Themenspecial Telefon und Internet im Festnetz Quo vadis
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Das Festnetz ist tot - es lebe das Festnetz: Warum es ohne nicht geht

Totgesagte leben länger: Während Verbraucher zunehmend auf "das Festnetz" verzichten, nutzen sie es in Wahrheit doch immer intensiver - ohne es zu merken.
Von Thorsten Neuhetzki

Im Telekommunikationsmarkt gibt es zwei Entwicklungen: Die Glasfaserleitungen werden näher zu den Kunden gelegt, die Kapazitäten dadurch höher und die Leitungen schneller. Das wiederum spielt auch den Mobilfunkanbietern in die Hände. Denn nur dadurch, dass ein Handy seine WhatsApp-Daten an den Mobilfunkmast übertragen hat, sind sie noch nicht beim Empfänger. Manchmal werden die Daten noch per Richtfunk weitergeleitet, doch spätestens hier (wenn nicht schon direkt am Mast) geht es mit den Daten in die Erde und somit ins Festnetz. Zur Vermittlung setzen auch die Mobilfunknetzbetreiber aus Kapazitäts- und Zuverlässigkeitsgründen auf die Glasfaserleitungen. Dabei werden die gleichen Leitungen eingesetzt, die auch dem Festnetzausbau dienen.

Besonders leicht hat es hier die Telekom, die ihre Glasfaserleitungen schon lange nutzt, um Mobilfunkmasten anzubinden. Sie kann parallel ihren VDSL-Vectoring-Ausbau vorantreiben und hat so für weite Strecken nur einmal die Tiefbaukosten. Auch Vodafone nutzt die eigene Infrastruktur, die unter anderem durch den Kauf von Kabel Deutschland vorhanden ist und weiter ausgebaut wird, inzwischen zunehmend für die Anbindung der eigenen Mobilfunkmasten. Und auch für die lokalen Anbieter, die Glasfaserleitungen in ländlichen Regionen ausbauen, ist die Anbindung von Mobilfunkmasten ein nettes Zubrot. Schließlich muss auch Telefónica seine Sendemasten an schnelle Leitungen anbinden, hat sich jedoch selbst aus dem Festnetz weitgehend verabschiedet.

5G wird in Innenstädten nur wenige Meter per Funk überbrücken

Bis der nächste Mobilfunkstandard 5G Einzug erhält, werden wohl noch ein paar Jahre ins Land gehen. Doch schon heute stehen in Großstädten in der Regel alle paar hundert Meter Mobilfunkmasten - und somit auch Glasfaser-Leitungen für den Abtransport der Daten. Mit der Einführung von 5G wird die Funkstrecke zwischen dem Kunden und dem Netz noch kürzer werden. Einige reden gar davon, dass an jeder Straßenlaterne ein Sendemast zu finden sein wird. Das Festnetz als Rückgrat des Mobilfunks kommt also hier bis vor die Haustür.

Noch ist zumindest das 5G-Netz Zukunftsmusik. Doch schon heute ist hochperformantes LTE in den Mobilfunknetzen ohne ein dahinterstehendes Festnetz nicht denkbar.

Datenvolumen bei Festnetzanschlüssen steigt auch

Doch zurück zum klassischen Anschluss zu Hause. Er wird für die meisten Kunden zumindest so lange, wie es kaum bezahlbare ungedrosselte Mobilfunk-Angebote gibt, nicht zu ersetzen sein, wenn Dienste wie Cloud-Computing und Streaming genutzt werden. Wer hingegen das Internet nur als Informationsquelle nutzt ohne Videos anzuschauen und möglicherweise auch viel unterwegs ist, der könnte sich möglicherweise über kurz oder lang vom Festnetz verabschieden, etwas höhere Mobilfunkkosten in Kauf nehmen und seine Kommunikation komplett verlagern.

Knackpunkt bei der Substituierung des Festnetzes durch Mobilfunkanschlüsse bleibt aber der Datenhunger der Nutzer: Im Jahr 2016 nahm der Traffic im Festnetz gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf 13,8 Milliarden Gigabyte zu. Pro Anschluss und Monat waren das rechnerisch 37,2 GB.

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