TRT und RT: "Nachrichtensender" im Regierungsauftrag
Der türkische Staatspräsident Erdogan empfängt Mitarbeiter von "TRT Deutsch"
Foto: Twitter
Kaan Elbir ist in der Türkei offenbar ein wichtiger Mann. Zumindest so wichtig, dass er von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan im Dezember in dessen Istanbuler Gästevilla eingeladen wurde. Mit dabei waren laut BILD auch andere Mitarbeiter der neuen "TRT Deutsch"-Redaktion. Dabei handelt es sich gewissermaßen um die deutsche Dependance des türkischen Staatsrundfunks, welche Elbir als Chefredakteur leitet. Wenn man sich ein wenig mit dem Thema freie Medien und Journalismus auseinandersetzt, müsste man schon bei dieser Szene einigermaßen stutzig werden. Es ist nämlich nicht üblich, dass eine Redaktion gewissermaßen zum Appell in der Gästevilla eines Staatspräsidenten antritt.
Allerdings ist die Nähe zwischen "TRT Deutsch" und dem türkischen Präsidenten keinesfalls reiner Zufall, sondern sehr wohl kalkuliert. Seit dem gescheiterten Militärputsch gegen die Regierung Erdogan im Jahr 2016 wurde das Mediensystem am Bosporus radikal umgekrempelt. Mittlerweile sitzen dort so viele Journalisten im Gefängnis, wie in keinem anderen Land der Welt. Im Folgejahr 2017 leitete die türkische Justiz rund 20.000 Verfahren wegen des Verdachts auf "Erdogan-Beleidigung" ein, was sich natürlich vor allem auch gegen regierungskritische Medien richtete. Opposition und Regierungskritiker kommen de facto nicht mehr zu Wort, private Medien spielen im Alltag keine relevante Rolle mehr. Lediglich der Erdogan-treue Staatsrundfunk TRT genießt weitgehende Freiheiten.
Gegenpol zu "Mainstream-Medien"
Der türkische Staatspräsident Erdogan empfängt Mitarbeiter von "TRT Deutsch"
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Ironischerweise soll nun ausgerechnet dieses wenig objektive Sprachrohr der türkischen Regierung die deutsche Medienvielfalt um eine Facette bereichern. Aus Berlin möchte man künftig Themen aufgreifen, welche in den "Mainstream-Medien" nicht stattfinden. Was das genau bedeutet, wird man in der Praxis beobachten müssen. Doch es läuft wohl hauptsächlich darauf hinaus, den türkischen Präsidenten und seine Politik in einem möglichst positiven Licht erscheinen zu lassen.
Exakt diesen Gegenpol setzt auch "Russia Today" mit seinem Angebot. Der vom Kreml finanzierte Auslandssender wird in Deutschland bereits in bester HD-Qualität ausgestrahlt. Man scheut keine Kosten und Mühen, was insbesondere dank einer Finanzierung aus dem russischen Staatsbudget überhaupt möglich ist. Dass auch hier der Gesamttenor des Programms eher Putin-freundlich ist und an Kritik bezüglich der deutschen Regierung nicht gespart wird, muss man sicher nicht gesondert erwähnen.
Staatliche Finanzierung problematisch
Die beiden zuvor genannten Beispiele illustrieren bereits gut, warum es keine zu große Nähe zwischen Staat und Medien geben darf. Ohne unabhängige Journalisten wäre es nämlich für jede Regierung relativ einfach, den öffentlichen Meinungskorridor zu kontrollieren. Man sollte daher die Moderatoren von Auslandssendern wie TRT und RT weniger als Journalisten, sondern vielmehr als Botschafter ihrer Regierungen betrachten. Die USA gehen sogar noch einen Schritt weiter und führen RT als "ausländischen Agenten". In Deutschland gibt es keine direkte Verbindung zwischen Staat und öffentlich-rechtlichen Medien. Das war auch von Anfang an explizit so gewollt, schließlich hatte man in der nationalsozialistischen Diktatur bittere Erfahrungen mit einem Staatsrundfunk machen müssen.
Ob der heute existierende öffentlich-rechtliche Rundfunk aufgrund seiner unterschiedlichen Finanzierung im Vergleich zu anderen Staaten allerdings völlig objektiv und unabhängig ist, steht auf einem anderen Blatt. Auch ohne direkte Steuerfinanzierung haben Politiker bei ARD und ZDF viel mitzureden. Doch genau dieser Umstand wird mittlerweile ironischerweise selbst manchen Politikern zu unheimlich. So bezeichnete kürzlich der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael von Abercron ARD und ZDF als "Indoktrinationsplattformen" und kritisierte deren mangelnde politische Neutralität. Ob diese Kritik nun berechtigt ist oder nicht, mag man diskutieren. Dass sie aber nicht von der oft gescholtenen AfD sondern in diesem Falle aus einer der beiden Regierungsparteien kommt, sollte durchaus zu denken geben. Denn egal ob man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nun schätzt oder nicht, er sollte langfristig in keinem Falle den gleichen Weg wie in Russland oder der Türkei gehen und sich zu einem Sprachrohr gegen die Opposition entwickeln.