Nutzer dürften künftig häufiger von Chatbots beraten werden
Bild: teltarif-Montage/Facebook
Das Silicon Valley ist im Chatbot-Fieber. Software, die sich mit
Menschen unterhalten kann, soll beim Buchen von Reisen helfen oder
den Kundendienst übernehmen. Nutzer werden sich aber auch auf einen
möglichen Missbrauch von Chatbots durch Betrüger einstellen müssen.
Nutzer dürften künftig häufiger von Chatbots beraten werden
Bild: teltarif-Montage/Facebook
2016 soll das Jahr werden, in dem wir anfangen,
uns mit Maschinen im Netz zu unterhalten. An allen Ecken und Enden in
der Internet-Branche werden Chatbots entwickelt - Programme, die in
der Lage sind, eine Konversation mit Menschen zu führen, zum Beispiel
auf Messaging-Plattformen. Ein Beispiel wären Bots, die Kunden bei
einer Hotelbuchung bis hin zur Zimmerauswahl unterstützen.
Facebook wird neue Chatbot-Plattform vorstellen
Erst vor wenigen Wochen demonstrierte Microsoft so einen Hotel-Helfer
für Geschäftsreisende und kündigte eine Chatbot-Plattform an, die
solche Programme für verschiedenste Lebenslagen in diverse
Kommunikations-Dienste bringen soll. Für Dienstag wird der nächste
Schritt von Facebook erwartet: Das weltgrößte Online-Netzwerk will
laut Medienberichten Chatbots, mit deren Hilfe man Waren oder
Dienstleistungen bestellen kann, in den Mittelpunkt seiner
Entwicklerkonferenz F8 rücken.
Facebook hatte bereits angekündigt, dass sein Kurzmitteilungsdienst
Messenger mit inzwischen rund 900 Millionen Nutzern das Geld als
Plattform für Unternehmen zur Kommunikation mit ihren Kunden
verdienen soll. Seit über einem halben Jahr experimentiert Facebook
mit dem persönlichen Assistenten "M", einer Art Concierge im
Messenger. Der Service soll alle möglichen Alltagsaufgaben erfüllen
können, von der Restaurant-Reservierung bis zum Planen einer Reise.
Dafür arbeiten neben der Software auch Menschen im Hintergrund.
Maschinen übernehmen Aufgaben Schritt um Schritt
"Man beginnt damit, dass viele Sachen von Personen erledigt werden
und nur wenige vom Computer - und übergibt Schritt um Schritt an die
Maschine", erklärt Messenger-Produktchef Stan Chudnovsky die
Vorgehensweise. "Wenn Anfragen von der Maschine zufriedenstellend
beantwortet werden können, übernimmt sie diese Aufgabe ab diesem
Punkt." Facebook machte bisher keine Angaben dazu, wie viel Arbeit
von Menschen hinter M für die Nutzer unsichtbar gemacht wird. Aber
die Maschine mache auf jeden Fall Fortschritte, sagt er.
Der Programmierer und Web-Vordenker Chris Messina, der unter anderem
als der Erfinder des Hashtags bei Twitter gilt, erklärte 2016 bereits
zum Jahr des "conversational commerce" - also von Geschäften, die via
Kommunikation abgeschlossen werden. Facebook-Manager Chudnovsky sieht
das als einen natürlichen Weg für das menschliche Verhalten: "Alles
im Leben beginnt mit einer Konversation, egal ob man Dinge kauft oder
den Tisch in einem Restaurant reserviert."
Vorstellung eines Chatbot-SDK steht bevor
Die Idee ist, dass ein Dialog im Messenger eine App ersetzen kann.
Bei der zunächst in der USA gestarteten Integration von Uber etwa
bekommt der Nutzer im Messenger alle Funktionen der eigentlichen
Uber-Anwendung geboten. Auf der F8 wolle Facebook Unternehmen
Werkzeuge zur Entwicklung von Chatbots für den Messenger vorstellen,
schrieb das "Wall Street Journal" am Wochenende.
Auch Microsoft-Chef Satya Nadella erklärte jüngst bei der hauseigenen
Entwicklerkonferenz Build: "Bots sind die neuen Apps". Zugleich
musste der Windows-Konzern auf schmerzhafte Weise die Tücken der
selbstlernenden Konversations-Software erfahren. Ein
Microsoft-Chatbot Namens "Tay" sollte verspielt mit Twitter-Nutzern
kommunizieren und ihnen die Technik näherbringen. Doch
Internet-Rowdys brauchten nur wenige Stunden, um der Maschine
rassistische Tiraden beizubringen. Tay musste vom Netz genommen
werden, ein Großteil der Tweets wurde gelöscht.
Zugleich werden die Messaging-Dienste neue Benutzeroberflächen
brauchen, wenn sie erst einmal für alle möglichen Alltagsaufgaben
eingesetzt werden sollten. "Wir denken darüber nach, wie das Aussehen
des Messengers das widerspiegeln könnte", sagt Chudnovsky. Die
typische Struktur der Apps mit einer Übersicht der Konversationen,
die jüngsten oben, habe sich ja seit über einem Jahrzehnt so gut wie
nicht verändert, gibt er zu bedenken. Denkbar sei zum Beispiel, die
Dialoge ausgehend aus Ort, Zeit oder Gewohnheiten des Nutzers
umzusortieren. "Und die Suchfunktion wird viel besser werden müssen."
Einführung von Chatbots bringt auch Probleme
IT-Sicherheitsexperten sehen noch einmal ganz andere Probleme. Der
neue Kanal mit direkter Interaktion zum Nutzer biete "großes
Potenzial" für Online-Kriminelle, sagt etwa Candid Wüest vom
Sicherheitssoftware-Spezialisten Symantec. Wenn etwa wie heute bei
Spam-Mails in großem Stil Nutzer von einer angeblichen
Fluggesellschaft mit Zusatz-Informationen zu einem Flug angeschrieben
werden, sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass in der Masse auch
einige Leute sind, die sich angesprochen fühlen und dem falschen Bot
vertrauen. "Dann fordert man sie irgendwann auf, sich anzumelden -
und schon ist das Konto gekapert."
Wüest sieht die Betreiber der Kurzmitteilungsdienste in der Pflicht,
für die Sicherheit der Nutzer zu sorgen. Denn die Menschen müssten
erst das nötige Gefühl für Sicherheit und Warnzeichen in dem für sie
neuen Geschäftsumfeld entwickeln.
In einer weiteren News sind wir darauf eingegangen, dass Nutzer ihre Flüge bereits jetzt über den Facebook-Messenger verwalten können.