeigt, dass die grundlegende Haltung von Facebook unverändert ist: 'Business as usual'. Das ist höhnisch den Betroffenen gegenüber", sagte Rößner dem Handelsblatt.

Viele Fragen wurden nicht beantwortet

Aus der SPD-Fraktion kritisiert der netzpolitische Sprecher Jens Zimmermann und der rechtspolitischer Sprecher Johannes Fechner: "Viele Fragen wurden überhaupt nicht beantwortet, viele Fragen wurden sehr unpräzise und relativierend behandelt. Dabei entsteht der Eindruck, dass mehr vernebelt wird als aufgeklärt." Manche Aussagen zum Umgang mit Nutzerdaten ließen sich "aus datenschutzrechtlicher Sicht bestenfalls als abenteuerlich beschreiben".

Kaplan zeigte sich bei dem Treffen zugleich offen für eine Debatte über mehr Transparenz bei Algorithmen, die zum Beispiel bestimmen, was Facebook-Nutzer zu sehen bekommen. "Wir verstehen, dass Algorithmen eine große Rolle im Leben der Menschen spielen, und mehr Transparenz und Kontrolle darüber, wie sie funktionieren, wichtig für deutsche Bürger ist." Facebook wolle daran mitarbeiten, dass es keine Diskriminierung durch Algorithmen gebe. Eine der Sorgen ist, dass Online-Nutzer durch eine automatisierte Auswahl einseitig informiert werden und ihr Weltbild verzerrt werden könnte.

Mehr Transparenz bei Wahlwerbung

Rechtzeitig zur Landtagswahl in Bayern im Oktober werde Facebook eines der angekündigten Instrumente für mehr Transparenz bei Wahlwerbung verfügbar machen, bekräftigte Kaplan. Mit dem "View-Ads"-Werkzeug soll man sich alle Anzeigen eines Werbetreibenden ansehen können - selbst solche, die nicht auf dem eigenen News-Feed erscheinen. Es ist eine Reaktion auf die Propaganda-Kampagnen aus Russland im Zuge der US-Präsidentenwahl. Nach Tests in Kanada und Irland soll das Werkzeug im Sommer weltweit eingeführt werden.

Bei dem Datenskandal wurden Informationen von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern von einem App-Entwickler an die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica weitergegeben. Es handelte sich sowohl um Daten von Umfrage-Teilnehmern als auch von ihren Facebook-Freunden. Diesen weitreichenden Zugriff auf Informationen der Freunde von Nutzern hatte Facebook für App-Entwickler bereits 2014 abgeschafft.

Aus Deutschland hatten sich nur 65 Nutzer an der Umfrage beteiligt. Bei Cambridge Analytica könnten nach Berechnungen von Facebook aber Informationen von knapp 310 000 Nutzern gelandet sein - auch weil sie Freunde in anderen Ländern hatten.

Facebook wusste bereits seit Ende 2015 von der Weitergabe der Daten aus der Umfrage, gab sich damals aber mit der bloßen Zusicherung zufrieden, dass sie gelöscht worden seien. Dass die betroffenen Nutzer damals nicht informiert wurden, bezeichnet Facebook-Chef Mark Zuckerberg inzwischen als Fehler.

Nach Angaben einer früheren Mitarbeiterin von Cambridge Analytica bezog die Firma Daten auch aus weiteren Umfragen.

Hamburgs Datenschutzbeauftragter leitet Verfahren gegen Facebook ein

Vor dem Hintergrund des Datenskandals bei Facebook hat Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar ein Bußgeldverfahren gegen den US-Konzern eingeleitet. Es müsse geprüft werden, ob Facebook die umfangreichen Daten auch von deutschen Nutzern so bereitgestellt habe, dass diese von App-Entwicklern automatisiert abgerufen werden konnten, sagte er heute. Wenn dem so sei, "wäre das eine Erhebung von Daten ohne Rechtsgrund, die unzulässig ist". Bei einem solchen Verstoß drohe ein Bußgeld von bis zu 300 000 Euro. Zuvor hatte der NDR darüber berichtet. Die Deutschlandzentrale des US-Konzerns sitzt in Hamburg.

Laut Caspar besteht noch Klärungsbedarf. Mit Schreiben von heute habe er Facebook über seinen Schritt informiert. "Jetzt haben wir angezeigt, dass wir ein Verfahren eingeleitet haben, dann muss es eine Anhörung geben."

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