Fake News: EU hat jetzt schon Angst vor Europawahl 2019
Die EU will Fake News bei der Europawahl 2019 vermeiden.
dpa
Im Kampf gegen Falschnachrichten im Internet fordert
die EU-Kommission einen Verhaltenskodex und freiwillige Anstrengungen
der großen Online-Unternehmen. Verbindliche Vorschriften soll es aber
zunächst nicht geben. "Die Kommission gibt den sozialen Netzwerken
und Online-Plattformen eine Chance, das Problem ein für alle Mal zu
lösen", sagte Digitalkommissarin Mariya Gabriel heute in
Brüssel. Die Kommission will ihrerseits Qualitätsmedien und
Faktenprüfer stärken, um verlässliche Informationen für Bürger zu
sichern.
"Fake News sind eine Gefahr für unsere Gesellschaften"
Die EU will Fake News bei der Europawahl 2019 vermeiden.
dpa
Angesichts der rasanten Ausbreitung von Falschnachrichten im Netz
hatte das Europaparlament im Juni 2017 die Kommission aufgefordert,
gesetzliche Maßnahmen zu prüfen. Die Behörde entschied sich nach
eigenen Angaben dagegen, weil ein Gesetzgebungsverfahren zu lange
dauern würde. "Es ist keine Zeit zu verlieren", sagte Gabriel. "Mit
Blick auf die Europawahlen 2019 müssen wir besonders wachsam sein."
Desinformationskampagnen könnten nach Einschätzung von Experten die Kampagne vor dem Brexit-Referendum in Großbritannien und den US-Wahlkampf 2016 beeinflusst haben. Der für Sicherheit zuständige EU-Kommissar Julian King sagte: "Fake News sind eine echte Gefahr für den Zusammenhalt und Stabilität unserer Gesellschaften." Manipulationen ausländischer Akteure könnten ernste Folgen für die Sicherheit haben. So nenne die russische Militärdoktrin Informationskriege ausdrücklich als Tätigkeitsfeld. "Wir sind im Prinzip in einer Art Schlacht, aber es ist eine andere Art von Schlacht, eine ohne Regeln", sagte King.
Stichwort: Selbstregulierung
Der gewünschte Verhaltenskodex soll bis Juli gemeinsam mit Online-Unternehmen und Medien erarbeitet werden. Er soll nach dem Willen der Kommission unter anderem vorsehen, dass Online-Plattformen ihre Werbekunden genauer prüfen und die Personalisierung von politischer Werbung einschränken. Bezahlte politische Inhalte sollen kenntlich gemacht werden. Zudem sollen die Unternehmen ihren Nutzern den Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen und die Unterscheidung erleichtern. Ein "Markierungssystem" soll sicherstellen, dass die Aktivitäten sogenannter Bots nicht mit von Menschen eingestellten Inhalten verwechselt werden.
Die Selbstregulierung der Branche soll bereits bis Oktober "messbare Wirkung" bringen, fordert die Behörde. Bleibe der Erfolg aus, seien gesetzgeberische Maßnahmen gegen "einige Plattformen" möglich.
Die Kommission setzt große Erwartungen in Faktenprüfung und will ein unabhängig arbeitendes europäisches Netzwerk solcher Fact Checker fördern, die sich zu hohen Standards verpflichten. In deren tägliche Arbeit werde man sich nicht einmischen, betonte Gabriel. Man wolle auch nicht wie ein "Wahrheitsministerium" selbst Inhalte aussortieren, versicherten beide Kommissare.
Kommissions-Bemühungen wirken halbherzig
Die Pläne zur Stärkung von Qualitätsmedien bleiben vage. Die Kommission kündigte eine neue Ausschreibung zur Produktion und Verbreitung hochwertiger Inhalte über die EU an. Zudem werde sie Initiativen für Medienfreiheit, Pluralismus und Qualitätsjournalismus unterstützen. Die EU-Staaten würden ermutigt zu "horizontalen Unterstützungsmaßnahmen, um Marktversagen zu begegnen, das die Nachhaltigkeit von Qualitätsjournalismus beeinträchtigt", hieß es.
Der europäische Verbraucherverband Beuc lobte, dass sich die Kommission des Problems der Falschnachrichten annimmt. Doch lasse die Behörde eine wichtige Ursache außer acht, nämlich die Geschäfte mit falschen und reißerischen Informationen. "Online-Plattformen machen Geld mit der Werbung, die neben Fake-News-Artikeln, Videos und Posts gezeigt wird", moniert der Verband. Da sich die Kommission nicht näher damit befasse, wirkten ihre Bemühungen halbherzig.