Digitalisierung, Breitbandausbau & Co.: Das fordert die FDP zur Wahl
Derzeit ist das Thema Breitbandausbau in aller Munde. Buzzwords wie Digitalgesellschaft, Industrie 4.0 oder Digitale Transformation kommen immer wieder zur Sprache und auch von einem neuen Ministerium für digitale Fragen ist da die Rede. Trotzdem hinkt Deutschland gerade in Sachen Breitbandausbau anderen europäischen Nationen hoffnungslos hinterher, Stichwort Merkels Neuland. Zwar wird immer wieder von der Förderung zum Ausbau der Infrastruktur geredet, aber auf dem Land oder in Gewerbegebieten und Ballungsräumen tut sich mitunter zu wenig.
Daher wird gerade in diesem Aspekt ein Auge auf die kommende Bundestagswahl am 24. September geworfen, wo wieder diverse Parteien um die Stimmen der Wähler buhlen. Nur: Welche Partei will eigentlich was umsetzen im Fall eines Wahlsieges?
In einer Artikelserie nimmt teltarif.de die Programme der etablierten Partien unter die Lupe und fasst zusammen, was CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die AfD zu Netzausbau, Mobilfunkversorgung, selbstfahrenden Autos und Datenschutz zu sagen haben. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das Wahlprogramm der Partei "FDP Freie Demokraten".
Digitale Bildung für jeden
Über 163 Seiten umfasst das diesjährige Wahlprogramm der FDP. Schon auf Seite 25 wird das erste Thema rund um die Digitalisierung in Angriff genommen. Bildung ist für die FDP mit ihrem Parteivorsitzenden Christian Lindner mit die Grundlage für eine digitalisierte Zukunft. Denn eines dürfte sicher sein: Ohne entsprechende Förderung und dem Vertrautmachen mit moderner Technik bleiben Potentiale ungenutzt, das künftige Fachpersonal für technische Aspekte einer IT-Gesellschaft und deren technische Dienstleistungen ist schlicht und ergreifend nicht verfügbar. Gerade im Hinblick auf den wirtschaftlichen IT-Wettbewerb mit anderen Nationen wie den USA, China, Russland, Japan, Taiwan oder Südkorea könnte Deutschland schnell ins Hintertreffen geraten.
Einer der ersten Schritte auf diesem Weg ist die technische Ausstattung von Schulen. Für die nächsten fünf Jahre will die FDP pro Kind mindestens 1000 Euro in die passende Technik investieren, um frühzeitig IT-Verständnis, Kreativität und Neugierde der Kinder zu fördern. Für den Ausbau der nötigen Infrastruktur soll ein Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern sorgen, worüber nicht nur der finanzielle Aspekt geregelt wird. Auch die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte für digitale Medien soll fester Bestandteil dieses Staatsvertrages sein.
Aber auch der Medienkompetenz will sich die FDP widmen. Konkret soll Kindern möglichst früh Medien- und Methodenkompetenz vermitteln werden, um sich aus der Flut an Informationen aus dem Netz differenziert und kritisch eine eigene Meinung bilden zu können. Eine der Kernforderungen der FDP lautet daher, Schüler im Umgang mit modernen Medien und Nachrichtenquellen zu unterrichten. Selbst in Prüfungen möchte die FDP elektronische Geräte und das Konzept der „Open Book Tests“ einbringen. Denn: Wissen kommt nicht durch Suchmaschinen zustande, sondern durch das Verständnis der Inhalte.
Überhaupt steht digitalisierte Bildung in großem Umfang bei der FDP auf dem Wahlprogramm. So will die Partei neue Konzepte des Unterrichts einführen, die sich aus Lernen mit und über digitale Methoden zusammensetzt, sowie kombiniertes Lernen. Letzteres versteht sich dabei aus einer individuellen Kombination aus Präsenzunterricht (das Anwesenheit in der Schule/Klasse), Online-Selbstlerninhalte und einer Praxisphase. Jeder Schüler soll sich dabei die drei Anteile bis zu einem gewissen Grad selbst einteilen können, da jeder Mensch auf unterschiedliche Weise den größten Nutzen aus solchen Möglichkeiten ziehen kann.
