Editorial: Sensor, unsichtbar
Das Vivo X20 mit Fingerabdrucksensor im Display wurde kürzlich auf der CES vorgestellt
Bild: Vivo
Im Bestreben, Smartphones immer handlicher und praktischer zu machen,
sind in jüngster Zeit auch (fast) unsichtbare Fingerabdrucksensoren
entwickelt worden, die ins Display integriert werden können. So wird kein
"physischer" Home-Button mehr benötigt. Fingerabdruck-Sensor im Display
und virtuelle Tasten, ggfls. kombiniert mit Force Touch zur Ermittlung
der Stärke des Fingerdrucks, reichen künftig, um ein Gerät sicher
zu entsperren, wenn der richtige Nutzer seinen Finger auflegt. So kann
das Display entsprechend vergrößert werden, ohne dass die Nutzer
gewohnte Funktionen verlieren.
Dabei ist die Technologie, mit der unsichtbare Fingerabdrucksensoren gebaut werden können, nicht nur für Displays geeignet, sondern auch für andere Gegenstände und Geräte. Der Display-Spezialist JDI nennt als Beispiel die Türklinke, in deren Oberfläche völlig unsichtbar der Sensor versteckt ist.
Das Vivo X20 mit Fingerabdrucksensor im Display wurde kürzlich auf der CES vorgestellt
Bild: Vivo
Jetzt, wo die unsichtbare Fingerabdruck-Scanner-Technologie einmal
da ist, wird sie aber wahrscheinlich auch für Zwecke benutzt werden,
die weniger der Sicherheit der Anwender und mehr der Überwachung dienen.
Denkbar sind zum Beispiel versteckte
Fingerabdruck-Sensoren in den Bedienknöpfen der Aufzüge eines
Shopping-Centers, um Besucher zu tracken. Zwar gibt es auch die
Gesichtserkennung, die auch ohne
Berührungen eines Gegenstands oder Knopfs durch die überwachten
Personen auskommt, aber sie ist (noch) nicht sonderlich zuverlässig.
Etwa jede tausendste Person wird falsch erkannt. Bei öffentlichen
Orten, die täglich von zehn- oder gar hunderttausend Menschen
besucht werden, ist die Gesichtserkennung daher noch weitgehend
unbrauchbar. Fingerabdrucksensoren haben deutlich niedrigere
Falschtreffer-Raten.
Zu hoffen bleibt zwar, dass die Scanner-Hersteller um ihren guten Ruf bemüht sind, und daher Kleinstückzahlen wie für den verdeckten Einbau in die Aufzüge ablehnen, um das Geschäft mit den hundert-millionenfach in Smartphones verbauten Fingerabdrucksensoren nicht zu gefährden. Aber die Hoffnung darauf ist gering. Im Zweifelsfall wird das "böse" Geschäft mit den Überwachungs-Sensoren über formaljuristisch unabhängige Firmen abgewickelt, und die so erzielten Gewinne dann über graue Kanäle in Bar oder Bitcoin ausbezahlt. Die Welt ist also wieder ein kleines Stück bequemer geworden, aber im Gegenzug wird auch die Überwachung wieder ein kleines Stück zunehmen.