Aber auch nach der schulischen Ausbildung will die FDP digitale Möglichkeiten zur Weiterbildung einführen und das unabhängig vom Bildungsgrad der Menschen. Eine sogenannte Open University, bei der ausschließlich Onlinekurse angeboten werden im Rahmen von „Massively Open Online Courses“ kurz MOOC, soll jeder Bürger sich auf Wunsch weiterbilden können. Man möchte sogar prüfen, inwiefern an einer solchen Online-Universität erzielte Abschlüsse und Zertifizierungen als echte Studienleistung anerkannt werden können. Für freie Universitäten und Hochschulen fordert die FDP, dass Unterrichts- und Lehrmaterialien ohne Zugangsbeschränkungen online bereitgestellt werden, sofern keine Rechte Dritter oder das Urheberrecht verletzt wird.
Abschließend hebt die FDP bei diesem Thema hervor, dass die „weltbeste Bildung“ nur mit den „weltbesten Lehrern und Lehrerinnen“ funktioniert. Dazu müsse unter anderem ein finanzieller Anreiz geschaffen werden (=mehr Gehalt für Lehrer) und man will Praxisnähe, Fachlichkeit und stärkere Diagnosefähigkeiten fördern. Kurzum, die Rahmenbedingungen für Lehrer sollen erheblich verbessert werden, vor allem bei den digitalen und medialen Bereichen. Es dürfen keine digitalen Amateure sein, so der O-Ton.
Wirtschaft und digitaler Verkehr
In diesem Punkt will die FDP einen freien europäischen Binnenmarkt für digitale Güter errichten. Problem dabei sind die nationalen Digitalmärkte mit ihren jeweils ganz eigenen Regeln, Gesetzen und Regulierungen. Ohne den Grundsatz der Vertragsfreiheit infrage stellen zu wollen, sollen genau diese Barrieren für den grenzüberschreitenden digitalen Handel in Europa abgebaut werden. Ganz konkret soll es nach der Vorstellung der FDP egal sein, wo in Europa man Waren oder Dienstleistungen kauft/bucht/mietet. Das Wettbewerbsrecht und auch das Urheberrecht sollen der neuen digitalen Möglichkeiten nach angepasst werden. Bei ersterem plädiert die FDP dafür, dass bei Firmenübernahmen Kartellbehörden nicht nur die Wettbewerbssituation an sich berücksichtigen, sondern auch den Transaktionswert einer Firma. Beispiel: Trotz 10 Millionen US-Dollar Jahresumsatz und heftigen Verlusten hat Facebook den Messenger WhatsApp mit 10 Mitarbeitern für 22 Milliarden US-Dollar übernommen. Das eigentliche Kapital und der Reiz von WhatsApp sind die Daten von damals über 450 Millionen Nutzern gewesen.
Überhaupt soll durch Open-Data- und Open-Government-Strategien die Transparenz der Bundesregierung und Politik im Allgemeinen deutlich angehoben werden, was wiederum Bürger stärker mit einbeziehen soll. Nicht-unternehmensbezogene und nicht-personenbezogene Daten sollen ausnahmslos in einem maschinenlesbaren Format öffentlich zugänglich gemacht werden. Das gilt auch für Fahrplandaten von Verkehrsbetrieben und der Bahn, die öffentlich für jeden jederzeit einsehbar sein sollten.
Interessant wird es in Sachen Internet, denn hier bekennt sich die FDP mit Nachdruck zur Netzneutralität. Das dürfte für die Telekom und ihr StreamOn-Paket noch interessant werden, was ohnehin schon umstritten ist in Bezug auf die Netzneutralität.